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Das erste Spiel der diesjährigen WM trägt Deutschland gegen die USA aus.
© picture alliance / dpa

Eishockey-WM startet am Abend in Köln: Warum die deutsche Mannschaft diesmal bessere Chancen hat

Die Heim-WM 2010 hätte das deutsche Eishockey voranbringen können, doch die Chance wurde verspielt. Diesmal sind die Voraussetzungen besser.

Ein Schuss gegen das Schienenbein vom Kollegen und dann flog der Puck ins Tor. 78.000 Zuschauer in der Arena auf Schalke jubelten und jubelten und machten Krach. Doch plötzlich war es wieder gespenstisch still. Videobeweis. Constantin Braun von den Eisbären Berlin hatte seinen Mitspieler Felix Schütz angeschossen, kurz nach Beginn der Verlängerung. Ein regulärer Treffer oder nicht? Minuten später das Urteil der Schiedsrichter: Tor! 2:1 für Deutschland im WM-Auftaktspiel gegen den hohen Favoriten USA.

Jener 7. Mai 2010 hätte die Initialzündung eines neuen Kapitels für das deutsche Eishockey werden können. Mit quasi null Erwartungen war Bundestrainer Uwe Krupp in das Heimturnier gestartet. Bei der Weltmeisterschaft 2009 in der Schweiz war er mit seinem Team an sich abgestiegen als Vorletzter. Deutschland durfte 2010 nur wegen des Status als Gastgeber mitspielen. Und dann so ein gigantischer Auftritt in Gelsenkirchen: Die Zuschauerzahl bedeutete Weltrekord im Eishockey, noch nie zuvor hatten so viele Menschen ein Eishockeyspiel im Stadion gesehen – und besser hätte sich der Gastgeber kaum präsentieren können. Krupp sagte nach dem Sieg gegen die USA: „Ich bin unheimlich stolz auf die Jungs und wir haben jetzt im Turnier noch sehr viel vor.“

Außenseiterposition nach Chaos-WM 2009

Tatsächlich war die Außenseiterposition für Krupps Team eine dankbare, nach der Chaos-WM 2009 waren die Erwartungen enorm niedrig. Die Deutschen qualifizierten sich nach dem Sieg gegen die USA mühelos für die Zwischenrunde, erreichten das Viertelfinale und schlugen dort im Spiel von Mannheim schließlich die Schweizer 1:0. Es hätte danach noch mehr sein können. Ein paar Tage später hatte Krupp mit seiner Mannschaft im Halbfinale die Russen am Rande einer Niederlage. Erst Sekunden vor Schluss gelang dem haushohen Favoriten nach einem Konter das 2:1 durch Pawel Dazjuk. Das deutsche Team beendete das Turnier schließlich nach einem 1:3 gegen Schweden als Vierter.

Das war ein riesiger Erfolg, mindestens so hoch zu bewerten wie der Gewinn der olympischen Bronzemedaille von 1976 in Innsbruck. Einer der Nationalspieler von damals, Franz Reindl, sagt heute: „Für mich war der Erfolg von 2010 noch höher einzuschätzen.“ Der heutige DEB-Präsident erlebte mit Krupp noch die WM 2011, bei der die Deutschen nach starken Leistungen ins Viertelfinale kamen. Dann war für Krupp Schluss beim Deutschen Eishockey-Bund (DEB), und der Verband verschluderte das Erbe der zwei guten WM-Teilnahmen im Eiltempo.

Damals überforderte Bundestrainer

Mit den überforderten Bundestrainern Jakob Kölliker und Pat Cortina verschwand die deutsche Eishockeynationalmannschaft schnell wieder aus dem Bewusstsein einer breiteren Öffentlichkeit. Unter Cortina wurde gar erstmals in der Geschichte die Qualifikation für Olympische Spiele verspielt, das Turnier von Sotschi 2014 fand ohne DEB-Team statt. Franz Reindl sagte damals: „Wenn du bei Olympia nicht dabei bist, bist da als Sportart an sich tot.“

Cortina fand es weniger schlimm, nach dem letzten Olympia-Qualifikationsspiel gegen Österreich (Deutschland hätte drei Punkte gebraucht, siegte aber erst nach Verlängerung) sagte der Bundestrainer: „Willkommen im Profisport, Deutschland.“ Man könne eben auch mal Olympia verpassen. In der deutschen Sportförderung kannte sich Cortina anscheinend weniger gut aus. Der Verband litt sehr unter der verpassten Olympiateilnahme, inzwischen ist der Unterbau des deutschen Eishockeys unter Reindl umstrukturiert worden, und in etwa zehn Jahren soll sich das dann auch in besseren Ergebnissen der Auswahlmannschaften niederschlagen.

Zuschauerrekord wird nicht gelingen

Marco Sturm übernahm im Sommer 2015 den Posten des Bundestrainers, nach drei Jahren war der Cortina-Spuk vorbei. Der wohl beste deutsche Angreifer, der jemals in Nordamerika spielte, verpasste die WM 2010, seinerzeit war er noch in der National Hockey-League beschäftigt. Die Startbedingungen sind für Sturm diesmal ein wenig anders als 2010. Von seiner Mannschaft wird bei der Heim-WM mehr erwartet als damals von Krupps Team, dazu ist die Mannschaft auch sehr gut aufgestellt.

Eines kann den Deutschen aber nicht gelingen: Ein Zuschauerweltrekord. Den ließen sich die US-Amerikaner nach der Niederlage von Gelsenkirchen nicht lange gefallen: Schon im September 2010 waren bei einem Spiel in Michigan 104.000 Menschen, gut drei Jahre später sahen dann 105.491 Besucher das NHL- Spiel Detroit Red Wings gegen Toronto Maple Leafs – diesmal gewann übrigens das Team aus den USA.

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