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Warmlaufen zum Absaufen? Den Rams werden nach ihrem Umzug von St. Louis nach Los Angeles kaum Chancen auf eine gute Saison eingeräumt. Doch schnelle Erfolge sind wichtig, um gegen die lokale Konkurrenz in der Sportmetropole zu bestehen.
© imago/ZUMA Press

Saisonstart in der NFL: Widderaufbau in Los Angeles

Die NFL kehrt nach 21 Jahren in die zweitgrößte US-Stadt zurück – die Rams werden es dort schwer haben.

Wer derzeit durch Los Angeles fährt, wird kaum an Jared Goff vorbeisehen können. Von überdimensionierten Werbeplakaten grüßt der junge Mann mit seinen blonden Haaren, den glatten Wangen und dem makellosen Lächeln.

Jared Goff, 21 Jahre alt, 1,93 Meter groß, Typ Traumschwiegersohn, soll das neue Gesicht des neuesten Teams der National Football League (NFL) werden. Die umsatzstärkste Sportliga der Welt (13 Milliarden US-Dollar im Jahr 2015) startet in der Nacht von Donnerstag auf Freitag mit der Wiederauflage des Superbowls zwischen Meister Denver Broncos und Finalgegner Carolina Panthers (2.30 Uhr, live bei Sat.1) in die neue Saison. Im Frühjahr war das Football-Team der Rams nach 21 Jahren in St. Louis wieder nach Los Angeles zurückgekehrt, wo die Widder schon von 1946 bis 1994 spielten.

Im amerikanischen Profisport sind Umzüge dieser Art keine Seltenheit, da es sich nicht um Klubs nach europäischem Muster handelt sondern um sogenannte Franchises, die finanzkräftigen Eigentümern gehören. Will ein Eigentümer eine Stadt verlassen, kann er einfach so den Standortwechseln, sofern die anderen Eigentümer mehrheitlich zustimmen. Im Fall von Los Angeles war dieser Wechsel überfällig.

Gleich drei Teambesitzer hatten sich für einen Neuanfang in der Westküstenmetropole beworben (neben den Rams waren das die Oakland Raiders und die San Diego Chargers). Dass die an Einwohnern gemessen zweitgrößte Stadt der USA über zwei Jahrzehnte kein Profiteam in der beliebtesten Sportart der Amerikaner stellte, weckte bei vielen Entscheidern Illusionen. Schließlich handelt sich um einen der potenziell einnahmestärksten Märkte Nordamerikas. Jedenfalls in der Theorie.

L.A. ist kein einfacher Standort für den Profi-Football

In der Praxis ist Los Angeles kein einfacher Standort für Profi-Football. Gleich zwei renommierte Hochschulen mit ihren Football-Mannschaften sind in der Stadt ansässig; die University of California Los Angeles (UCLA) und die University of Southern California (USC) locken jedes Wochenende von September bis Dezember um die 90 000 Besucher in ihre Stadien. Im Stadion der USC, dem Memorial Coliseum, werden die Rams ihre Heimspiele austragen, ehe die eigene Arena, ein 2,6 Milliarden US-Dollar teurer Prunkbau, voraussichtlich 2019 fertig ist.

Weitere Konkurrenz gibt es durch die erfolgreichen Teams im Eishockey und Basketball. Wer in Los Angeles etwas auf sich hält, versuchte bisher einen Platz bei den Spielen des 16-maligen Basketballmeisters Lakers zu ergattern, wo Showgrößen wie Jack Nicholson zu den Stammbesuchern zählen. Erfolge von NFL-Teams waren in der Vergangenheit dagegen selten. Nur einmal seit Beginn der Super-Bowl- Ära 1967 konnte eine Mannschaft aus Los Angeles den Titel gewinnen. 1984 triumphierten die Raiders, die kurz zuvor aus Oakland in die Stadt gekommen waren

Um akzeptiert zu werden, müssen schnelle Erfolge her

Die Verantwortlichen der Rams wissen, dass ihr Team in der neuen, alten Umgebung nur angenommen wird, wenn sich schnell Erfolge einstellen. Genau darin liegt das Problem. Denn dass die Rams ein erfolgreiches erstes Jahr in Los Angeles spielen, wird immer unwahrscheinlicher. Im April hatten sie sich in einem Tauschgeschäft mit den Tennessee Titans das Recht gesichert, beim Draft, der jährlichen Wahl der besten Nachwuchsspieler, als Erste zugreifen zu können. Man entschied sich für Goff, auch, weil ein neuer Quarterback automatisch das Interesse der Zuschauer weckt. Erst Recht, wenn es sich dabei um das vermeintlich größte Talent des Jahrgangs handelt.

Nur sieht es so aus, als hätten die Rams bei Goff danebengelegen. Als Stammspieler eingeplant, rutschte der Hoffnungsträger während der Vorbereitung in der internen Rangliste ab. Zum Saisonstart bei den San Francisco 49ers wird Case Keenum als Quarterback beginnen, ein 28-Jähriger, der in den vergangenen drei Jahren gerade einmal acht Spiele bestritten hat. Goff steht nicht einmal im Kader. „Jared wird eines Tages unser Starter sein, aber nicht, bevor er dafür bereit ist. Er bekommt von uns alle Zeit, die er braucht, um sich an das Tempo in der NFL zu gewöhnen“, sagt Trainer Jeff Fisher. Die Frage ist nur, ob das Publikum in Los Angeles so lange warten kann.

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