Bundesliga-Relegation gegen den 1. FC Heidenheim: „Scheiß Saison, gutes Ende“ – Werder Bremen zittert sich zum Klassenerhalt
Im Relegationsrückspiel gegen den 1. FC Heidenheim vermeiden die Bremer den ersten Abstieg seit 40 Jahren. Nach dem 0:0 im Hinspiel reicht ein 2:2-Remis.
Eine große Ära würde an diesem lauen Sommerabend in der schwäbischen Ostalb auf jeden Fall zu Ende gehen, so viel stand schon vor dem Relegationsrückspiel zwischen dem SV Werder Bremen und dem 1. FC Heidenheim fest: Claudio Pizarro – 490 Spiele, 197 Tore, eine echte Bundesliga-Institution – stand 21 Jahre nach seinem Debüt zum letzten Mal im Aufgebot der Bremer. Am Montag endete die große Karriere des inzwischen 41-jährigen Angreifers.
Eine weitere große Ära wird hingegen auch in der kommenden Saison fortgeschrieben: Pizarros Teamkollegen stemmten sich in Heidenheim erfolgreich gegen den ersten Abstieg seit 40 Jahren und dürfen nach einem 2:2 (1:0)-Unentschieden auch in der nächsten Spielzeit wieder Bundesliga-Fußball spielen.
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„Ich bin einfach nur froh und glücklich, dass wir es geschafft haben“, fiel Werders Trainer Florian Kohfeldt nach dem Spiel ein Stein vom Herzen: „Wir waren so oft tot. Scheiß Saison, gutes Ende.“ Heidenheims Kapitän Marc Schnatterer spürte nach dem zweiten Unentschieden im zweiten Relegationsspiel hingegen die reine Enttäuschung: „Wir haben kein Spiel verloren und es trotzdem nicht geschafft“, sagte er ernüchtert. „Das ist brutal.“
Ein Eigentor von Heidenheims Verteidiger Norman Theuerkauf bereitete den Bremern nach dem 0:0 im Hinspiel bereits früh den Weg zum Klassenerhalt. Werders verkorkste Saison endete so zumindest nicht in der Vollkatastrophe – und Claudio Pizarro blieb nach zig nationalen wie internationalen Titeln der unwürdigste aller Abschiede erspart.
Die 90 Minuten in Heidenheim hatte Pizarro als Einwechselspieler von der Tribüne aus verfolgt. Dort gaben aber die Gastgeber den Ton an. Die Delegation des schwäbischen Klubs hatte Kuhglocke, Trommel und sogar eine Sirene mitgebracht, was die Bremer jedoch nicht verunsicherte. Nach nicht einmal einer Minute landete eine Flanke von Ludwig Augustinsson vor den Füßen von Joshua Sargent, der es vor lauter Überraschung nicht fertigbrachte, den Ball aus einem Meter über die Linie zu drücken.
Bei Werder Bremen kehrt das Vertrauen zurück
Wenige Sekunden später brachte stattdessen ein Heidenheimer die Bremer in Führung. Nach einem technischen Fehler von Sargent an der Strafraumgrenze beförderte Theuerkauf den Ball unglücklich ins eigene Tor. Werders Trainer Florian Kohfeldt hatte vor der Partie vom „Vertrauen“ in die eigenen Fähigkeiten gesprochen. Mit dem Führungstor kehrte es zurück.
So machte es sich auch nicht bemerkbar, dass der Coach seinen Stürmer Niclas Füllkrug etwas überraschend auf der Bank gelassen hatte. Werder spielte seine technische Überlegenheit aus und ließ Heidenheim hinterherlaufen. Was die Gastgeber entgegenzusetzen hatten, war ihre Athletik und Kampfkraft. Chancen erspielte sich die Mannschaft von Trainer Frank Schmidt im ersten Durchgang nicht.
Trotzdem blieb die Partie eng, weil sich auch in Heidenheim eines der größten Werder-Probleme in dieser Spielzeit offenbarte: die mangelnde Fitness. Je länger das Spiel dauerte, desto schlapper wurde Kohfeldts Mannschaft. Der FCH wirkte deutlich austrainierter und kam kurz nach der Pause zu ersten Gelegenheiten durch Stefan Schimmer und David Otto. Doch weil Heidenheim nun kommen musste, bekam auch Werder mehr Räume. Innerhalb von drei Minuten ließen Milos Veljkovic, Augustinsson und Sargent hochkarätige Chancen aus.
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Aufregung herrschte dann aber aus einem anderen Grund. Mitte des zweiten Durchgangs kamen auf einmal etwa 50 Heidenheimer Fans auf die Tribüne und machten sich lautstark bemerkbar. Bremens Geschäftsführer Klaus Filbry regte sich genauso lautstark darüber auf. Wenige Minuten später waren sie wieder verschwunden.
In einer turbulenten Schlussphase glich Tim Kleindienst dann noch zweimal für Heidenheim aus, doch weil auch Augustinsson traf, blieb die Sensation aus. „Das ist natürlich extrem bitter. Wir kommen zweimal gut zurück, am Ende fehlt die Zeit“, war der Doppeltorschütze Kleindienst nach dem Spiel enttäuscht. So feierten die Bremer nicht nur den Klassenerhalt, sondern auch ihre Legende Claudio Pizarro, den sie nach dem Abpfiff durch die Luft warfen.
Während sich Werders Bundesliga-Ära also fortsetzt, müssen im Bremer Angriff nach Pizarros Abschied nun andere für legendären Stoff sorgen. Ein bekanntes Gesicht aus Berlin zum Beispiel: Davie Selkes Leihe verlängert sich durch den Bremer Klassenerhalt bis 2021, danach greift eine Kaufverpflichtung und Hertha BSC kassiert für den 25-Jährigen eine zweistellige Millionenablöse. (Tsp/dpa)