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Wolfgang Niersbach steht nach dem "Spiegel"-Bericht unter Druck.
© dpa

Newsblog: Gekaufte Fußballweltmeisterschaft 2006: Niersbach kann sich "absolut nicht erinnern"

Nach den Schmiergeld-Vorwürfen rund um die Fußball-Weltmeisterschaft 2006 erklärt sich DFB-Präsident Wolfgang Niersbach in einem Interview. Die aktuellen Entwicklungen in unserem Newsblog.

Die Vergabe der Fußball-WM 2006 an Deutschland soll laut "Spiegel" manipuliert worden sein. Das Bewerbungskomitee für die WM soll mit Geldern aus einer schwarze Kasse die Vergabe des Turniers nach Deutschland erkauft haben. Der damalige Adidas-Chef, Robert Louis-Dreyfus, beschaffte dem Bericht zufolge heimlich das Geld: 10,3 Millionen Franken. Lesen sie die aktuellen Entwicklungen in unserem Newsblog.

22.48 Uhr - Otto Schily weiß von nichts

Im Wirbel um angebliche Bestechung bei der Vergabe der Fußball-WM 2006 an Deutschland hat der damalige Bundesinnenminister Otto Schily die Vorwürfe zurückgewiesen. „Als Mitglied des Organisationskomitees für die Fußball-WM habe ich zu keinem Zeitpunkt Informationen erhalten, die den Verdacht ,schwarzer Kassen' begründen“, sagte der SPD-Politiker, der im Aufsichtsrat des WM-Organisationskomitees saß, der „Bild am Sonntag“. Er habe keine Zweifel an der Erklärung des Präsidiums des Deutschen Fußball-Bundes, das einen mutmaßlichen Kauf entscheidender Stimmen bei der Wahl des WM-Gastgebers heftig bestritten hatte.

15.30 Uhr - Niersbach: "Ich kann mich daran absolut nicht erinnern"

DFB-Präsident Wolfgang Niersbach hat die durch den „Spiegel“ veröffentlichten Vorwürfe dementiert, wonach mit Geldern aus einer „Schwarzen Kasse“ Stimmen für die Weltmeisterschaft 2006 gekauft worden sein sollen. In einem auf der Webseite des DFB publizierten Interview sagte Niersbach, dass er dies „absolut und kategorisch“ ausschließen könne. Der "Spiegel" habe  keine Beweise genannt, sondern berufe sich letztlich auf ein angebliches, von einer anonymen Quelle kolportiertes Zitat von Günter Netzer, das der bereits im gleichen Artikel vehement bestritten habe, wurde Niersbach darin zitiert. Auch sei bereits der Anwalt Professor Christian Schertz gebeten worden, den "Spiegel"-Artikel presserechtlich zu prüfen. Die mutmaßliche Zweckentfremdung einer Zahlung des WM-Organisationskomitees von 6,7 Millionen Euro an die Fifa aus dem Jahre 2005 werde intern geprüft. Niersbach habe davon im Sommer dieses Jahres davon erfahren. 

"Zur Aufklärung haben wir verbandsintern den Kontrollausschuss eingeschaltet sowie die externe, internationale Wirtschaftskanzlei Freshfields-Bruckhaus-Deringer." Das Ergebnis der laufenden Prüfungen sei offen, sagte Niersbach weiter, aber er könne aufgrund der zeitlichen Abläufe dieses Zahlungs-Vorgangs schon jetzt definitiv ausschließen, dass die Zahlung in Zusammenhang mit der WM-Vergabe im Jahr 2000 stehe. Zu der laut „Spiegel“ belastenden Notiz mit einem handschriftlichen Vermerk von ihm selbst sagte Niersbach: "Ich kann mich daran absolut nicht erinnern, zumal ich in meiner Eigenschaft als OK-Vizepräsident Marketing und Medien nur sehr bedingt in wirtschaftliche Transaktionen eingebunden war. Ich möchte daher die Redaktion des "Spiegel" bitten, uns dieses Papier zu überlassen, um nachvollziehen zu können, worum es sich handelt und ob es überhaupt meine Handschrift ist."

14:05 Uhr - Lothar Matthäus warnt vor Vorverurteilungen

Der deutsche Rekordnationalspieler Lothar Matthäus hat nach den Korruptionsvorwürfen rund um die Vergabe der WM 2006 vor „Vorverurteilungen“ gewarnt. „Bislang heißt es nur: Es soll schwarze Kassen gegeben haben. Ich kann mir das aber einfach nicht vorstellen. Nicht bei diesen Personen, die ich schon sehr lange kenne“, sagte der 54-Jährige am Samstag bei einer Pressekonferenz zum „SportpresseBall“ in Frankfurt am Main. Matthäus hält es aber dennoch für wichtig, „die Sache im Interesse des Fußballs und gerade im Interesse der betroffenen Personen so schnell wie möglich aufzuarbeiten“. Der Kapitän der deutschen Weltmeister-Mannschaft von 1990 ist ein enger Vertrauter des damaligen WM-OK-Präsidenten Franz Beckenbauer und auch des heutigen DFB-Präsidenten Wolfgang Niersbach. Beim „SportpresseBall“ am 7. November in Frankfurt soll Matthäus als „Legende des Sports“ ausgezeichnet werden.

13:10 Uhr - Fedor Radmann: "Wir haben keine Stimmen gekauft"
Der frühere Vizepräsident des Organisationskomitees, Fedor Radmann, hat den Vorwurf zurückgewiesen, die Fußball-WM 2006 sei dank des Kaufs von Stimmen an Deutschland vergeben worden. „Das Bewerbungskomitee hat niemals irgendjemanden bestochen. Ich bin bereit, dies sogar zu beeiden. Wir haben keine Stimmen gekauft“, sagte Radmann am Samstag dem TV-Sender Sky Sport News HD. Er galt im Organisationskomitee bis zu seinem Ausscheiden wegen anderer Beraterverträge als umtriebiger Macher hinter den Kulissen.
Vor Radmann hatte bereits der Deutsche Fußball-Bund (DFB) einen Bericht des Magazins „Der Spiegel“ zurückgewiesen, in dem von einer schwarzen Kasse die Rede ist. Daraus seien Stimmen von vier asiatischen Mitgliedern der FIFA-Exekutive gekauft worden. Zuvor räumte der DFB Ungereimtheiten rund um eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Fußball-Weltverband (Fifa) ein.

DFB-Stellungnahme zur Spiegel-Geschichte über die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.
DFB-Stellungnahme zur Spiegel-Geschichte über die Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft 2006.
© dfb.de

12.15 Uhr - Dagmar Freitag verlangt externe Aufklärung:

Dagmar Freitag (SPD) hat als Sportausschuss-Vorsitzende des Bundestages im Zusammenhang mit der WM-Vergabe 2006 eine externe Untersuchung verlangt. Im „Inforadio“ des Rundfunks Berlin-Brandenburg (RBB) sagte Freitag am Samstag in Richtung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB), interne Untersuchungen beim DFB seien jetzt nicht mehr das Maß der Dinge.

Dem DFB warf sie nach einem entsprechenden Bericht des „Spiegel“ vor, zögerlich auf die Vorwürfe des Stimmenkaufs reagiert zu haben. „Persönlich glaube ich eben, dass ein Vierzeiler auf der Webseite des Deutschen Fußball-Bundes auf Dauer jedenfalls nicht ausreichen kann, um die Vorwürfe zu entkräften“, betonte Freitag.
Sie habe nicht nur in diesen Fragen schon seit langem Zweifel an den Selbstreinigungskräften des Sports, „und ich vermute mal, dass sich auch die Staatsanwaltschaft für die Vorgänge interessieren könnte“, fügte die SPD-Politikerin hinzu. Der Fußball-Weltverband Fifa hat ebenfalls eine Untersuchung der Vorgänge angekündigt. Freitag vermutete mit Blick auf etliche suspendierte und gesperrte Spitzenfunktionäre, dass es bei der Fifa mittlerweile möglicherweise einige gebe, die noch alte Rechnungen begleichen wollten: „Da sind ja ganz viele Leute, die ganz viel aus der Vergangenheit wissen, und die sicherlich nicht besonders amüsiert sind über das, was ihnen mittlerweile widerfahren (...) ist, und da kann es schon zu der ein oder anderen Veröffentlichung kommen.“ Das komplette Interview mit Dagmar Freitag finden Sie hier.

10.40 Uhr - Zwischenruf aus Teheran: Eigentlich weilt Außenminister Steinmeier heute im Iran. Dennoch hat er es sich nicht nehmen lassen, auch etwas zum WM-Skandal zu sagen. Nämlich: Er könne dem Deutschen Fußball-Bund "nur raten, jetzt schnellstmöglich Untersuchungen einzuleiten und die offenen Fragen zu klären". "Das ist im Interesse des Sports und des Fußballs. Aber das ist auch unser gemeinsames Interesse, dass da nichts hängen bleibt."

9.35 Uhr - Was war noch mal mit Russland? In den sozialen Netzwerken wimmelt es bekanntlich von sogenannten Putin-Verstehern. Angesichts der Bedenken um die WM-Vergabe an Russland 2018 sehen sich diese nun – nicht ganz zu Unrecht – im Aufwind.

9.00 Uhr - Ein merkwürdiger Vergleich: Der Spiegel legt mit einem Artikel zum früheren Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus nach. Dieser soll für das Bewerbungskommitee zu WM 2006 die Gelder beschafft haben. Dazu titelt Spiegel Online: "Die Affäre Dreyfus". Ein merkwürdiger Vergleich, denkt man an den historischen Hintergrund, auf den der Titel Bezug nimmt. Als "Dreyfus-Affäre" wird die ungerechtfertigte Verurteilung des französischen Artillerie-Hauptmannes Alfred Dreyfus 1894 bezeichnet. Der jüdische Offizier wurde aufgrund antisemitischer Vorurteile fälschlicherweise des Landesverrats bezichtigt. Folgerichtig suggeriert der Spiegel-Titel, dass auch der Adidas-Chef zu Unrecht verdächtigt wird. Genau das aber wollen die Kollegen wohl gerade nicht sagen.

8.58 Uhr - Tagesspiegel-Kommentar: "Dem DFB und seinem heutigen Präsidenten fällt nun jedenfalls etwas auf die Füße. Die moralisch aufgeladenen Kampagnen von der sozialen Kraft des Fußballs bekommen Kratzer", schreibt der Leiter des Tagesspiegel-Sportressorts, Friedhard Teuffel, in seinem Meinungsbeitrag, den Sie hier nachlesen können.

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