Kolumne „Losgelaufen“: Warum Gewohnheiten beim Laufen eine Typfrage sind
Unsere Kolumnistin absolviert ihr Lauftraining lieber allein als in einer Gruppe – aus mehreren Gründen. Allerdings gibt es auch Momente der Wehmut.
Obwohl ich ein geselliger Mensch bin, laufe ich lieber allein. Na ja, nicht ganz – ab und an ist der Hund dabei. Der ist aber nicht wirklich ein Laufpartner, sondern macht, wenn wir im Hundeauslaufgebiet unterwegs sind, vorrangig sein eigenes Ding. Und wenn wir im Park oder in der Stadt laufen, trottet er brav und geräuschlos an der Laufleine neben mir her, sodass ich manchmal fast vergesse, dass er bei mir ist.
Ich habe schon oft überlegt, mich einer Gruppe anzuschließen oder mir eine Laufpartnerin zu suchen, und verwerfe die Gedanken mit derselben Regelmäßigkeit, mit der sie auftreten. Dabei weiß ich aus den Zeiten, als ich noch mit meinem Mann gelaufen bin, dass es Spaß machen kann, zu zweit seine Runden zu drehen.
Gemeinsam Laufen nur im Wettkampf
Dass man trotz der Nähe für sich ist, ja auch nicht reden muss, wenn man nicht will, und den anderen auch ziehen lassen kann, wenn er schneller ist. Oder ihn zurücklassen kann, wenn er langsamer ist. All das habe ich als angenehm abgespeichert, und trotzdem verneine ich heute konsequent die freundlichen Angebote zum gemeinsamem Lauftraining.
Es ist, wie so vieles in diesem Leben, wahrscheinlich eine Typfrage. Ich arbeite auch lieber allein als mit anderen zusammen. Und gerade beim Laufen ziehe ich einen Benefit daraus, ganz mit mir zu sein. Auf meine Atmung zu hören, zu spüren, wann mich etwas anstrengt, zu merken, was mir leichtfällt und wo meine gedachten Grenzen sind. Manchmal entsteht ein regelrechter innerer Dialog, der das Gefühl, allein oder einsam zu sein, gar nicht aufkommen lässt.
Dazu kommt, dass ich stets auch ein Augenmerk auf meine Umgebung habe. Besonders, wenn ich im Grunewald im Hundeauslaufgebiet unterwegs bin. Wahrzunehmen, wie die Natur sich im Verlauf der Jahreszeiten verändert. Wie Wege, die im Sommer aufgrund der Blattdichte ganz schmal sind, im Winter plötzlich viel breiter erscheinen. Oder der Boden sich je nach Jahreszeit und Niederschlag verändert. All das nehme ich auf und es bereitet mir einfach Freude, das zu sehen. Da bleibt gar keine Zeit für Gespräche.
Wehmut, wenn man Laufgruppe begegnet
Und trotzdem verstehe ich alle, die lieber in einer Gruppe laufen. Im letzten Jahr ist mir sogar die Checkpoint Laufgruppe des Tagesspiegels begegnet. Als die fröhliche Runde auf mich zukam, gab es einen kleinen Moment der Wehmut. Das ging sogar so weit, dass ich mich zumindest schon mal der virtuellen Gruppe in den sozialen Medien angeschlossen habe. Dabei blieb es dann aber.
Somit beschränken sich die Läufe, bei denen andere Menschen dicht neben, hinter oder vor mir laufen, auf Wettkämpfe. Das sind dann aber auch die Läufe, bei denen ich es wirklich genieße, nicht allein zu sein. Da ist es ein Geschenk, jemanden zu haben, der mich zieht, weil vielleicht auf seinem Shirt hinten auf dem Rücken „Heul nicht, lauf!“ steht. Oder einfach zu wissen, dass alle für sich allein kämpfen und doch als große Gruppe gewinnen.
„Wie das Laufen einem Universum gleicht“ und „Warum mir egal ist, in welchen Schuhen ich laufe“ – die vergangenen beiden Kolumnen von Jeanette Hagen, die freie Autorin in Berlin, Sportlehrerin und Läuferin ist.
Jeannette Hagen
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