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Am Ziel vorbei. LeBron James (r.) und die Los Angeles Lakers werden die Play-Offs mit großer Wahrscheinlichkeit verpassen.
© dpa

BIG FOUR - Die US-Sport-Kolumne: Play-offs ohne LeBron James: Die Zeitenwende in der NBA

Die NBA-Play-offs und LeBron James waren über Jahre unzertrennlich. Doch das könnte sich in seiner ersten Saison bei Los Angeles Lakers nun ändern.

Das Unvorstellbare wird mit großer Wahrscheinlichkeit eintreten. Die Lakers und LeBron James werden die Play-offs der laufenden NBA-Saison verpassen. Das Team aus Los Angeles hat 14 Spiele vor Ende der regulären Saison einen Rückstand von acht Siegen auf den letzten Play-off-Platz ihrer Western Conference. Den belegen zu allem Übel die Los Angeles Clippers, der jahrelang belächelte Lokalrivale. “Unsere Chancen sind sehr gering und die anderen Teams spielen auch alle gut”, sagte James jüngst selbst. 

Zuletzt verpasste LeBron James 2005 die Play-offs. Damals war George W. Bush noch Präsident der USA, Warriors-Superstar Stephen Curry war 17 Jahre jung und das erste iPhone war noch nicht auf dem Markt. Die letzten acht NBA-Finals fanden immer mit Beteilung von LeBron James statt. Jetzt steht die NBA vor einer Zeitenwende. 

Viele Verletzungen als Knackpunkt

Wie konnte es so weit kommen? Der Kader der Lakers war von Beginn an fragwürdig zusammengestellt. Dem bereits bestehenden, jungen Kern um Brandon Ingram, Kyle Kuzma und Lonzo Ball wurden zahlreiche NBA-Veteranen wie Michael Beasley, Rajon Rondo oder Tyson Chandler zur Seite gestellt. Vergessen wurde dabei, dass der Dreipunktewurf in der NBA mittlerweile die vielleicht wichtigste Qualität eines Teams ist. Stand heute sind die Lakers das Team mit der zweitschlechtesten Dreierquote. Daran änderte auch die Verpflichtung des Dreier-Spezialisten Reggie Bullock im Februar nichts.  

Dennoch legte Los Angeles einen achtbaren Saisonstart hin und nistete sich im Winter sogar unter den Top-Vier der eigenen Conference ein. Doch dann verletzte sich LeBron James. Er verpasste 17 Spiele in Serie, von denen elf verloren gingen. Im weiteren Saisonverlauf verletzten sich auch andere Leistungsträger. “Ich habe noch nie eine Saison erlebt, in der sich so viele Schlüsselspieler verletzten. Aber so ist es eben in diesem Jahr”, sagte James kürzlich zu ESPN. 

Zusätzlich dazu schaffte es die Mannschaft nie, selbst den Status der “Übergangstruppe” abzulegen. Dass die Lakers keinen Druck haben, bereits im ersten Jahr mit James Erfolg zu haben, betonten James und auch die Verantwortlichen um Magic Johnson selbst immer wieder. Die Veteranen erhielten allesamt nur Einjahresverträge, für die Zukunft wurde von Anfang an nie mit ihnen geplant. Die jungen Spieler hätten die Lakers liebend gern für Superstar Anthony Davis von den New Orleans Pelicans eingetauscht, sie boten dem Team aus Louisiana mitunter sechs Spieler an. Also fast den halben Kader

Kaum Defense, wenig Einsatz

Mit dem Bewusstsein, dass das Team in dieser Form so gar nicht mehr hätte zusammenspielen sollen, ging vielen Spielern der Lakers das letzte bisschen Hingabe verloren, berichtete ESPN. Sie wären ja weg gewesen, wenn New Orleans dem Angebot zugestimmt hätte. So setzte es peinliche Niederlagen gegen die Cleveland Cavaliers, Memphis Grizzlies, Phoenix Suns. Alle drei Teams gehören zu den derzeit schlechtesten der NBA. “Wir müssen rausgehen, unseren Job machen und 48 Minuten auf einem hohen Level spielen”, sagte James nach der Niederlage gegen Phoenix.  

Die Lakers stellten zeitweise beinahe das Verteidigen ein, nur fünf andere Teams kassieren pro Spiel mehr Punkte als sie. Und LeBron James selbst? Der legt mit seinen 27,3 Punkten, 8,7 Rebounds und acht Assists pro Partie zwar immer noch hervorragende individuelle Werte auf, zeigt sich auf dem Parkett mitunter aber alarmierend lustlos. Nach einem erfolgreichen Korbwurf der Phoenix Suns Anfang März wollte James den Ball zurück ins Spielfeld passen, traf dabei aber die Unterkante des eigenen Korbs. Wenige Tage später musste der junge Kyle Kuzma James in die Richtung seines Gegenspielers schubsen, so lasch wirkte er in der Verteidigung. 

Moritz Wagner profitiert von der Misere

Es hätte schönere Zeiten geben können, in denen James eine seiner größten individuellen Errungenschaften feierte. Im Spiel gegen die Denver Nuggets überholte er dank seiner 31 Punkte sein großes Idol Michael Jordan in der ewigen Punktesammler-Liste der NBA. James steht nun bei 32 377. Das Spiel verlor Los Angeles trotzdem klar und deutlich. 

Mittlerweile haben sich die Lakers auch mit dem Scheitern abgefunden. Der 34-jährige James soll bis Saisonende nicht mehr als 32 Minuten pro Partie absolvieren, so soll das Verletzungsrisiko minimiert werden.  

Immerhin: Der Berliner Moritz Wagner bekommt durch die Resignation der Lakers deutlich mehr Spielzeit. Gegen die Boston Celtics erzielte er in 34 Minuten 22 Punkte. Als LeBron James zuletzt die Play-offs verpasste, war Wagner acht Jahre alt.  

Louis Richter

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