Hertha BSC - Sinan Kurt verletzt sich: Trainer Dardai: "Es sieht nicht gut aus"
Schreck für Hertha BSC im Trainingslager in Mallorca: Sinan Kurt verletzt sich am Knöchel. Gebrochen hat er sich nichts, am Montag gibt es weitere Untersuchungen in Berlin.
Thomas Kraft markierte den starken Mann, aber das dürfte ihm ganz schnell ziemlich leidgetan haben. „Ist der schon wieder am Jammern da?!“, rief der Torwart von Hertha BSC über den Trainingsplatz. Auf dem perfekt getrimmten Rasen lag Sinan Kurt. Er hob den Arm und schrie. Kurt war von Ugur Tezel am Knöchel erwischt worden, und anders als es Thomas Kraft aus der Distanz hatte wahrnehmen wollen, konnte man dem 20-Jährigen ganz sicher nicht unterstellen, dass er simulierte. Die ganze Mannschaft hatte sich um Kurt aufgestellt, als er behandelt wurde, von zwei Mann gestützt humpelte er kurz darauf vom Trainingsplatz. Kurt trug eine dicke Bandage ums linke Sprunggelenk, immer wieder schrie er kurz auf. In der Kabine kamen ihm die Tränen.
Der unglückliche Zweikampf war die letzte Aktion der Vormittagseinheit auf der Anlage des spanischen Zweitligisten RCD Mallorca
. „Das Training war gut, es war Zug drin“, sagte Trainer Pal Dardai. Wenn da nur Kurts Verletzung nicht gewesen wäre. „Das ist schlecht für die Laune.“ Herthas Trainer muss in der Vorbereitung ohnehin schon improvisieren, mit viel Mühe und reichlich Unterstützung aus der eigenen Nachwuchsabteilung hat er 21 Feldspieler für das Trainingslager zusammenbekommen. Seit Sonntagvormittag sind es nur noch 20, mit denen Dardai planen kann.
„Es sieht nicht gut aus“, sagte Herthas Trainer. Immerhin: Die ersten Untersuchungen in einem Krankenhaus in Palma ergaben, dass bei Kurt nichts gebrochen ist. Am Montag wird er nach Berlin zurückfliegen, damit sein Sprunggelenk eingehend untersucht werden kann. Dass er in Palma noch einmal auf dem Trainingsplatz stehen wird, gilt als ausgeschlossen. Dardai fühlte sich an das Heimspiel Anfang November gegen Borussia Mönchengladbach erinnert, als Herthas Kapitän Vedad Ibisevic unglücklich mit Patrick Herrmann zusammengeprallt war. Der Gladbacher knickte mit dem Knöchel um und befindet sich seitdem im Krankenstand. „Die Gelenke sind dünn“, sagte Dardai.
In jenem Spiel, ausgerechnet gegen seinen Heimatverein Borussia Mönchengladbach, hat auch Sinan Kurt zuletzt für Hertha gespielt. In den letzten fünf Minuten stand er auf dem Platz. Für den offensiven Linksfuß war das schon fast eine Grenzerfahrung. Seitdem er vor exakt einem Jahr für eine Ablöse von 500.000 Euro von den Bayern nach Berlin gewechselt ist, hat er lediglich zwei Bundesligaspiele bestritten und dabei insgesamt nur sechs Minuten auf dem Feld gestanden. Nicht viel für jemanden, der einmal als eines der größten deutschen Talente seines Jahrgangs galt und für den die Bayern insgesamt zwei Millionen Euro an die Gladbacher gezahlt haben.
Kurt war laut Dardai in der Hinrunde kurz davor, häufiger zu spielen - doch dann wurde Kalou zu stark
Bei Hertha hegen sie immer noch die Hoffnung, dass Kurt seine Begabung irgendwann verlässlich auf den Platz bringt. „Sinan hat letztes Jahr Riesenschritte gemacht“, sagt Pal Dardai. Er hat körperlich zugelegt und war laut Dardai in der Hinrunde kurz davor, häufiger zu spielen. Doch dann sei Salomon Kalou plötzlich explodiert. Kurt reagierte auf den Leistungssprung seines internen Konkurrenten nicht etwa mit Trotz, sondern mit Resignation: „Er hat wieder nachgelassen.“ Und das scheint ein bisschen typisch für ihn zu sein.
Unmittelbar vor dem verhängnisvollen Zweikampf mit dem U-23-Spieler Tezel war in einer Szene alles zu sehen, was man über Kurt wissen muss. Mit der Hacke spielte er den Ball aus der Luft an seinem Gegenspieler vorbei. „Gut, Sinan!“, rief Dardai. Doch dann blieb er stehen, anstatt sich wieder anzubieten. „Komm, komm!“, schrie Dardais Assistent Rainer Widmayer. Da aber war es schon zu spät. Mit dem Ball blüht Kurt regelrecht auf, ohne Ball hingegen wirkt er im Training fast ein bisschen abwesend.
Trotzdem hat Dardai Kurt bescheinigt, dass er zuletzt wieder einen guten Eindruck gemacht hat. Weil Salomon Kalou für die Elfenbeinküste beim Afrika-Cup spielt, fehlt er in der gesamten Vorbereitung. Im schlimmsten Fall muss Hertha bis Anfang Februar auf den Ivorer verzichten. Im besten Fall für Sinan Kurt also hätte er sich in dieser Zeit in die Stammelf spielen können. „Wenn ein sogenannter Star ausfällt, muss ein junger Spieler diese Chance nutzen“, sagt Herthas Trainer. So wie es aussieht, wird Sinan Kurt diese Chance gar nicht erst bekommen. „Das ist Schicksal“, sagt Pal Dardai.