Borussia Dortmund bei Mainz 05: Thomas Tuchels sehr persönliche Dienstfahrt
Thomas Tuchel kehrt heute als Trainer des BVB nach Mainz zurück – und hofft auf mehr Applaus als Pfiffe bei seinem alten Klub.
Privates und Berufliches kann Thomas Tuchel auf dieser Dienstfahrt nicht trennen. Das fängt schon mit der Übernachtung an. „Dort jetzt im Hotel zu wohnen ist ein komisches Gefühl.“ Weil „dort“ seine zweite Heimat geworden sei nach sieben Jahren als Lebensmittelpunkt. „Meine beiden Kinder sind in dieser Zeit geboren worden, wir sind dort eine Familie geworden, es war eine prägende Zeit.“ Und heute nun kehrt Thomas Tuchel dorthin zurück, als Dortmunder, als Trainer der Borussia, zum FSV Mainz 05, dem Fußball-Bundesligaverein, bei dem er groß herausgekommen ist.
Tuchel spricht mit viel Wärme über seinen alten Klub
Vor dem Spiel in Mainz (20.30 Uhr, live bei Sky) hat Thomas Tuchel jedenfalls mit viel Wärme in der Stimme über seinen früheren Verein und seine frühere Stadt gesprochen. Über das Vertrauen, das ihm der Leiter des Nachwuchsleistungszentrums Volker Kersting und der Vereinsmanager Christian Heidel entgegengebracht haben, von Freunden und Nachbarschaft, vom Stadtleben in Mainz, in dem er auch nach dem Ende seiner Arbeit gut integriert gewesen sei.
Ein Rührstück wird seine Rückkehr trotzdem nicht werden.In der Kabine des Mainzer Stadions wartet kein Strauß Blumen, der Verein hat nichts extra für ihn vorbereitet. Manche Fans werden vielleicht pfeifen, andere ihn am Anfang noch einmal beklatschen. „Ich erwarte keine besondere Atmosphäre“, sagt Tuchel daher auch. Aber er glaube, dass diejenigen, die sich auf ihn freuen, in der Mehrheit sind.
Es gab schon mal einen, der nach vielen Jahren in Mainz als Trainer mit Dortmund zurückgekehrt ist, Jürgen Klopp. Tuchel mag mit den Mainzern erfolgreicher gespielt haben als Klopp. 2010, in seiner zweiten Saison, begannen sie mit sieben Siegen in Serie und stellten damit den Bundesliga-Startrekord ein. Am Ende landeten sie immerhin auf Platz fünf. Aber das konnte bei all der Begeisterung nicht den Gefühlsdialog ausgleichen, den Klopp mit den Mainzer Fans unterhalten hatte. Tuchel gilt in Mainz als schwierig. Und dann kam noch der merkwürdige Abgang hinzu.
Etwas verletzter Stolz ist geblieben
Seinen Vertrag wollte Tuchel nicht erfüllen, stattdessen nahm er ein Sabbatical und blieb auch in dieser Zeit in Mainz wohnen, „freiwillig“, wie er sagt. Etwas verletzter Stolz ist geblieben, zum Beispiel bei Vereinspräsident Harald Strutz. Der sagte in der „Bild“ vor einigen Tagen: „Aus meiner Sicht gibt es keinen Grund, sich nicht zu grüßen. Wir haben nur unterschiedliche Auffassungen von Respekt. Dabei bleibe ich, muss mich dafür auch nicht rechtfertigen. Punkt. Sein Abgang war schon grenzwertig.“
Tuchel wollte das am Donnerstag erst nicht kommentieren, tat es dann aber: „Über Herrn Strutz habe ich mich nicht mehr geärgert. Wie und wo er es gesagt hat, sagt mehr über Harald Strutz als über mich.“ Es ist allerdings nicht unwichtig für die Beziehung zwischen Tuchel und den Mainzern, dass einige im Verein die Worte ihres Präsidenten für überflüssig halten. Manager Heidel etwa teilt Strutz’ Auffassung gar nicht und will Tuchel auch nicht den Respekt absprechen. Die Situation sei lange geklärt und abgehakt. Tuchel habe den Verein durch seine überragende Arbeit geprägt, sagte er. Mainz 05 gehört übrigens zu den Vereinen in der Bundesliga, in denen der Manager mehr zu sagen hat als der Präsident, auch das letzte Wort.
Tuchel will das Spiel "unbedingt gewinnen"
Tuchel hat in Mainz ohnehin noch einen Erben hinterlassen. Trainer Martin Schmidt wurde auf Tuchels Anregung verpflichtet und sagt: „Thomas Tuchel hat mich geholt. Er war ein wichtiger Taktgeber in meiner Trainerlaufbahn. Ich freue mich riesig auf das Wiedersehen.“ Ihm fehlt es schon gar nicht an Respekt, denn er glaubt, dass Tuchel ihn taktisch mehr überraschen könne als er ihn. Das hat sich Tuchel auch vorgenommen, zumal seine Mannschaft in der Liga zuletzt dreimal sieglos war. „Ich will es auch nicht mehr gewinnen als andere Spiele“, sagt Tuchel, „ich will es einfach unbedingt gewinnen.“