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Die Gejagten. Die Golden State Warriors wollen die dritte Meisterschaft in Folge feiern.
© AFP

Big Four - Die US-Sport-Kolumne: Trends, Play-offs und die Deutschen in der NBA

Die reguläre Saison ist vorbei, die Play-offs stehen vor der Tür. Ein Rück- und Ausblick auf die NBA-Saison und ihre entscheidende Phase

82 Spiele muss jedes NBA-Team mindestens pro Saison absolvieren. In der Nacht auf Donnerstag ging die reguläre Saison zu Ende. Nun stehen die Play-offs an. Was wichtig war und was wichtig wird.

Was waren die spielerischen Trends der Saison?

Punkte, Punkte, Punkte. Die Spiele der abgelaufenen Regular Season der NBA glichen oftmals einem anarchischen Offensiv-Feuerwerk. Immer wieder knackten die Teams die Grenze von 140 erzielten Punkten pro Partie. Oftmals brauchte es dafür nicht einmal Verlängerungen, die regulären 48 Minuten reichten dafür aus. Alle 30 NBA-Teams erzielten im Schnitt mehr als 100 Punkte. Vor fünf Jahren, am Ende der Saison 2013/2014, waren es noch 13 Teams, die weniger als 100 Zähler pro Spiel produzierten. Die Memphis Grizzlies belegen nach dieser Saison mit 103,5 Punkten pro Spiel den letzten Platz in dieser Kategorie - 2014 wären sie mit diesem Wert noch das elftbeste Team der Liga gewesen.

Der Scoring-Boom basiert dabei vor allem auf einer Entwicklung, die in den letzten Jahren ins Rollen kam und nicht mehr zu stoppen ist: Der Dreipunktewurf ist wichtiger, beliebter und mehr genutzt denn je. Das Paradebeispiel dafür sind die Houston Rockets. Die warfen in dieser Saison öfter von der Dreierlinie (45,4 Versuche pro Spiel) als aus dem Zwei-Punkte-Bereich (41,8 Versuche pro Spiel).

Welches Team überraschte? Welches enttäuschte?

Überraschungen gab es mehrere. Da sind zum einen die Brooklyn Nets zu nennen, die ohne große Erwartungen, aber mit einem gut ausbalancierten Kader und einem harmonischen Trainer-Team in die Saison starteten und angeführt von All Star D'Angelo Russell nun sogar den Einzug in die Play-offs feiern dürfen. Auch die Indiana Pacers spielten über ihren Erwartungen. Die müssen seit Ende Januar auf ihren Star-Spieler Victor Oladipo verzichten, machten dieses Defizit seitdem aber mit Team-Basketball und mannschaftlicher Geschlossenheit wett. Der Headcoach der Pacers, Nate McMillan, gilt nicht umsonst als Kandidat für die Auszeichnung zum besten Trainer des Jahres.

Der könnte allerdings auch an Mike Malone von den Denver Nuggets gehen. Die gewannen ligaweit die drittmeisten Spiele und stehen zum ersten Mal seit 2013 wieder in den Play-offs. Das Team aus den Rocky Mountains profitiert dabei von einem enorm tiefen Kader, in dem das Leistungsgefälle überschaubar ist. Der Serbe Nikola Jokic machte in dieser Saison den Schritt zum All Star, seine Mischung aus der Physis eines Centers und den Passqualitäten eines Aufbauspielers ist einzigartig.

Bei der größten Enttäuschung gibt es dagegen keine zwei Meinungen: Das sind die Los Angeles Lakers. Die verpflichteten vor der Saison mit LeBron James den besten Basketballer der Welt und legten auch einen guten Saisonstart hin. Nach den gescheiterten Verhandlungen über einen Spielertausch von New-Orleans-Superstar Anthony Davis brach das Team aber auseinander. Gleich sechs Spieler wollten die Lakers für Davis abgehen. Spätestens da war klar, dass die Hollywood-Truppe in ihrer derzeitigen Zusammenstellung keine Zukunft haben wird. Und so spielte sie dann ab Mitte Februar auch bis zum Ende der Saison, das im Verpassen der Play-offs mündete. Das passierte LeBron James zum ersten Mal seit 2005. Während der letzten acht Jahre stand er sogar stets in den NBA-Finals.

Wie schlugen sich die Deutschen?

Unterm Strich gut. Dirk Nowitzkis Leistungen dürfen dabei am wenigsten ins Gewicht fallen. Der Würzburger hatte mit einigen körperlichen Problemen zu kämpfen. 7,3 Punkte erzielte er somit in seiner letzten NBA-Saison. Das mag nach nicht viel klingen, ist für einen 40-Jährigen aber immer noch mehr als beachtenswert. Dennis Schröder tat der Wechsel nach Oklahoma City richtig gut. Zwar erzielte der Point Guard nicht mehr so viele Punkte wie noch bei den Atlanta Hawks, außerdem stand er zumeist nicht in der Starting Five, aber dafür fügte sich Schröder als effizientes Puzzlestück eines gut funktionierenden großen Ganzen ein. In den Play-offs bekommen es seine Thunder nun mit den Portland Trail Blazers zu tun. Eine machbare Aufgabe. In der zweiten Runde warten die Denver Nuggets oder San Antonio Spurs. Auch diese Mannschaften sind für Oklahoma zu schlagen. Ein tiefer Ritt in die Play-offs ist also möglich.

Eine starke Saison zeigte außerdem Nowitzkis Teammitglied Maximilian Kleber bei den Dallas Mavericks. Der verbesserte sich im Vergleich zu seiner ersten Saison in so gut wie allen Werten und mauserte sich zu einem der wichtigsten Spieler der Mavericks-Defense. Auch den Dreier trifft Kleber immer besser. Sein Vertrag läuft aus - an Angeboten wird es im Sommer nicht mangeln. Daniel Theis zeigte bei den sehr gut besetzten Boston Celtics weiter gute Ansätze. Der Ex-Bamberger bringt Energie von der Bank, verteidigt leidenschaftlich und fordert in einem Team voller Stars nicht viele Würfe. Das macht ihn für Boston so wichtig. Ob Theis aber in den Play-offs, wo die Coaches traditionell auf weniger Spieler setzen, noch viel zum Zug kommen wird, ist fraglich.

Die Rookie-Saison vom Berliner Moritz Wagner war ebenfalls solide. Der Ex-Albatross hatte die schwierige Situation zu meistern, immer mal wieder spielen zu dürfen, nur um dann wieder für einige Partien gar keine Minuten zu bekommen. Es wird spannend sein, ob er auch im nächsten Jahr noch Teil des Plans der Lakers ist. Mit seiner Größe und seinem Wurf bringt er in jedem Fall die Qualitäten mit, die derzeit von den Big Men der NBA verlangt werden. Isaac Bonga, der Frankfurt verließ und auch für Lakers spielt, brachte es auf 22 Kurzeinsätze. Die meiste Zeit spielte er aber in der G-League, der Ausbildungsliga der NBA.

Kann überhaupt irgendwer die Warriors schlagen?

Das ist nur schwer vorstellbar. Natürlich, der amtierende Meister hatte im Laufe der Saison so seine Schwächephasen. Dennoch ist die erste Fünf der Warriors rein personell mit das Beste, was jemals auf einem NBA-Parkett stand. Mit Stephen Curry, Draymond Green und Klay Thompson spielen drei Spieler der ersten Fünf seit 2012 zusammen. Die Veteranen Shaun Livingston und Andre Igoudala feierten ebenfalls bereits drei Meisterschaften mit den Warriors. Hinzu kommt mit Kevin Durant der vielleicht beste Scorer der Welt und mit DeMarcus Cousins ein Big Man von All-Star-Format. Das alles wird dann auch noch mit einem extrem homogenen Coaching-Team garniert.

Auf dem Weg in die Finals dürften die Houston Rockets um James Harden und Chris Paul die größte Hürde für die Warriors werden. Das Aufeinandertreffen könnte es bereits in der zweiten Runde geben. In einem möglichen Finale dürften die Milwaukee Bucks oder Toronto Raptors die besten Chancen gegen Curry und Co. haben. In der Spitze haben diese beiden Teams aber nicht annähernd die Qualität des Meisters. Und, das ist eine alte NBA-Weisheit, in den Play-offs entscheiden vor allem Stars die Serien. Und davon haben die Warriors nun mal fünf. Viermal müsste man dieses Team binnen sieben Spielen schlagen. Das wird mit großer Sicherheit nicht passieren.

Louis Richter

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