Hertha BSC im Trainingslager: Slalom um die Lichtschranke
Hertha bereitet sich im österreichischen Schladming auf den Saisonstart vor. Dabei kommt Athletik-Trainer Henrik Kuchno eine besondere Bedeutung zu.
Hertha interessiert sich leider gar nicht für Fußball. Wenn die Sonne auf das Trainingsgelände in der Steiermark knallt und die Thermometer auf über 30 Grad Celsius treibt, liegt die alte Dame meist längst auf einem angenehm-schattigen Tribünenplatz und schaut in die Luft. „Kannste nüscht jegen machen“, sagt Herthas Herrchen. Die Yorkshire-Dame Hertha hat es unter den mitgereisten Fans des gleichnamigen Berliner Bundesligisten bereits an Tag zwei zu Kultstatus gebracht. Weil es sie nicht juckt, was auf dem Platz passiert.
Dabei gab es gerade im Training am Dienstagvormittag einiges zu beobachten. Nach dem eher lockeren Auftakt am Tag zuvor zog Trainer Pal Dardai merklich an und ließ vor allem drei Themengebiete beackern: Taktik, Schnelligkeit und Torabschluss. Zu diesem Zweck hatte das Betreuer-Team auch allerhand Technik auf dem Platz aufgebaut, unter anderem eine Lichtschranken-Anlage. Daheim in Berlin kommt das gute Stück zwar auch regelmäßig zum Einsatz, allerdings nur selten auf dem Haupttrainingsplatz.
„Es ist einfach ideal für unsere Ansprüche“, sagt Henrik Kuchno. Herthas Athletik-Trainer ist im Berliner Tross der Experte für besagte Anlage, bereits zu seiner Zeit bei Schalke hat Kuchno damit gearbeitet. Für gewöhnlich wird die Anlage im Aufbautraining rekonvaleszenter Spieler eingesetzt, die Belastung und Sprints langsam wieder steigern sollen. „Ihr größter Vorteil ist aber, dass man sie enorm vielseitig und abwechslungsreich einsetzen kann“, sagt Kuchno.
Um Passformen nachzustellen etwa, um Spielsituationen zu simulieren und unter Druck die richtigen Entscheidungen zu treffen. Um sich also idealerweise in jenen Punkten zu verbessern, die Dardai mit Blick auf den Saisonstart für enorm wichtig erachtet: Handlungsschnelligkeit mit und ohne Ball. „Die Übungen sind koordinativ hoch anspruchsvoll und verlangen die Hinzunahme des Kopfes, weil der Spieler immer wieder situativ entscheiden muss, was er als nächstes zu tun hat“, sagt Kuchno. „Diese Mischung ist perfekt.“
"Ein paar Extra-Prozentpunkte herauskitzeln"
Konkret sah die Trainingsform am Dienstag so aus, dass die Berliner Profis im Vollsprint auf die Anlage zuliefen und jene Lichtschranke passieren mussten, die kurz zuvor ein entsprechendes Signal gegeben hatte. Anschließend spielte ihnen Kuchno mit minimaler Verzögerung einen scharfen Pass genau in den Lauf, ehe sie erneut eine Art Dribbelslalom vorbei an den Lichtschranken zu absolvieren hatten und den Torabschluss suchten. Obwohl die Geräusche und Signale eher an die Kommandozentrale der Enterprise erinnerten als an einen Fußballplatz, erfüllten die Spieler die Aufgabe zur allgemeinen Zufriedenheit. Nicht zuletzt, weil sie mittlerweile mit der Anlage vertraut sind.
„Am Anfang gab es ein paar wenige Spieler, die Berührungsängste damit hatten“, berichtet Kuchno, „mittlerweile fordern sie sogar ihren Einsatz.“ Mit Thomas Kraft etwa absolviert der Athletik-Trainer jeden zweiten Tag ein speziell auf Torhüter zugeschnittenes Training mit der Lichtschranken-Anlage. „Das ist ein kleines Ritual geworden“, sagt Kuchno.
Auch Cheftrainer Dardai hat mit großer Freude festgestellt, dass die Übungsformen bei seinen Profis Anklang finden. „Die Erfahrung zeigt, dass man durch diese spielerische Form ein paar Extra-Prozentpunkte herauskitzeln kann, weil die Spieler die Übung nicht unbedingt als Sprint- und Koordinationstraining wahrnehmen“, sagt der Ungar, „deshalb muss man damit eigentlich in allen Altersklassen arbeiten.“