Ein Transfersommer voller Ungewissheiten: Bei Hertha BSC sind noch viele Fragen offen
Bleibt Peter Pekarik? Kehrt Marko Grujic noch einmal zurück? Verlängert Vedad Ibisevic? Bei Hertha BSC sind viele Personalfragen immer noch unbeantwortet.
Für Mathew Leckie hält der Spielplan der Fußball-Bundesliga womöglich noch eine besondere Pointe bereit. Zum Abschluss der Saison tritt Hertha BSC am Samstag im Borussia-Park in Mönchengladbach an, und die Chancen stehen nicht schlecht, dass Leckie dann zu seinem siebten Einsatz in dieser Spielzeit kommt. Bruno Labbadia sucht noch einen rechten Außenverteidiger, nachdem Peter Pekarik verletzt und Lukas Klünter gesperrt ausfallen.
Mathew Leckie oder Alexander Esswein? Das ist die Frage, die Herthas Trainer Labbadia vor dem letzten Saisonspiel beantworten muss. „Das sind diejenigen, die das noch am ehesten spielen können“, sagt er. „Ich trau es beiden zu.“
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Leckie kennt die Position, hat sie sowohl in der australischen Nationalmannschaft als auch bei Hertha bereits gespielt. Und so könnte sich für ihn am Samstag ein Kreis schließen. Im Borussia-Park hat der Australier im August 2011 sein Debüt in der Bundesliga gefeiert. Für die Gladbacher. Am Samstag könnte er am selben Ort sein letztes Spiel in der Bundesliga bestreiten. Gegen die Gladbacher.
Obwohl sein Vertrag bei Hertha noch ein Jahr läuft, hat Leckie längst seinen Wunsch kundgetan, den Klub im Sommer zu verlassen. Dass die Berliner das mit aller Macht zu verhindern versuchen, ist eher nicht zu erwarten. Leckie, 29, spielt bei Hertha schon lange keine exponierte Rolle mehr.
"Der Transfermarkt ist noch sehr ruhig"
Das Ende einer Saison ist immer auch die Zeit des Abschiednehmens, selbst wenn das in Zeiten der Coronavirus-Pandemie eher im Stillen passiert. Ob der Abschied bei Hertha groß, mittel oder doch klein ausfällt, ist derzeit, wie so vieles, noch offen. „Wir sind sehr gespannt, wie sich das in diesem Sommer gestalten wird“, sagt Herthas Manager Michael Preetz über die anstehende Transferperiode, die vermutlich bis in den Oktober verlängert wird. „Insgesamt ist der Markt noch sehr, sehr ruhig.“
Auch bei Hertha ist vieles in der Schwebe. Sicher ist, dass Lucas Tousart aus Lyon kommt und die Berliner sich um Rechtsverteidiger Deyovaisio Zeefuik vom holländischen Ehrendivisionär FC Groningen bemühen. Dazu kehren die Leihspieler Ondrej Duda, Daishawn Redan und Nils Körber zurück. Wie aktiv Hertha darüber hinaus auf dem Transfermarkt sein kann, hängt auch davon ab, wer den Verein verlassen wird.
Torhüter Kraft denkt ans Karriereende
Bei sechs Spielern – Thomas Kraft, Peter Pekarik, Per Skjelbred, Alexander Esswein, Salomon Kalou und Vedad Ibisevic – laufen die Verträge aus, dazu enden die Leihverträge von Marius Wolf und Marko Grujic. Per Skjelbred (167 Spiele für Hertha seit 2013) kehrt zu seinem Heimatverein Rosenborg Trondheim zurück. Salomon Kalou (172 Spiele und 53 Tore seit 2014) hat eine Weiterbeschäftigung in Berlin mit seinem täppischen Live-Video aus der Kabine selbst unmöglich gemacht. Ersatztorhüter Thomas Kraft (159 Spiele seit 2011) und Alexander Esswein (59 Spiele, 5 Tore seit 2016) werden den Verein verlassen; Kraft denkt mit gerade mal 31 Jahren sogar darüber nach, seine Karriere komplett zu beenden. Das hat Manager Preetz am Donnerstag bestätigt.
Als Hertha im vergangenen Sommer Marius Wolf (21 Spiele, 1 Tor) von Borussia Dortmund ausgeliehen hat, enthielt das Vertragswerk auch eine Kaufoption mit einer festgeschriebenen Ablöse von 20 Millionen Euro. Die Berliner sind durchaus an einer Weiterbeschäftigung des Offensivspielers interessiert – aber nicht zu dem vereinbarten Preis, der schon vor einem Jahr sehr ambitioniert erschien, in Zeiten der coronabedingten Bescheidenheit aber komplett überzogen ist.
Grujic soll die Vorbereitung in Liverpool absolvieren
Bei Marko Grujic (53 Spiele seit 2018, 9 Tore) sah es hingegen lange so aus, als würde sein zweites Jahr in Berlin auch das letzte sein. Die Verpflichtung von Lucas Tousart hat Hertha unter anderem mit der Rückkehr des Serben zum FC Liverpool begründet. Inzwischen aber steht ein weiteres Leihgeschäft im Raum. „Er ist ein Spieler, über den wir immer nachdenken werden“, sagt Michael Preetz.
Mit dem FC Liverpool befindet sich Herthas Manager weiterhin im Austausch, allerdings seien die Rahmenbedingungen diesmal andere als vor einem Jahr. Grujic soll in Liverpool die Vorbereitung absolvieren. Erst danach kommt der Serbe unter Umständen wieder auf den Markt. Bis es so weit wäre, würden alle Beteiligten Geduld aufbringen müssen.
Das gilt auch für die Spieler, im Besonderen für Peter Pekarik (seit 2012 bei Hertha, 159 Spiele, 2 Tore) und Vedad Ibisevic (157 Spiele, 53 Tore seit 2015). Beide stehen nur noch bis kommenden Dienstag bei den Berlinern unter Vertrag; beide wissen derzeit nicht, ob und wie der Verein mit ihnen plant. „Diese Entscheidung ist noch offen“, sagt Manager Preetz. „Wir sind in Gesprächen.“
Labbadia hat sich nur für die Gegenwart interessiert
Als Bruno Labbadia im April bei Hertha seine Arbeit aufgenommen hat, hat er weder nach hinten noch allzu weit nach vorne geschaut. Es war ihm egal, wer in der Vergangenheit was für den Klub geleistet hatte und wer noch wie lange unter Vertrag stand. Labbadia hat weitgehend unvoreingenommen auf den Kader geschaut und die Spieler eingesetzt, die ihm für die Gegenwart am besten zu taugen schienen. So wurden die beiden Routiniers Pekarik, 33, und Ibisevic, bald 36, auf ihre alten Tage doch noch einmal Stammspieler.
„Vedo war der Leader, den wir gebraucht haben“, hat Labbadia jetzt dem „Kicker“ gesagt. „Und was er kann, verlernt er nicht – das Toreschießen.“ Es ist trotzdem keine Selbstverständlichkeit, dass Hertha noch einmal mit ihm verlängert. Mit Krzysztof Piatek, 24, steht sein potenzieller Nachfolger schon unter Vertrag, und auch die Talente Jessic Ngankam, 19, und Daishawn Redan, 19, benötigen für ihre persönliche Entwicklung regelmäßige Einsätze. Zumal kolportiert wird, dass Labbadia einen weiteren Stürmer verpflichten will.
Und womöglich kehrt auch Davie Selke aus Bremen zurück. Werder ist zwar zum Kauf des Stürmers verpflichtet – allerdings nur im Falle des Klassenerhalts. Michael Preetz sagt: „Es wird spannend in diesem Sommer.“