Eisbären Berlin gegen Mannheim: Play-offs der Worte
Der verbale Umgang mit dem Gegner spielt im Eishockey in der Endrunde eine große Rolle, das ist auch in den laufenden Viertelfinalserien so.
Uwe Krupp kennt diese Auftritte zur Genüge und weiß, was er in solchen Momenten sagen darf und was nicht. Der Trainer der Eisbären Berlin sprach nach dem 2:3 am Sonntag in Mannheim von einer „verdienten Niederlage“, schließlich sei „Mannheim ja besser gewesen“ und dann schloss Krupp seinen Vortrag mit den Worten: „Am Mittwoch geht es weiter. Danke schön.“ Nur nichts rauslassen, nur nichts Falsches sagen. Krupps Aussagen von Mannheim sind typisch für die Play-offs in der Deutschen Eishockey-Liga (DEL) und darüber hinaus für Situationen im Sport, in denen es eine Mannschaft binnen weniger Tage immer mit demselben Gegner zu tun hat. Maximal sieben Mal stehen sich Adler Mannheim und Eisbären Berlin dieser Tage binnen zwei Wochen gegenüber. Während der nach dem Modus „Best of Seven“ gespielten Serie sehen sich die Spieler beider Teams womöglich häufiger als ihre Familienmitglieder. Die Nähe zum Gegner erzeugt Misstrauen und Spannungen.
In der Endrunde ergeben sich Situationen, die sich in der Hauptrunde nicht erproben lassen. Da hat rhetorisches Geplänkel von Verantwortlichen und Spielern nach Spielen nicht die Wirkung wie in den Play-offs. Deshalb wird da auch schon eher mal etwas Kritisches gesagt, über Gegner oder den Schiedsrichter – man sieht sich ja nicht schon zwei Tage später wieder. „Da könnten ja in den Play-offs offene Rechnungen schnell beglichen werden“, sagt Peter John Lee.
Eisbären-Geschäftsführer Felski, früher lange selbst Eishockeyprofi, sagt: In der Hauptrunde habe er zumindest in den ersten Monaten als Spieler immer im Kopf gehabt, dass sich eine Niederlage schnell korrigieren lasse. „Du hast ja dafür dann 52 Spiele. In den Play-offs geht es dagegen ja immer ums sportliche Überleben. da bist du als Spieler und Trainer in viel größeren Stresssituationen.“
Sven Felski hat solche Situationen häufiger erlebt als fast alle andere Profis in der DEL. Der Rekordspieler der Eisbären sagt, dass natürlich abseits der Interviews in den Kabinen gerade in den Play-offs mächtig etwas los sei. Da habe es schon Trainer gegeben, bei denen im Ärger mal ein Mülleimer quer durch die Kabine gesegelt sei. Früher sei es aber auch vor den Kulissen deutlich rustikaler zugegangen als heute. Der einstige Angreifer, der seit einiger Zeit als Co-Kommentator beim Sportfernsehen und auf einer großen Internetplattform tätig ist, sagt auch: Manche Trainer-Antwort im Interview sei natürlich schon „nichtssagend“ in den Play-offs, etwa wenn es um verletzte Spieler gehe, „dann hören wir da nur noch von Ober- oder Unterkörperverletzung“.
Sven Felski findet, manche Interviews seien "nichtssagend"
Aber die stereotyp geführte Spielanalyse gehört in die Rolle des aufgeräumten Gentleman-Trainers. Er will alle Emotionen im Griff haben, das ist die Psychologie der Play-offs. Rhetorik ist wichtig, auch während des Spiels. Sven Felski erinnert sich: „Wir haben uns immer Spieler beim Gegner ausgeguckt, die wir mental herausnehmen konnten, wie wir es nannten.“ Das heißt, es wurde versucht, Schwachpunkte des Gegners zu erwischen. „Wenn wir geführt haben, bin ich zum Bespiel hin und habe gesagt: Ihr habt nur noch 17 Minuten, jetzt müsst ihr aber etwas machen.“ Wenig später dann das gleiche Spielchen: „Jetzt habt ihr nur noch 14 Minuten, und es ist immer noch nichts passiert. Wann geht es denn los bei euch mit der Aufholjagd?“
Dass es dieser Tage in der Kabine der Eisbären ruhiger zugeht als früher, kann sich Felski nicht vorstellen. Auch wenn sich die Aussagen bei den Interviewterminen vor der Kabine inzwischen auf einem unteren Unterhaltungslevel abspielen. Die Eisbären würden es aber sicher unterschreiben, wenn ihr Kapitän André Rankel nach dem vierten Spiel die Viertelfinalserie gegen die Adler Mannheim am Mittwoch dann vor der Öffentlichkeit tritt und kaum etwas sagend sagt: „Wir haben verdient gewonnen und am Freitag geht die Serie nun mit Spiel fünf in Mannheim weiter.“