Auslaufen mit Lüdecke: Über das Kommen und Gehen in der Bundesliga
Der Hamburger SV ist erstmals aus der Bundesliga abgestiegen. Alles halb so wild, findet unser Kolumnist. Schließlich ist das schon ganz anderen Klubs passiert.
Seit Sonnabendnachmittag ist überall zu lesen: Ein Gründungsmitglied der Bundesliga musste das Oberhaus des deutschen Fußballs verlassen! Ja, das ist natürlich traurig. Sehr traurig. Aber dieses Schicksal erlitten viele Mannschaften der ersten Stunde. Preußen Münster etwa, gleich zum Auftakt. Der MSV Duisburg, Eintracht Braunschweig, Kaiserslautern, Karlsruhe, 1860 München und Saarbrücken. Alle abgestiegen. Manche sind inzwischen Drittligisten, andere spielen in der Regionalliga. Die Mannschaft, die bei der ersten Bundesligasaison Meister wurde, durfte am Sonnabend auch mal wieder absteigen, der 1. FC Köln. Also, was soll’s?
Dafür kommt mit Nürnberg ein Gründungsmitglied gerade wieder zurück. Das ist alles ein Kommen und Gehen. Und auch mein Verein, das Gründungsmitglied aus der Hauptstadt, ist, ich weiß nicht wie oft, abgestiegen. Und immer waren es andere Gründe. Mal hatten wir geschummelt und mussten runter. Mal waren wir sportlich zu schlecht. Ein anderes Mal rezitierte der Trainer, ein fast hundertjähriger Halbgrieche, Gerüchten zufolge vor dem entscheidenden Relegationsspiel Goethe-Gedichte in der Kabine.
Die Bayern werden nie Gründungsmitglied der Bundesliga sein
Na und? Wir sind trotzdem immer zurückgekommen! Und haben diesmal im letzten Heimspiel der Saison vor 60 000 Zuschauern mit einer fulminanten 2:6-Niederlage noch einmal eindrucksvoll bewiesen, dass wir längst zum etablierten Durchschnitt der Liga gehören. Deswegen noch ein anderer kleiner Trost an alle Fans des Hamburger SV und insbesondere meine Sportfreunde aus Eppendorf. Was soll denn Bayern München sagen?
Die wurden zwar wieder einmal Deutscher Meister, waren aber in ihrer gesamten Vereinsgeschichte niemals Gründungsmitglied der Bundesliga! Ist doch peinlich, so was! Das sind Flecken auf der Weste, die gehen nie wieder raus. Was ist schon ein Abstieg dagegen? Wäre der HSV ein Automobil, würde ich sagen, der muss sowieso dringend zur Inspektion. Die Wartung ist überfällig, sehr viele Verschleißteile und einige Schrauben müssen schleunigst festgezogen werden. Danach, da bin ich mir sicher, geht es schnell wieder zurück auf den Highway, die Bundesstraße 1. Und denkt nicht soviel darüber nach, ob noch mehr Trainer hätten entlassen werden sollen oder der Vorletzte früher.
Deswegen möchte ich die pseudointellektuellen Betrachtungen dieser Spielzeit mit meinem Lieblingszitat der diesjährigen Bundesliga-Saison beenden. Es stammt vom Sportphilosophen Lothar Matthäus aus einer TV Analyse am ersten Spieltag und lautet: „Wäre, wäre, Fahrradkette.“
Der Kabarettist Frank Lüdecke schreibt an dieser Stelle montags über die Fußball-Bundesliga. Am 19. Mai ist er mit seinem aktuellen Programm „Über die Verhältnisse“ bei den Wühlmäusen zu sehen.
Frank Lüdecke