Vereinsschädigendes Verhalten?: Peter Neururer: "Ich habe meinen Kapitän bestätigt"
Fußball-Zweitligist VfL Bochum hat sich am Dienstag etwas überraschend aufgrund von "vereinsschädigendem Verhalten" von Trainer Peter Neururer getrennt. Dieser widersprach den Vorwürfen - und will sich nun erstmal mit seinem Anwalt beraten.
Dem abrupten Rauswurf von Trainer-Unikat Peter Neururer beim VfL Bochum folgte die öffentliche Schlammschlacht. „Wir haben uns zudiesem Schritt entschlossen, weil das Auftreten und die in den vergangenen Tagen wiederholt getätigten Äußerungen von Peter Neururer aus unserer Sicht vereinsschädigendes Verhalten darstellen“, begründete VfL-Sportvorstand Christian Hochstätter am Dienstag die Freistellung des 59-Jährigen beim Fußball-Zweitligisten.
Der in Bochum einst als „Peter der Große“ verehrte Coach wehrte sich vehement gegen die schweren Vorwürfe.„Ich bin geschockt! Ich werde mich jetzt erst einmal mit meinem Anwalt beraten“, kündigte Neururer bei „Sport Bild online“ an. Nach Angaben von Hochstätter war „eine vertrauensvolle Zusammenarbeit“ mit dem Trainer nicht mehr möglich. Die jüngste sportliche Talfahrt mit dem Absturz von Platz eins auf Rang zehn spielte in der Argumentation des Sportvorstands indes keine Rolle.
Peter Neururer übernahm das Traineramt in Bochum am 8. April 2013, sechs Spieltage vor dem Saisonende und schaffte mit den Westfalen den Klassenerhalt. Daraufhin erhielt der 59-Jährige, der schon zwischen 2001 und 2005 beim VfL war, einen Vertrag bis Juni 2015. Nach dem erneuten Klassenerhalt in der Saison 2013/14 startete der VfL Bochum gut in die aktuelle Saison, war sogar Tabellenführer, rutschte aber aufgrund der schlechten Heimbilanz mit nur einem Sieg in acht Spielen immer weiter ab. Derzeit befindet sich der VfL Bochum nach nur einem Sieg aus den letzten elf Pflichtspielen auf Platz zehn, fünf Punkte vor dem Relegationsplatz 16. Am vergangenen Freitag kam Bochum beim Heimspiel gegen den Vorletzten FC St. Pauli nicht über ein 3:3 hinaus.
Nach der Freistellung von Peter Neururer übernimmt vorerst Co-Trainer Frank Heinemann
Vorerst wird Co-Trainer Frank Heinemann die Verantwortung für die Profi-Mannschaft übernehmen, ihm zur Seite steht Jugendcoach Dimitrios Grammozis. Hochstätter versicherte, dass man sich noch keine Gedanken über Nachfolger gemacht habe und Heinemann auch am 5. Januar 2015 beim Auftakt der Winter-Vorbereitung noch Trainer sein könne.
Neururer hatte zuvor aus den Händen von Hochstätter und Finanzvorstand Wilken Engelbracht das Freitstellungsschreiben erhalten und bekommt bis zum Ende der Vertragslaufzeit am 30. Juni 2015 volle Bezüge. Der erfahrene Fußball-Lehrer reagierte mit völligem Unverständnis. „Ich habe meinen Kapitän bestätigt. Aber das hat aus meiner Sicht nichts mit vereinsschädigendem Verhalten zu tun“, sagte Neururer der Deutschen Presse-Agentur.
Hintergrund des Zerwürfnisses war offenbar der Unmut im Bochumer Spielerkreis über Äußerungen von Aufsichtsratsboss Hans-Peter Villis. Der Chef-Aufseher hatte nach dem 0:3 des VfL beim FC Ingolstadt die Mentalität und den Charakter der Mannschaft in Frage gestellt. Nach dem 3:3 gegen den FC St. Pauli am vergangenen Freitag machte Kapitän Andreas Luthe seinem Frust Luft und warf Villis durch die Blume Unwissenheit vor. Dies habe Neururer gefördert. „Neururer hat Spielern das Recht zugesprochen, das höchste Gremium im Verein zu kritisieren. Das geht nicht“, stellte Hochstätter klar.
Eine Auseinandersetzung auf dieser Ebene ist neu in Bochum. Unter den einstigen starken Männern Ottokar Wüst und Werner Altegoer wurden derartige Dinge stets diskret geregelt. Die erste Amtszeit von Neururer in Bochum endete im Mai 2005 mit dem Abstieg, zwölf Monate nach der erstmaligen Qualifikation für den UEFA-Cup. Altegoer und Neururer hatten sich damals auf eine Auflösung des bis 2007 laufenden Vertrages geeinigt.
Peter Neururer bewahrte den VfL Bochum 2013 vor dem Abstieg
Im April 2013 war Neururer nach Bochum zurückgekehrt und hatte das Team vor dem Abstieg in die 3. Liga bewahrt. Das Comeback des stark auf Emotionalität setzenden Coaches hatte in den ersten Monaten eine große Euphorie in der Fangemeinde entfacht. Das plötzliche Aus erwischte ihn nun kalt: „Die Enttäuschung ist riesengroß“, bekannte Neururer, für den Bochum die insgesamt 16. Trainerstation war - und die erste nach seinem Herzinfarkt 2012.
In dieser Saison ist Peter Neururer bereits der fünfte Trainer, der in der zweiten Liga entlassen wurde. Zuvor hatten sich bereits der 1. FC Nürnberg (Valerien Ismael), 1860 München (Ricardo Moniz), Erzgebirge Aue (Falko Götz) und St. Pauli (Roland Vrabec) von ihren Trainern getrennt. (dpa)
Weitere Informationen zu Peter Neururer:
Peter Neururer: Der Brandmeister von Bochum - Ein Porträt nach dem geglückten Klassenerhalt vom 19.05.2013
Peter Neururer: "Mein Gehalt in Bochum interessiert mich nicht" - Ein Interview vom 21.07.2013
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