Die Lügen der DFB-Funktionäre: Warum der Sommermärchen-Prozess wohl zur Posse wird
Am Montag beginnt der Prozess um die Vergabe der Fußball-WM 2006. Viel ist nicht zu erwarten – die Angeklagten wollen die Wahrheit verhindern. Ein Kommentar.
Die Bilder sind so präsent, als wäre es gestern gewesen. Hunderttausende Menschen, die friedlich Fußball feiern. Eine Nation, die alle für ihre bis dahin noch nicht gesehene Gastfreundschaft bejubeln. Leichtigkeit, Freude, Unbeschwertheit – und das in Deutschland! Blöd nur, dass diese als Sommermärchen bekannt gewordene Weltmeisterschaft aus dem Jahr 2006 offenbar so gar nicht märchenhaft zustande gekommen ist.
Genau darum geht es; als wäre es gestern gewesen. Wenn am Montag der Prozess gegen die früheren Bosse des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) beginnt, könnte Licht ins Dunkel gebracht werden: Dann könnten die früheren Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie Ex-Generalsekretär Horst R. Schmidt erklären, welch schmutziges Spiel sie für dieses vermeintlich saubere Turnier im wahrsten Sinne des Wortes womöglich in Kauf genommen haben. Könnten, wie gesagt.
Denn dass herauskommt, was es mit den ominösen 6,7 Millionen Euro im Zuge der WM-Vergabe auf sich hat, das glaubt offenbar nicht einmal der Nachnachfolger von Niersbach im Amt des DFB-Präsidenten. „Scheinbar sind da Sachen gelaufen, die man nur kriminell nennen kann“, hat Fritz Keller kürzlich gesagt, verbunden mit der „Bitte, endlich mit der Wahrheit auf den Tisch zu kommen, damit wir uns nicht mehr mit so etwas beschäftigen müssen“. Der neue Verbandspräsident will mit den alten Angelegenheiten nichts mehr zu tun haben.
Angeklagte wollen offenbar eine Verjährung erreichen
Wahrscheinlicher ist jedoch, dass der Prozess genauso zur Posse verkommt wie alle bisherigen Aufklärungsversuche. Darauf deutet schon das Vorspiel hin. Vor einem Jahr war das Verfahren von Franz Beckenbauer abgetrennt worden, weil sich der Organisationschef des Turniers in einem schlechten Gesundheitszustand befindet. Vor Kurzem versuchten die drei anderen deutschen Angeklagten, wegen des sich ausbreitenden Coronavirus eine Vertagung zu erreichen – vergebens. Und nun wollen sie wegen der gleichen Begründung und mit Hilfe ärztlicher Atteste fernbleiben vom Gericht.
Denkt jemand etwa Böses dabei? Zu nahe liegt der Verdacht, dass die hohen Herren es auf eine Verjährung anlegen, schließlich muss spätestens am 27. April ein erstinstanzliches Urteil vorliegen.
So bestätigen die ehemaligen Funktionäre mit ihrem Verhalten etwas, das die Fans dem DFB jetzt mit ihren Protesten in der Liga vorwerfen, die am vergangenen Wochenende wieder in fast allen Stadien des Landes zu beobachten waren: dass der Verband intransparent, scheinheilig und verlogen ist. Und dass sich daran wohl schwerlich etwas ändern wird. Die schönen Bilder sind längst von gestern.