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Fahed ist schon mal da. Das WM-Maskottchen wacht vor der Multifunktionshalle in Lusail im Norden Dohas, der größten Spielstätte, in der auch die Deutschen spielen.
© dpa

Weltmeisterschaft in Katar: Vorfreude auf die Handball-WM? Keine Spur

Heute beginnt in Katar die Handball-Weltmeisterschaft. Von großer Vorfreude ist im Emirat noch nichts zu spüren.

In der Theorie führen alle Wege zur Handball-Weltmeisterschaft, zumindest auf dem Flughafen in Doha. Wer den milliardenschweren Neubau mit seinen schier endlosen Laufbändern irgendwann passiert hat, landet unvermeidlich an einem Info-Stand in der großen Halle, den das lokale Organisationskomitee hier im Ein- und Ausgangsbereich platziert hat. Hinter ihren Monitoren tippen fünf Mitarbeiter hektisch auf den Tastaturen herum und koordinieren die Ankömmlinge, die zur WM wollen. Nationalität? Hotel? Shuttle-Service?, fragen sie.

Gegenfrage: Ob sie viel zu tun hatten in den letzten Tagen? Der junge Mann mit dem Logo des Handball-Weltverbands am Hemdkragen zuckt mit den Schultern. Ein paar Reporter habe er bereits registriert, sagt er. Auf dem Flughafen genießen die Berichterstatter aus nicht ganz uneigennützigen Gründen Privilegien, die normale Bürger nicht genießen und die zahlreichen Gastarbeiter erst recht nicht: Beim Check-out dürfen sie einen Bogen um die lange Schlange machen und einen gesonderten Ausgang nehmen. Die normalerweise übliche Gebühr für ein vierwöchiges Visum in Höhe von 100 Katar-Riyal, umgerechnet etwa 25 Euro, müssen sie auch nicht entrichten. Darauf weist der Computer bei der Kontrolle des Reisepasses gleich mit hin. Abschließend muss man sich nur noch das Gesicht scannen lassen zum Abgleich mit dem biometrischen Passfoto, und der Einreise steht nichts mehr im Weg.

Von den teilnehmenden Teams habe sich allerdings noch niemand gezeigt. Die meisten würden ohnehin erst kurz vor dem Turnierstart anreisen, berichtet der Mitarbeiter des Organisationskomitees. So hält es übrigens auch die deutsche Mannschaft: Das Team von Bundestrainer Dagur Sigurdsson fliegt erst am Donnerstag von Frankfurt am Main nach Doha und bestreitet dann am Freitagabend sein erstes Match gegen Polen (17 Uhr/Sky). Unter sportlichen Aspekten werden den Deutschen allerdings bestenfalls Außenseiterchancen eingeräumt. Die großen Favoriten auf den Turniersieg sind Titelverteidiger Spanien, der amtierende Europameister Frankreich sowie die traditionell starken Mannschaften aus Dänemark und Kroatien. Schweden, die große Handball-Macht der neunziger Jahre, hat sich ebenfalls wieder ein konkurrenzfähiges Team aufgebaut und zählt zum erweiterten Favoritenkreis.

Und Fans? „Viele habe ich noch nicht gesehen“, sagt der Mann aus dem OK-Team, „aber die werden schon noch kommen.“ An diesem Donnerstag beginnt das Turnier mit dem Eröffnungsspiel zwischen Gastgeber Katar und Brasilien (18.30 Uhr/Sky). Spätestens zum Turnierstart des deutschen Teams am Freitag dürfte sich dann auch die Zahl der erfahrungsgemäß reiselustigen deutschen Anhänger erhöhen. Die deutsche Mannschaft bestreitet alle Gruppenspiele in der Multifunktionshalle in Lusail im Norden von Doha, der mit einer Kapazität von 15 300 Zuschauern größten Halle des Turniers. Die zentraler gelegenen Arenen in den Stadtteilen Al Sadd und Duhail bieten Platz für 7700 beziehungsweise 5500 Besucher. Geschätzte 270 Millionen Dollar sind in die drei Spielstätten der Handball-WM investiert worden.

Handball-WM? In Katar? Schon mal gehört, sagt Mustafa, 28, und schielt auf den Info-Stand im Eingangsbereich des Flughafens mit den konkreten Turnier-Terminen. „Geht das nicht diese Woche los?“, fragt der Taxifahrer und lacht. Mustafa macht kein Geheimnis daraus, dass er gerade ein Geschäft gewittert hat, deshalb sagt er jetzt so ziemlich alles, was der Gast hören möchte: dass er großer Sport-Fan sei, dass die WM ein tolles Turnier werde, und dass er sich schon auf die nächsten sportlichen Großveranstaltungen freue: Leichtathletik-WM 2019, Fußball-WM 2022.

Dann biegt Mustafa auf die Schnellstraße in Richtung Norden ein und tritt aufs Gaspedal. 30 Minuten entlang an hell ausgeleuchteten Straßen ins Stadtzentrum von Doha. Auf dem Weg dorthin fliegen hunderte nicht viel schlechter ausgeleuchteter Werbeschilder an ihm vorbei. Autos. Airlines. Kaltgetränke. Für die Handball-Weltmeisterschaft wirbt: kein einziges.

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