Wie Eastside doch noch eine weitere Topspielerin bekam: Wende in China
Die Gespräche mit der Weltranglisten-16. Bernadette Szöcs schienen gescheitert zu sein. Doch dann geht bei den China Open alles ganz schnell.
Die China Open Ende Mai, am letzten Tag der Wechselfrist. Zwei Stunden bevor diese abläuft. Ein Vertreter der Ausrüsterfirma von Bernadette Szöcs, der derzeit besten Tischtennisspielerin Europas, tritt an Andreas Hain heran. Ob es möglich sei, Szöcs für die kommende Saison beim Deutschen Meister TTC Eastside unterzubringen. Dort ist Hain Manager. „Wir haben eine Stunde verhandelt.“ Dann ist Schnelligkeit angesagt. Der in China ausgehandelte Deal muss schriftlich dem Deutschen Tischtennis-Bund übermittelt werden. Es klappt alles, sogar 20 Minuten vor Ultimo.
Eine Weltklassespielerin kann man mitunter also sehr schnell unter Vertrag nehmen. Doch ganz so fix und unkompliziert war es nicht. Schon bei der WM 2018 gab es die ersten Gespräche. Eastside hatte gute Karten, weil Szöcs' Freund ebenfalls Tischtennis spielt, in Berlin bei Hertha BSC. Aber die 24 Jahre alte Rumänin erhielt ein finanziell erstklassiges Angebot aus Japan.
Die Sache schien sich erledigt zu haben, Eastside plante die neue Saison ohne Szöcs. Schon länger war klar, dass die Meistermannschaft zusammenbleibt. Dazu kommt Fu Yu, eine Chinesin mit portugiesischer Staatsangehörigkeit und Archana Kamath, ein Talent aus Indien. Dieser Kader war bereits sehr hochkarätig. Dann kam das Turnier in China. Szöcs’ Japan-Pläne hatten sich zerschlagen, Versprechungen und Realität passten nicht zusammen. Mittlerweile hatten aber alle Top-Mannschaften ihre Kader zusammen. Der stärksten Spielerin des Kontinents, die bisher in Lille aktiv war, drohte eine Saison ohne Verein. Eastside, das den Wechsel erst diese Woche bekanntgab, bekam also doch noch die Spielerin, die der Klub schon lange wollte. „Die besten Transfers machst du ganz früh. Oder ganz spät“, sagt Hain. Beide Seiten profitieren: Szöcs kann spielen, Eastside verpflichtet sie vergleichsweise günstig.
Dass sie aufgrund des späten Wechselzeitpunkts nur in der Champions League zum Einsatz kommen wird, nimmt der Verein in Kauf. Der Kader ist auch in der Breite stark. Was diesmal besonders wichtig ist. Es geht bei internationalen Turnieren um die Qualifikation für Olympia 2020 in Tokio. Daher wird Eastside nach Absprache bei bestimmten Partien auf Spielerinnen verzichten. Allerdings gibt es in der Bundesliga keine Play-offs mehr. Auch gegen schwächere Teams müssen hohe Siege her, weil am Ende das Spielverhältnis entscheiden kann.
Vertrag läuft zunächst ein Jahr
Szöcs’ Vertrag läuft zunächst ein Jahr, in Berlin hoffen sie auf ein längeres Engagement und später Einsätze in der Bundesliga. „Sie hat immer eine positive kämpferische Einstellung und kann gegen alle Systeme spielen. Sie ist einfach richtig gut“, sagt Hain. Szöcs war schon als 16-Jährige unter den Top 100 in der Weltrangliste. Später gewann sie mit Rumänien zweimal Silber bei der Team-EM und einmal Gold. 2018 triumphierte sie beim Europe Top 16 und stand in diesem Jahre im Finale. Momentan belegt sie in der Weltrangliste Platz 16. In der Bundesliga ist Eastside nach einjähriger Abstinenz bereits wieder ganz oben, die Verpflichtung von Szöcs ist ein klarer Fingerzeig an die internationale Konkurrenz in Sachen Champions League. In den Jahren 2012, 2014, 2016 und 2017 triumphierten die Berlinerinnen in diesem Wettbewerb. „Wir wollen jedes Jahr alle drei Titel holen, das ist unser Anspruch“, sagt Hain. Zuletzt gelang das 2017. Für die neue Saison hat der europäische Verband ETTU kürzlich die Setzliste bekanntgegeben. An Position eins steht Eastside. Die Zahlen sprechen für sich: Fünf Spielerinnen sind unter den ersten 50 in der Welt platziert. Linz, an zwei gesetzt, kommt auf zwei. Und Eastside hat noch Spitzenspielerin Shan Xiaona, die sich nach ihrer Schwangerschaft in der Weltrangliste wieder nach vorn kämpft.
Komfortable und schwere Situation
Eine komfortable Situation für Trainerin Irina Palina – und gleichzeitig eine schwierige. Während in der Bundesliga vier Spielerinnen zum Einsatz kommen, sind in es in der Champions League nur drei. „Da immer die richtige Wahl zu treffen, wird nicht leicht“, sagt Hain. Das sind Probleme, die andere Klubs sicher gern hätten. Der Manager geht daher höchst optimistisch in die Saison: „Das ist der beste Kader, den wir je hatten. Wir sind in allen Wettbewerben Favor