zum Hauptinhalt
Grellbuntes Statussymbol: Allerdings gilt das in Sachen Laufschuhe nicht für unsere Kolumnistin.
© dpa

Kolumne „Losgelaufen“: Warum mir egal ist, in welchen Schuhen ich laufe

Wer läuft, braucht Laufschuhe. Das kann zur Wissenschaft werden. Unsere Kolumnistin sieht das allerdings ganz entspannt.

Jeannette Hagen ist freie Autorin in Berlin, Sportlehrerin und Läuferin. Hier schreibt sie im Wechsel mit Radsporttrainer Michael Wiedersich.

Neulich wurde ich gefragt: „In welchen Schuhen läufst Du?“ Da ich sie nicht anhatte, musste ich passen. Ich wusste es nicht. Bequem sind sie, das konnte ich sagen. Auch, dass ich mit ihnen den Berlin-Marathon gelaufen bin, ohne eine einzige Blase zu bekommen oder einen Zehennagel einzubüßen. Aber die Marke?

Laufen ist erst Freude, dann Leistung

Man kann das ignorant nennen, vielleicht schlagen Sie sogar die Hände über dem Kopf zusammen und nennen mich eine Dilettantin. Denn kann man wirklich ernsthaft einen Sport betreiben, ohne darauf zu achten, dass das Equipment neu und an den aktuellen, wissenschaftlichen Standards ausgerichtet ist? Ja, das geht. Mir fällt es sogar leicht, weil ich sowieso eher Konsumverweigerin bin.

Mit mir einkaufen zu gehen, macht keinen Spaß, weil ich im Supermarkt vor den Regalen stehe, vor meinem inneren Auge Müllberge in Indonesien sehe und denke: „Wer um alles in der Welt braucht das alles?“ Außerdem steht bei mir beim Laufen nicht der Leistungsgedanke, sondern die Freude im Vordergrund. Da ist die Ausrüstung eher zweit- oder sogar drittrangig.

Aber die Ergonomik, die Lauftechnik, der Untergrund – gibt es nicht berechtigte Gründe, einen Laufschuh zu kaufen, der optimale Voraussetzungen schafft, um sich auf seinen Füßen rundum wohl zu fühlen? Und den dann auch alle Jahre auszutauschen, weil es wieder ein Detail gibt, das den Schuh laut Werbung noch besser macht? Steigert das nicht auch die Freude?

Torsions-Technik, verstärkte Fersen – einst beim Laufen angesagt, heute vergessen

Mir fällt in diesem Zusammenhang die Torsions-Technik ein. Können Sie sich noch an den Hype erinnern? Gut 30 Jahre ist das inzwischen her. Die Idee war, statt einer Fixierung, wie sie normalerweise in festen Schuhen erfolgt, Beweglichkeit – in dem Fall Verdrehung – zwischen Vor- und Rückfuß zu gestatten. Eigentlich klingt das nach einer tollen Idee, denn durch eine gewisse Instabilität ist der Fuß angeregt, dagegenzuhalten, also selbst zu stabilisieren und wird gekräftigt. So weit die Theorie.

Nur hat man die Auswirkungen, die solch ein Schuh auf die Knie hat, zu wenig berücksichtigt. Dazu kam – und das kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen – dass bei Menschen, die ohnehin schon eine starke Verdrehung, entweder nach innen (Pronation) oder nach außen (Supination) hatten, diese noch verstärkt wurde. Mein Torsions-Schuh, den ich damals voller Euphorie erworben hatte, zeigte nach kurzer Zeit eine ganz deutliche Neigung nach innen.

Zeigt her eure Füße: Laufschuhe sind eine bunte Angelegenheit.
Zeigt her eure Füße: Laufschuhe sind eine bunte Angelegenheit.
© Fabrizio Bensch/REUTERS

Auch die verstärkten Fersen, die eine Zeitlang als das Nonplusultra galten, waren grundsätzlich auch wieder eine gute Idee. Bis man herausfand, dass der Druck, den Sprung-, Knie- und Hüftgelenke dabei auszuhalten hatten, deutlich stärker als bei Barfußläufern war. Und dass durch den großen Abstand, den die Ferse plötzlich zum Boden hatte, bei vielen Läufern und Läuferinnen Achillessehnenprobleme auftraten.

Wie macht man es also richtig? Indem man, so wie ich, stur alle Entwicklungen ignoriert und einfach einen Schuh kauft, der sich gut am Fuß anfühlt, ganz unabhängig von Konzept oder Marke? Oder indem man sich nach einer Laufanalyse einen Schuh individuell anfertigen lässt? Oder auf das vertraut, was Sportschuhhersteller sagen? Ich weiß es nicht. Ich kann Ihnen da auch nichts raten, weil die Sache mit den Schuhen am Ende eine ganz individuelle ist.

Ich habe übrigens nachgeschaut, ich trage Asics. Schon in die Jahre gekommen. Schon zu weit nach innen ausgebeult. Es wird also auch bei mir Zeit für neue Schuhe und damit auch für die Frage: Welche sind gut für mich?

Jeannette Hagen

Zur Startseite