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Und plötzlich ein Star. Seit Paul Drux (rechts) bei der Handball-WM im Januar groß aufspielte, wird er auf der Straße erkannt.
© Andreas Gora/dpa

Final Four im Handball: Warum die Füchse Berlin so sehr auf Paul Drux setzen

Beim Final Four um den Handball-Pokal sind die Füchse Berlin vor allem auf ihren zuverlässigen Rückraumspieler Paul Drux angewiesen.

Neulich war Paul Drux mit seiner Freundin in Warnemünde unterwegs. Ein bisschen entspannen, spazieren gehen und die Seele soweit baumeln lassen, wie es der Spielplan mitten in der Saison zulässt. Und als der junge Handball-Nationalspieler so am Strand entlangschlenderte, passierte ihm etwas, das ihm sonst eher selten passiert, schon gar nicht in einer vergleichsweise anonymen Millionenstadt wie seiner Wahlheimat Berlin. „Leute haben mich angesprochen und gefragt, ob wir ein Foto zusammen machen können“, erzählt Drux. „Das fand ich schon ziemlich cool.“

Spätestens seit der Handball-Weltmeisterschaft im Januar kennt eine breitere Öffentlichkeit das Gesicht des 24-Jährigen. Drux war neben Fabian Wiede und Kapitän Uwe Gensheimer einer von drei Nationalspielern im TV-Werbespot für einen großen Lebensmittel-Discounter, er besuchte Fernsehsendungen, gab Interviews und hatte auch darüber hinaus zahlreiche öffentliche Auftritte. „Das war ein absoluter Ausnahmemonat“, sagt Drux, „ein Höhepunkt meiner Laufbahn, keine Frage.“ Seiner noch jungen, aber eben doch sehr ereignisreichen Laufbahn.

Wenn die Füchse Berlin an diesem Samstag in Hamburg gegen den THW Kiel um den Einzug in das DHB-Pokalfinale spielen (18.30 Uhr/live bei Sky Sport News), schließt sich gewissermaßen ein Kreis für Paul Drux, der – man vergisst das schnell – nun auch schon im sechsten Jahr dabei ist. Man muss dann zwangsläufig an seine allerersten Geh- und Wurfversuche im Profitrikot zurückdenken: Als die Berliner 2014 mit dem nationalen Pokal den ersten Titel ihrer Vereinsgeschichte holten, war Drux noch A-Junior und Ergänzungsspieler mit großer Perspektive; mitspielen durfte er nur, weil einige gestandene Profis verletzt ausfielen.

Vor der neuerlichen Teilnahme der Berliner am Final Four – der dritten nach 2014 und 2015 – ist nicht nur Drux’ Popularität gestiegen, sondern auch die Erwartungshaltung an seine Person: Wenn die Füchse eine Chance gegen Kiel haben wollen, brauchen der Rückraumspieler und seine Teamkollegen einen herausragenden Tag. „Andererseits waren wir 2014 auch Außenseiter und haben das Turnier damals völlig überraschend gewonnen“, sagt Drux. Aus dem Kader von einst sind allerdings nur noch vier Spieler übrig geblieben: neben Drux und Wiede Silvio Heinevetter und der Schwede Mattias Zachrisson. Auf allen anderen Positionen hat Geschäftsführer Bob Hanning in Kooperation mit seinem jeweiligen Profitrainer ordentlich rotieren lassen. Nur Drux und Wiede, die Vorzeigekinder der Füchse-Nachwuchsakademie, sind unverkäuflich. Das betont Hanning bei jeder Gelegenheit.

Nebenbei studiert Drux Wirtschaftsinformatik

Aber sind sie das wirklich? Gab es nach der WM tatsächlich keine Angebote anderer Klubs? Oder zumindest Interesse? Und wäre es nicht vielleicht auch spannend, mal ein paar Jahre im Ausland zu verbringen? „Im Moment ist das gar kein Thema für mich“, sagt Drux, „wirklich nicht.“ Nach seinem Wechsel aus Gummersbach in die Füchse-Jugend ist er längst heimisch in Berlin geworden, hat Freunde gefunden, sportliche Spuren hinterlassen und ja: auch schon zwei Wohnungen als Wertanlage für die Zeit nach der Karriere gekauft. „Außerdem will ich zuerst mein Studium abschließen, bevor ich über die nächsten Schritte nachdenke“, sagt Drux. Seit drei Jahren ist er im Fach Wirtschaftsinformatik immatrikuliert. Wie sich das mit einer Karriere als Profi-Handballer verträgt? Drux lächelt. „Ich bin nicht der Schnellste, aber ich mache Fortschritte.“

Prägend. Dagur Sigurdsson war für Paul Drux ein besonderer Trainer.
Prägend. Dagur Sigurdsson war für Paul Drux ein besonderer Trainer.
© Marko Djurica/Reuters

Auch sportlich weiß er, was er an seinem Verein, was er an den Füchsen Berlin hat. Dass er ohne seinen Förderer Dagur Sigurdsson vermutlich nicht das wäre, was er heute ist: ein Führungsspieler, auf dessen Schultern große Verantwortung lastet. „Dagur war ein prägender Trainer für mich. Er hat uns ganz früh Vertrauen geschenkt und uns ins kalte Wasser geworfen“, erzählt Drux. „Wir durften sicherlich den einen oder anderen Fehler mehr machen als andere, erfahrene Spieler“, ergänzt er. „Aber er hat uns auch immer wieder geerdet und aufgepasst, dass wir nicht durchdrehen, wenn wir mal eine richtig gute Phase hatten.“ Nebenbei hatte Drux in jungen Jahren das große Glück, bei den Füchsen von außergewöhnlichen Spielern wie der spanischen Handball-Legende Iker Romero lernen zu können. „Iker ist der Spieler, von dem ich am meisten mitgenommen habe“, sagt Drux.

Handballer von Romeros Format sucht man im aktuellen Füchse-Kader allerdings vergeblich. Trotz der wackeligen und von Verletzungen wie überraschenden Niederlagen geprägten Saison glaubt Drux jedoch, dass die Füchse perspektivisch gut aufgestellt sind, dass sie eines nicht so fernen Tages vielleicht wirklich mal um die Deutsche Meisterschaft mitspielen können. Neben weichen Faktoren wie dem Freundeskreis und der Stadt Berlin an sich „ist mir natürlich auch wichtig, dass wir eine starke, konkurrenzfähige Mannschaft haben, mit der wir Titel gewinnen können“, sagt Drux, „und dafür hat der Verein in den vergangenen Jahren wirklich alles getan.“

In der kommenden Saison könnte die erste Rückraumachse der Berliner zum Beispiel aus Paul Drux, Fabian Wiede und Simon Ernst bestehen, der gerade einen Kreuzbandriss auskuriert – also aus drei Mittzwanzigern, die sich aus den Junioren-Nationalteams kennen und in dieser Konstellation auch in der A-Nationalmannschaft zusammenspielen könnten. „Die anderen Vereine schlafen zwar auch nicht. Kiel zum Beispiel hat mit der Verpflichtung von Sander Sagosen ein Zeichen gesetzt, dass es für die Konkurrenz wieder schwerer wird“, sagt Drux mit Blick auf die Verpflichtung des norwegischen Handball-Stars, der von 2020 an in der Bundesliga spielen wird. „Aber ich bin optimistisch, dass wir in den nächsten Jahren noch den ein oder anderen Titel holen können“, sagt Drux. Vielleicht wird er dann auch häufiger in Berlin auf der Straße erkannt – und nicht nur in Warnemünde.

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