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Hertha-Fans und Polizisten. Randale, wie sie nicht ins Fußballstadion gehören.
© osnapix

Randale im Fanblock von Hertha BSC: Verhältnismäßigkeit gilt für beide Seiten

Dass die Lage im Spitzenspiel zwischen Dortmund und Hertha eskalierte, lag an Polizei und Fans. Eine Seite aber macht es sich zu einfach. Ein Kommentar.

Betrachten wir zunächst das Corpus Delicti, man muss es sich wirklich nochmal vor Augen führen. Nach dem Bundesliga-Spitzenspiel zwischen Borussia Dortmund und Hertha BSC (Endstand: 2:2) ging es am Samstagabend vor allem: um Randale. Auslöser war eine Fahne, geschätzte Maße: 15 x 3 Meter. Aufschrift: „15 Jahre Hauptstadtmafia“ – der Name einer Berliner Ultragruppierung. Als die Polizei das Banner nach einer Viertelstunde aus dem Gästeblock entfernen wollte, weil Vermummte darunter im Schutz der Anonymität ununterbrochen Pyrotechnik zündeten, eskalierte die Lage. Das Spiel geriet zur Nebensache.

Erwachsene Menschen, zumindest formal und auf dem Papier, haben sich also um ein Stück bemalten Stoff gestritten, als hinge Wohl und Wehe ihres weiteren Lebens davon ab. Zugegeben: Sogenannte Zaunfahnen wie das der „Hauptstadtmafia“ sind das wichtigste Erkennungszeichen jedes Ultra-Fanclubs, eine Art Heiligtum. Das weiß auch die Polizei – und deshalb darf man natürlich diskutieren, ob ihr Einsatz am Samstag, wie es immer heißt, „verhältnismäßig“ war. Genau das stellten Dortmunder und Berliner Fans noch am selben Abend in einer gemeinsamen Erklärung in Frage – mit dem Ziel, die Deutungshoheit über die Vorkommnisse zurückgewinnen. Man könnte auch sagen: um den schwarzen Peter den Beamten zuzuschieben, die „sinnlos den Gästeblock betraten“ und eine „Gewalteskalation herbeiführten“, wie es in dem Schreiben heißt.

Bei den Live-Bildern im TV war mir nur eine Forderung an die Polizei in den Sinn gekommen: Dran und druff!

schreibt NutzerIn purist

Berliner Ultras ignorierten zahlreiche Stadion-Hinweise

Man kann das durchaus so sehen. Besonders sensibel gingen die Beamten jedenfalls nicht vor, sie setzten Tränengas und Schlagstöcke ein. Für viele Anhänger fühlte sich das ungerecht und willkürlich an, selbst die Dortmunder Südtribüne solidarisierte sich mit den Gästen aus Berlin. Zur ganzen Geschichte gehörte allerdings auch, dass die Ultras von Hertha BSC die zahlreichen Hinweise von Stadionsprecher Norbert Dickel geflissentlich ignorierten, das Abbrennen ihrer Pyrotechnik doch bitte sein zu lassen. Sie machten sich einen Spaß daraus und zündelten im Rausch der Selbstbeweihräucherung einfach weiter. Später war die Empörung umso größer: Wie konnte die Staatsmacht nur? Das ist ungefähr so, als ob man jeden Tag hupend und mit ausgefahrenem Stinkefinger am Polizeipräsidium vorbeifährt – und sich dann darüber wundert, dass man in eine Verkehrskontrolle gerät.

Noch einmal zurück zum Thema Verhältnismäßigkeit: Wenn das Eingreifen der Beamten diesen Begriff nicht verdiente – wie soll man dann die Reaktion aus dem Block einordnen? Einige Vermummte prügelten mit Fahnenstangen auf die Polizisten ein, es waren Bilder, wie man sie in deutschen Fußballstadien glücklicherweise lange nicht gesehen hat. Andere zerlegten Toiletten und attackierten die Polizei mit den Keramiktrümmern oder zertretenen Türresten - oder warfen brennende Fackeln. Ist das etwa verhältnismäßig?

Am Ende eines – übrigens ganz großartigen – Fußballspiels gab es insgesamt 60 Verletzte, darunter Polizisten wie Fußballfans, Rädelsführer wie Unschuldige. Vielleicht sollten alle Beteiligten mal in einer ruhigen Minute darüber nachdenken. Fußball ist ja eigentlich ein Spiel, das Spaß machen soll, begeistern, mitreißen und verbinden kann. Am Samstag ist leider genau das Gegenteil passiert.

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