Buschbrände beeinflussen Tennisturnier: Wie die verrauchte Luft die Australian Open beeinträchtigt
In Melbourne wird ein Tennis-Showmatch der Deutschen Laura Siegemund abgebrochen, eine andere Spielerin gibt wegen der schlechten Luft auf.
Nach zwei Stunden in verrauchter Luft konnten Laura Siegemund und Maria Scharapowa nicht mehr. Die Schwäbin und die einstige Weltranglisten-Erste aus Russland beendeten ihr Showmatch beim Einladungsturnier in Melbournes Stadtteil Kooyong deshalb vorzeitig. „Beide Spielerinnen haben den Rauch gespürt, deswegen beenden wir das Match an diesem Punkt“, sagte der Schiedsrichter beim Stand von 7:6, 5:5 aus Siegemunds Sicht. „Ich habe gemerkt, dass ein bisschen Husten hochkam am Ende des zweiten Satzes. Ich dachte, ich bin krank“, sagte Scharapowa am Dienstag.
Verrauchte Luft in Melbourne hat auch den Auftakt der Qualifikation für die Australian Open. Wegen der schlechten Luftqualität durch die Buschfeuer in der Nähe der südostaustralischen Metropole begann der erste Tennis-Tag im Melbourne Park zunächst mit einer Verspätung von anderthalb Stunden, später gab die Slowenin Dalila Jakupovic in der ersten Runde der Australian-Open-Qualifikation nach einem Hustenanfall auf. Die 28-Jährige klagte danach, es sei „nicht fair“, dass die Spielerinnen und Spieler unter solchen Bedingungen antreten müssten. „Das ist nicht gesund für uns. Ich war überrascht, ich dachte, wir würden heute nicht spielen, aber wir haben kaum eine Wahl“, sagte Jakupovic.
Dalila Jakupovic hatte Angst, sie kollabiere
Zum Zeitpunkt ihrer Aufgabe hatte es im Match gegen die Schweizerin Stefanie Vögele 6:4, 5:6 gestanden. Vor einem Satzball für Vögele kniete Jakupovic zunächst nieder und wurde dann von einer Betreuerin vom Platz geführt, im Nacken hatte sie ein Handtuch mit Eisbeuteln. „Es war wirklich schlimm. So etwas habe ich noch nie erlebt, ich hatte wirklich Angst, dass ich kollabiere“, sagte Jakupovic. „Darum bin ich runter. Weil ich nicht mehr laufen konnte. Am Boden war es etwas einfacher, Luft zu bekommen. Ich habe kein Asthma und habe nie Atemprobleme.“
Auch die frühere Wimbledonfinalistin Eugenie Bouchard klagte nach ihrem Erstrundensieg über leichte Atemprobleme und Schwindel. Die Kanadierin nahm sich mehrere Behandlungspausen, hielt aber durch. Die Organisatoren hatten den Beginn der Qualifikationsmatches zuvor wegen der verrauchten Luft von 10 Uhr Ortszeit auf 11.30 Uhr verschoben. „Ich hatte das Gefühl, dass sich die Bedingungen während des Matches verschlechtert haben“, sagte Bouchard. Die Spiele des Hauptfeldes sollen am kommenden Montag beginnen - doch statt des Sports sind eben vor allem die Buschbrände in Australien das Thema für die Tennisprofis.
Auch Serena Williams sagte nach ihrem Turniergewinn in Auckland: „Ich spiele seit über 20 Jahren in Australien und deshalb ist es für mich besonders schlimm zu sehen, was dort durch die vielen Feuer passiert ist.“ Menschen hätten ihr Zuhause verloren und deshalb wolle sie helfen, betonte die 38 Jahre alte US-Amerikanerin. „Ich habe am Anfang des Turniers entschieden, dass ich die in den Matches getragene Tenniskleidung versteigere und außerdem werde ich mein gesamtes Preisgeld spenden.“
Immerhin fast 40.000 Euro kommen so auf das Konto der Hilfsaktion zugunsten der Opfer der verheerenden Buschbrände in Australien. Und Serena Williams ist längst nicht die einzige Spielerin, die die Bedürftigen finanziell unterstützt. Inzwischen haben Tennisprofis aus aller Welt schon 900.000 Euro gespendet, mehr Geld wird in den kommenden Tagen hinzukommen.
Angelique Kerber bestreitet ein Benefizspiel in Adelaide
„Die Situation macht uns traurig. Wir versuchen, so gut es geht den Menschen hier in Australien zu helfen“, sagte Angelique Kerber. Die Deutsche bestritt am Sonntag in Adelaide ein Benefizspiel mit der Rumänin Simona Halep und den kolumbianschen Wimbledon-Doppelsiegern Robert Farah und Juan Sebastian Cabal.
Am Mittwoch gibt es in der Rod-Laver-Arena in Melbourne, wo am 20. Januar die erste Runde des Turniers beginnt, eine weitere große Unterstützungsaktion. Serena Williams wird dort auch wieder mit dabei sein, genau wie Roger Federer, Rafael Nadal oder Nick Kyrgios.
Der australische Profi ist in Canberra geboren. Beim ATP-Cup, der zuletzt an verschiedenen Standorten in seiner Heimat ausgetragen wurde und der am Sonntag mit einem 2:1-Sieg der Serben im Finale gegen Spanien in Sydney endete, hatte Kyrgios mit seinen Emotionen zu kämpfen.
Der 24-Jährige berichtete, dass seine Mutter immer noch in der Landeshauptstadt ausharre. Dort, wo die Rauchentwicklung durch die Feuer zuletzt so extrem war, dass ein in Canberra angesetztes Challenger-Turnier verlegt werden musste.
Angesichts solcher Maßnahmen wuchsen in den vergangenen Tagen die Zweifel, ob die Australian Open überhaupt wie geplant stattfinden könnten. Das erste Grand-Slam-Turnier des Jahres ist eine der größten Sportveranstaltungen des Landes. Fast 800.000 Fans besuchten das Turnier im vergangenen Jahr.
Novak Djokovic äußerte als Präsident der Männer-Spielergewerkschaft ATP Bedenken: „Wenn es so weiter geht mit den Feuern und die Luftqualität in Melbourne dadurch beeinträchtigt wird, müssen sich die Organisatoren möglicherweise über entsprechende Regelanpassungen Gedanken machen.“ So brachte der Serbe sogar eine Verschiebung ins Gespräch.
So weit wird es allerdings kaum kommen. Die Veranstalter sind für viele Fälle gewappnet. Die Anlage im Melbourne Park verfügt über acht Hallenplätze und drei überdachte Courts. Dass letztere tatsächlich genutzt werden müssen, davon gehen die Organisatoren aber nicht aus.
In einem Statement via Twitter wurde das als „unwahrscheinlicher Fall“ eingestuft, auf den man vorbereitet sei. „Die Gesundheit der Spieler, Fans und der Mitarbeiter vor Ort steht an erster Stelle und wir werden unsere Entscheidungen vor diesem Hintergrund treffen“, erklärte Turnierdirektor Craig Tiley vor ein paar Tagen.
Trotzdem wollte der Ministerpräsident des Bundesstaates Victoria, David Andrews, nicht von einer Entspannung sprechen: „Überall im Land sind Feuer. Wir werden sie weiterhin aufflammen sehen, sie werden weiter zunehmen“, sagte er Ende der vergangenen Woche.
Australier wollen auf ihr Tennisturnier nicht verzichten
Das Leid und die Wut der Menschen im Land sind groß, dort nun eine große Sportveranstaltung auszutragen, erscheint angesichts der dramatischen Bilder für Beobachter aus anderen Ländern mitunter befremdlich. Die Australier allerdings lieben ihr Tennisturnier, nicht umsonst erklären die Profis immer wieder, wie gern sie auf dem fünften Kontinent unterwegs sind.
Nirgendwo anders auf der Welt ist die Atmosphäre beim Tennis derart entspannt, die Stimmung so ausgelassen und gleichzeitig fachkundig. Vom „Happy Slam“ ist oft die Rede, wenn es um die Australian Open geht.
Vielleicht wird die Atmosphäre in diesem Jahr nicht ganz so gelöst sein, womöglich wird bei besonderen Wetterbedingungen auch ein bisschen Sorge mitschwingen, ob wirklich alles gut geht. Dass die Australian Open 2020 nicht wie geplant stattfinden können, davon ist allerdings nicht auszugehen.
Doch in Zukunft könnte diese Gefahr wachsen, der Klimawandel lässt sich nur schwer aufhalten. Noch heißere, noch trockene Sommer und dadurch bedingte Brände könnten die Folge sein. Ein großes Tennisturnier im Land könnte dann womöglich zur Nebensache werden. (mit dpa)