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Neues Duo. Thomas Kurschilgen und Gabi Dörries, Präsidentin des Deutschen Schwimm-Verbands, führen ab dem 1. September gemeinsam den DSV.
© dpa

Deutscher Schwimm-Verband: Thomas Kurschilgen soll Geld und Medaillen eintreiben

Der neue Schwimm-Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen steht vor einer großen Aufgabe: Er soll die Existenz des Verbands sichern.

Es ist kein Geheimnis, warum Thomas Kurschilgen der neue Leistungssportdirektor beim Deutschen Schwimm-Verband (DSV) werden wird. Der simple Grund: Geld. Nicht sein eigenes, sondern das, was er eintreiben kann. Es sei gezielt nach einem sportlichen Insider gesucht worden, sagt Gabi Dörries bei den deutschen Schwimm-Meisterschaften, die noch bis Sonntag in der Schwimmhalle an der Landsberger Allee in Berlin stattfinden. Die DSV-Präsidentin wollte jemanden, der weiß, wo und wie man öffentliche Mittel akquirieren kann. Gleichzeitig hätte die betriebswirtschaftliche Erfahrung für die Auswahl gesprochen. „Wir leben in Zeiten knapper Mittel“, sagt Dörries. Und mit diesen Mitteln müsse man haushalten können. Also fiel die Wahl auf Kurschilgen, vom Typ eher Manager als Vertrauenslehrer.

Vor zehn Jahre saß er noch in der Führungsebene der Creditreform-Gruppe, die für Unternehmen Bonitäten prüft und Investitionsrisiken einschätzt. Ab dem 1. September soll er den DSV zusammen mit Verwaltungsdirektorin Julia Duschek führen. Er, der bislang fast keine Erfahrung mit dem Schwimmen hat und nun an der Spitze einer Organisation steht, die alle Bereiche vom Synchronspringen bis zum Wasserball abdeckt. An der Spitze eines Verbandes, der immer wieder in der Kritik steht, weil es mit den Medaillen-Erfolgen längst nicht mehr so klappt wie in den oft beschworenen Glanzzeiten.

Die Meisterschaften wolle Kurschilgen jetzt erstmal nutzen, um sich mit all den Athleten vertraut zu machen, die er bislang oft nur aus den Medien kenne. Sein Ansatz: „Der Schlüssel zum Leben ist die Herausforderung.“ Dass sich der 58-Jährige den Herausforderungen stellen könne, habe er bereits gezeigt, betont er. Seit 2009 ist er eine Größe im Sport. Damals wechselt er aus dem Finanzwesen auf den Direktorposten des Leichtathletik-Verbands (DLV). Kurz zuvor hatte der DLV bei Olympia in Peking sein historisch schlechtestes Ergebnis eingefahren. Gerade mal eine Silbermedaille erlangten die Leichtathleten bei den Spielen 2008. Vier Jahre später waren es unter Kurschilgens Leitung in London immerhin acht Podestplätze. In Hinblick auf die in zwei Wochen anstehende Schwimm-EM in Glasgow hält er jedoch fest: „Die Prognose von Medaillen ist ein Blick in die Glaskugel.“ Das solle man nicht machen. Vielleicht auch deshalb, weil seine Erfolgsgeschichte bei der Leichtathletik sehr viel weniger linear ist, als es der neue Schwimmdirektor vorrechnet.

Kurschilgen will vor allem an den Strukturen arbeiten

Bereits vier Jahre nach London fiel das Ergebnis bei den Spielen in Rio wieder auf zwei Goldmedaillen und einmal Bronze ab. Ein Jahr später wechselte er zum Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB), bei den Winterspielen in Südkorea leitete er die deutsche Delegation als stellvertretender Chef.

Die weitaus konkretere Herausforderung als Medaillenerfolge dürfte jedoch das vom Bundesinnenministerium beschlossene Reformkonzept des Leistungssports sein. Potenzialanalyse, kurz Potas, so heißt die große Bedrohung für den DSV. Das Bewertungssystem soll Sportdisziplinen anhand von Rahmenbedingungen wie Nachwuchsförderung und der Trainersituation in drei Gruppen einteilen: Das Exzellenzcluster mit Medaillenchancen, das Potentialcluster und das Entwicklungscluster für Sportarten, in denen der internationale Erfolg eher abwegig ist. Je nach Einteilung sollen Fördermittel bestimmt und für das dritte Cluster auch erheblich gekürzt werden.

In Deutschland ist der Leistungssport stark von diesen Fördermitteln abhängig. „Ein gutes Ergebnis bei Potas ist da schon fast eine existentielle Grundlage für den Verband“, sagt Kurschilgen. Sich richtig für die Analyse aufzustellen, sei momentan die wichtigste Aufgabe des DSV. Das heiße einerseits, weiter an den Strukturen zu schrauben, andererseits aber auch bei den Weltmeisterschaften 2019 und bei Olympia 2020 in Tokio gute Resultate zu erzielen. Denn sonst könnten auch die Fähigkeiten des Betriebswirts bald an ihre Grenzen geraten.

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