Präsentation des Hygienekonzepts: Wie das deutsche Eishockey zur Normalität zurückkehren will
Abstandsregeln, Kontaktsperren – und sogar Spielabbrüche, falls die Fäuste fliegen. Die Spielzeit 2020/21 wird eine besondere im deutschen Eishockey.
Wenn zwei sich streiten, fliegen beim Eishockey schon mal die Fäuste. Und die Handschuhe oft noch hinterher, wenn es richtig heftig wird. Verbeißen sich die Beteiligten dabei regelrecht ineinander, ist die Stimmung in einer Eishalle oft am Überkochen. Es können die heimlichen Höhepunkte in einem Spiel sein, gerade für Gelegenheitszuschauer, die von der langen Saison in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) ansonsten nicht so viel mitbekommen.
In der Spielzeit 2020/21 wird allerdings vieles anders als bisher im deutschen Eishockey. Wenn denn überhaupt gespielt werden kann. Anfang November soll die Saison losgehen, mit Zuschauern versteht sich. Denn kaum eine andere Sportart lebt so sehr wie Eishockey von den Emotionen der Fans. Und die Klubs wiederum leben von ihren Anhängern, die Ticketeinnahmen machen rund die Hälfte des Budgets aus.
Das Konzept gilt nicht nur für die DEL
Geisterspiele wie im Fußball oder zuletzt im Basketball schließen sich damit praktisch aus, deshalb hat der Deutsche Eishockey-Bund (DEB) am Donnerstag ein 81-seitiges Hygiene- und Zuschauerkonzept vorgestellt, das eine Task Force in den vergangenen zweieinhalb Monaten entwickelt hat. „Wir hoffen, dass wir mit diesem fundierten Konzept dazu beitragen können, dass das Eishockey langsam in die Normalität zurückkehrt“, erklärte DEB-Sportdirektor Stefan Schaidnagel.
Orientieren daran sollen sich nicht nur die Profiklubs, sondern es versteht sich ebenso als Leitfaden für den Breiten- und Nachwuchssport. An der Erstellung des Konzepts waren neben dem DEB und der DEL auch Mediziner und Ausrüster beteiligt. Es liegt bereits seit Anfang Juli den zuständigen Stellen in der Politik vor, eine Antwort steht aber noch aus: „Stand heute haben wir das Feedback noch nicht. Wir werden das in den kommenden Tagen und Wochen mit den Entscheidungsträgern besprechen“, sagte Schaidnagel der Deutschen Presse-Agentur.
Immerhin lässt sich bereits erahnen, wie der Vollkontaktsport Eishockey in Zeiten von Corona funktionieren kann. Außerhalb der Eisfläche gelten überall Abstandsregeln, öffentliche Trainings sind nicht mehr vorgesehen, und im Falle eines positiven Tests gelten die üblichen Kontaktsperren. So wie zuletzt bei einem namentlich nicht bekannten Profi der Kölner Haie, der sich mit dem Virus infiziert hat. Regelmäßige Tests der Spieler wie in der Fußball-Bundesliga sind bei den DEL-Klubs allerdings etwas schwieriger umzusetzen. So ist zum Beispiel noch nicht geklärt, wer die Kosten dafür trägt.
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Was Eishockey anderen Sportarten voraus hat, ist die Ausrüstung. Die Spieler stecken in einer Ganzkörpermontur inklusive Helm mit Visier und Handschuhen. Die Ansteckungsgefahr untereinander ist bei der Ausübung des Sports damit an sich geringer als zum Beispiel beim Handball oder Basketball. Zumindest so lange wie die Spieler mit ihrem Schläger und nicht mit den Fäusten arbeiten. Fliegen dabei künftig die Handschuhe, bedeutet das nicht nur das sofortige Spielende, sondern es könnte zusätzliche Disziplinarmaßnahmen geben.
All das löst allerdings noch nicht das Zuschauerproblem. Klar ist, dass die Ansteckungsgefahr in geschlossenen Räumen höher ist als unter freiem Himmel. Wobei Hallen mit ihren Belüftungsmöglichkeiten wiederum anders zu betrachten sind. All das spielt für die Risikobewertung eine Rolle, entsprechende Testmessungen hat es zuletzt bereits gegeben.
Die Fans selbst auf Abstand zu halten, ist allerdings eine Herausforderung, auch wenn sie selten mit dem Gesicht zueinander sitzen oder stehen. Dazu müssen An- und Abreise koordiniert werden. All das müssen die Vereine nun individuell regeln und ihre Vorstellungen den lokalen Gesundheitsämtern zur Prüfung vorlegen. Die Hoffnung speist sich dabei vor allem aus dem Infektionsverlauf in Deutschland. Neuerkrankungen gibt es überwiegend nur noch an Hotspots. Das deutsche Eishockey hofft, mit seinem Konzept dafür Sorge zu tragen, dass Eishallen gar nicht erst dazu werden können.