Remis und Randale beim BVB: Hertha BSC stoppt Borussia Dortmund
Die Berliner spielen 2:2 in Dortmund, weil Salomon Kalou in der 90. Minute einen Elfmeter verwandelt. Hässliche Bilder liefert der Gästeblock.
Die Feierlichkeiten waren in vollem Gange, im Grunde musste der Korken nur noch aus der Flasche ploppen. „B-V-B“ hallte es von der Südtribüne - und die Fans im Norden, Osten und Westen antworteten umgehend: „B-V-B“ . Es war ein beeindruckendes, ohrenbetäubendes Ritual, das im einstigen Westfalenstadion regelmäßig zur Aufführung kommt. Im Bundesligaduell gegen Hertha BSC hatte der heimische Anhang die Rechnung am Samstag allerdings ohne die widerspenstigen Gäste aus Berlin gemacht. Was sich aus Dortmunder Sicht bereits anfühlte wie der sichere siebte Pflichtspielsieg in Serie, sollte auf dem Papier am Ende anders aussehen: 2:2 (1:1)-Unentschieden trennte sich der BVB im Spitzenspiel des zehnten Spieltags von Hertha BSC.
Wie es dazu kam, konnten die Protagonisten später zwar selbst nicht wirklich erklären angesichts der massiven Dortmunder Überlegenheit. Unstrittig war lediglich, dass Salomon Kalou in der Nachspielzeit die Nerven bewahrte und mit einem verwandelten Elfmeter den Punktgewinn für die Gäste sicher stellte; zuvor war Davie Selke im Strafraum umgerissen worden.
„Wir haben das Dortmunder Spiel gegen Madrid gesehen und wussten, dass sich am Ende Chancen ergeben würden und dass sie nicht zwei solche Spiele in einer Woche machen können“, sagte Trainer Pal Dardai, der von einem „etwas glücklichen, aber nicht unverdienten Punkt sprach.“ Fabian Lustenberger fasste die Begegnung noch knapper zusammen: „Das hat wirklich Spaß gemacht!“
"Nicht hinnehmbar", kommentiert Hertha
Selbst im Gästeblock herrschte nach dem Schlusspfiff wieder gute Stimmung; während der Partie hatten die mitgereisten Berliner Anhänger ihre Unterstützung eingestellt. Hintergrund war eine Szene, die sich in der Anfangsphase abgespielt hatte: Nachdem Pyros gezündet worden waren, stürmte die Polizei den Gästeblock und entfernte das Banner einer Ultragruppierung (Aufschrift: „15 Jahre Hauptstadtmafia“). Daraufhin prügelten Vermummte mit Fahnenstangen auf die Beamten ein - es waren hässliche Bilder, die ein kurzweiliges, ereignisreiches und spannendes Fußballspiel überschatteten. Später am Abend verschickte Hertha noch eine Stellungnahme. Der Verein könne die Vorkommnisse nur missbilligen, hieß es darin. Gerade das gewalttätige Vorgehen gegen die Polizei sei „nicht hinnehmbar.“
Die von Lucien Favre trainierten Dortmunder begannen zunächst so stürmisch und entschlossen, wie man es in dieser Saison von ihnen gewohnt ist. Bis zum erstmaligen Zustand der Komplettbelagerung vergingen keine drei Minuten, vor lauter Verstopfung rannten sich die Offensivkräfte des BVB zum Teil selbst über den Haufen. Karim Rekik bewahrte seine Farben mit einer eingesprungenen Grätsche vor einem frühen Rückstand. Andernfalls wäre Jadon Sanchos Versuch im Berliner Tor eingeschlagen. „Am Anfang haben sie uns gekillt“, sagte Salomon Kalou. Hertha hatte Glück, dass einem Treffer von Sancho nach Zuhilfenahme des Videoschiedsrichters die Gültigkeit aberkannt wurde; der Angreifer hatte haarscharf im Abseits gestanden. „Keine Ahnung, ob man das so pfeifen muss“, sagte Dortmunds Trainer Lucien Favre. Zehn Minuten später durfte der Schweizer erstmalig an diesem Nachmittag jubeln: Sancho, wer sonst, traf nach einem Bilderbuchkonter und auf Vorlage von Mario Götze zum hochverdienten 1:0.
Kalou schafft seine ersten Saisontore
Hertha fand dagegen, abgesehen von einem Kopfball durch Niklas Stark und einen Distanzschuss Ondrej Dudas, in der Offensive kaum statt. Kurz vor der Pause schlugen die Berliner dann aber eiskalt zu: Maximilian Mittelstädt stürmte auf dem linken Flügel allen davon und bediente mit einem wunderbaren Pass den mitgelaufenen Salomon Kalou. Der Ivorer, bis dahin noch ohne Treffer in dieser Saison, ließ sich die Chance nicht entgehen und traf zum schmeichelhaften 1:1-Ausgleich.
Nach der Pause hatten die Gäste innerhalb kürzester Zeit mehr Chancen als im gesamten ersten Durchgang. Zunächst setzte Salomon Kalou eine Hereingabe über das Tor, wenig später scheiterte der auch gerade eingewechselte Vladimir Darida aus aussichtsreicher Position. Auf der Gegenseite traf erneut Jadon Sancho; nach einem Dribbling von Marco Reus sprang der Ball dem jungen Engländer direkt vor die Füße; ihn zum 2:1 über die Linie zu drücken, dürfte eine der einfachsten Übungen seiner Karriere gewesen sein. „Wir haben trotzdem nie aufgegeben und bis zum Schluss geackert“, sagte Lustenberger.
In der Nachspielzeit kassierte der BVB die Quittung für seine schlampige Chancenverwertung. Dan-Axel Zagadou brachte Davie Selke im Strafraum mit unlauteren Mitteln zu Fall; den fälligen Elfmeter verwandelte Salomon Kalou unter dem Pfeifkonzert von etwa 75000 BVB-Fans mit erstaunlicher Gelassenheit zum 2:2-Endstand.