Friedrichshafens Trainer vor dem Spitzenspiel bei den BR Volleys: Vital Heynen: „Ich bin ein Belgier mit einer großen Klappe“
Friedrichshafens Trainer Vital Heynen über die Aussichten seines Teams im Spiel bei den BR Volleys und die deutsche Mentalität
Herr Heynen, am Sonntag (14.30 Uhr, Max-Schmeling-Halle) kommt es zum Spitzenspiel bei den BR Volleys. Was trauen Sie als neuer Trainer des VfB Friedrichshafen Ihrer Mannschaft zu?
Ich habe keine Ahnung. Ich muss erst einmal überlegen. Wir hatten ja gerade erst ein Spiel gegen Bühl. Ach, wir haben viel zu viel Spiele. Aber wenn ich mir die Tabelle ansehe, dann kann ich nur sagen: Die Zahlen sprechen für die BR Volleys.
Ist also der Spielplan im Volleyball überfrachtet?
Ja, das ist er, und das hängt im Wesentlichen mit den vielen Spielen auf der Nationalmannschaftsebene zusammen. Wenn man dann erst Mitte Oktober mit der Saison anfängt, dann hat man ein Problem.
Hat auch der deutsche Volleyball ein Problem? Die Bundesliga ist nicht besonders ausgeglichen, deswegen will die Liga mittels eines Masterplans die Professionalisierung vorantreiben. Vielen Klubs geht das zu schnell, weil sie sich die neuen Bestimmungen wie Modernisierung der Hallen et cetera nicht leisten können.
Ich finde, etwas gar nicht zu machen ist viel schlimmer, als etwas zu schnell zu machen. Die Liga in Deutschland wird jedes Jahr besser. Inzwischen wollen Spieler sogar zum Beispiel nach Bühl wechseln. Das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen. Ich glaube manchmal, ihr Deutschen seid etwas konservativ. Ihr braucht Druck, um vorwärtszukommen.
Mit Ihnen als Trainer ist die deutsche Nationalmannschaft vorwärtsgekommen. Warum haben Sie aufgehört?
Es gibt im Leben manchmal einen Moment, eine Sekunde, die alles verändert. Von 2012 bis 2014 lief in der deutschen Nationalmannschaft alles in eine Richtung, wie ich es mir gewünscht hatte. Im Sommer 2015 aber war dieser Moment da, als es meiner Meinung nach nicht mehr in die richtige Richtung lief. Mehr möchte ich dazu nicht sagen.
Läuft es bei Ihrem neuen Verein, dem VfB Friedrichshafen, in die richtige Richtung? Die Richtung hatte über viele Jahre ihr Vorgänger Stelian Moculescu vorgegeben.
Und dass er viele Jahre lang hier war, merkt man auch noch. Ich habe großen Respekt vor seiner Arbeit. Sportlich läuft es bisher in die richtige Richtung, wir haben bisher nur ein Spiel verloren. Aber natürlich stößt man als neuer Trainer immer auf etwas Widerstand in einem Verein. Wissen Sie, ich bin ein Belgier mit einer großen Klappe und die Deutschen sind von der Kultur her ein bisschen zurückhaltender.
Und die Süddeutschen?
(lacht) Die sind noch schlimmer. Aber im Ernst: Es ist tatsächlich so, dass es für mich manchmal schwierig ist, im Verein meine Ideen umzusetzen. Ich denke, der VfB Friedrichshafen und ich befinden uns noch im Prozess des Kennenlernens.
Dafür funktioniert es schon ziemlich gut, Friedrichshafen belegt zurzeit den zweiten Tabellenplatz. Was unterscheidet derzeit Ihre Mannschaft vom Spitzenreiter BR Volleys?
Das Spiel der Volleys basiert auf Kraft, auf hervorragenden Einzelspielern. Bei den Volleys fallen mir auf Anhieb vier Spieler ein, die alleine ein Spiel entscheiden können. Wir haben diese Spieler nicht. Wir müssen mit einem Konzept, mit einem System unsere Spiele gewinnen.
Im Gegensatz zu den Volleys befinden sich in Ihrer Mannschaft viele junge deutsche Spieler. Ist das den finanziellen Möglichkeiten geschuldet oder auch Ihre Philosophie?
Das ist meine Philosophie. Ich habe immer gesagt: Wenn ich einmal eine Klubmannschaft in Deutschland trainiere, dann fördere ich auch deutsche Spieler. Ich finde, deutsche Spieler werden unterbewertet. Sie sind besser, als man denkt.
Welche Spieler haben Sie im Sinn?
Viele Spieler, aber ein sehr gutes Beispiel ist Sebastian Kühner von den BR Volleys. Er ist ein toller Volleyballer und ich bin froh, dass er jetzt bei den BR Volleys mehr spielt. Ich finde aber, dass das zu lange gedauert hat.
Die BR Volleys und den VfB Friedrichshafen, speziell Volleys-Manager Kaweh Niroomand und VfB-Trainer Moculescu, verband immer eine Art Hassliebe. Wie ist Ihr Verhältnis zu den Volleys?
Es ist sehr gut, weil ich mit vielen Spielern der Volleys bereits zusammengearbeitet habe. Mit Kühner, Felix Fischer, Ruben Schott oder Robert Kromm in der Nationalmannschaft. Das sind alles super Typen. Steven Marshall habe ich nach Polen geholt, dann habe ich geholfen, dass er nach Lüneburg wechselt. Aber natürlich ist auch klar, dass ich das Spiel am Sonntag gewinnen will.