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Christoph Harting hat zur Nationalhymne Faxen und sich damit nicht beliebt gemacht. Und er hat sich entschuldigt. Damit sollte man es gut sein lassen.
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Diskuswerfer Christoph Harting: Protest oder Peinlichkeit

Christoph Harting hat sich danebenbenommen, aber sein Land nicht diffamiert. Ein Nachtreten ist deshalb unangemessen, zumal der wirklich wichtige Protest gerade woanders stattfindet. Ein Kommentar.

Christoph Harting hat sich längst entschuldigt. Nach seinem zweifelhaften Auftritt während der Siegerehrung in Rio, als der Diskus-Olympiasieger nicht andächtig der Nationalhymne lauschte, sondern tanzte, pfiff und Faxen machte, fegte ein Sturm der Entrüstung über ihn. Respektlosigkeit wurde ihm vorgeworfen. Harting zeigte Reue, das Adrenalin habe die Pferde mit ihm durchgehen lassen. Damit hätte das Kapitel abgeschlossen sein können. Aber eine Privatperson hat Harting angezeigt, außerdem wurde ein internes Verfahren gegen ihn eingeleitet, bei seinem Arbeitgeber, der Bundespolizei. Dabei hätte man es längst gut sein lassen sollen.

Aber wenn es um die Hymne geht, verstehen viele eben keinen Spaß. Das erlebt in den USA gerade Colin Kaepernick. Der Football-Profi protestiert dort regelmäßig gegen Rassismus und Polizeigewalt, indem er nicht mitsingt, sich aber stattdessen auf den Boden setzt.

Harting hat nicht nachgedacht, Kaepernick sucht die Kontroverse

Damit macht er sich bei vielen unbeliebt, den Gegenwind lässt er über sich ergehen, um eine relevante Debatte anzustoßen. Er braucht diesen Disput sogar, denn der generiert die Aufmerksamkeit, die er sich für sein Anliegen wünscht.

Harting wollte keine Debatten anstoßen, keine Reaktionen provozieren und keine Nachricht senden. Es war schlicht eine dumme Reaktion, aber keine, die ein Nachtreten verdient hätte. Er hat weder sein Land verkauft noch dessen Hymne verraten. Entschuldigung angenommen, lasst es gut sein. Dann können wir uns um die wirklich wichtigen Hymnen-Proteste kümmern. Die finden gerade in den USA statt.

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