Möglicher Skandal um das Sommermärchen: WM 2006 gekauft? DFB droht "Spiegel" mit rechtlichen Schritten
Der DFB steht womöglich vor dem größten Skandal seiner Geschichte: Die WM 2006 in Deutschland wurde mutmaßlich gekauft, berichtet der "Spiegel". Der Verband nennt das "haltlos" - und erwägt rechtliche Schritte gegen das Magazin.
Neun Jahre nach dem WM-Sommermärchen droht dem deutschen Fußball ein gewaltiger Skandal. Für den Zuschlag der Weltmeisterschaft 2006 soll nach einem unbestätigten Bericht des „Spiegels“ Geld aus einer schwarzen Kasse des Bewerbungskomitees geflossen sein. Wie das Nachrichtenmagazin online am Freitag ohne Nennung von Quellen berichtete, sollen vier entscheidende Stimmen aus dem Fifa-Exekutivkomitee gekauft worden sein.
Der DFB mit Präsident Wolfgang Niersbach an der Spitze hatte zuvor in einer Pressemitteilung Ungereimtheiten rund um eine Zahlung in Höhe von 6,7 Millionen Euro an den Weltverband eingeräumt. Es habe aber keine Anhaltspunkte gegeben, „dass Stimmen von Delegierten im Zuge des Bewerbungsverfahrens gekauft wurden.“ Präsident des WM-Organisationskomitees war damals Franz Beckenbauer, Wolfgang Niersbach fungierte als einer der Stellvertreter.
Nach „Spiegel“-Informationen soll der damalige Adidas-Chef Robert Louis-Dreyfus dem damaligen Bewerbungskomitee 13 Millionen Mark als Privatmann geliehen haben. Das Geld ist dem Bericht zufolge eingesetzt worden, um die vier Stimmen der asiatischen Vertreter im Fifa-Exko für sich zu gewinnen. Zusammen mit den europäischen Vertretern war Deutschland bei der entscheidenden Abstimmung auf 12 Stimmen gekommen. Auf Mitkonkurrent Südafrika entfielen damals 11 Stimmen. Der Neuseeländer Charles Dempsey hatte sich enthalten. Louis-Dreyfus starb im Jahr 2009. Adidas gab zunächst keine Stellungnahme ab.
Das Statement des DFB:
Louis-Dreyfus soll laut „Spiegel“ das Geld eineinhalb Jahre vor der WM zurückgefordert haben. Im April seien daraufhin 6,7 Millionen Euro vom Organisationskomitee an die Fifa gezahlt worden - angeblich für ein Kulturprogramm. Von dort sei es weiter an Louis-Dreyfus gegangen. Eine Zahlung, die der DFB einräumte und „die möglicherweise nicht dem angegebenen Zweck entsprechend verwendet wurde“, wie der DFB mitteilte.
Eingeweiht waren laut "Spiegel Online" auch der Chef des Bewerbungskomitees, Franz Beckenbauer, spätestens seit 2005 der heutige Präsident des DFB, Wolfgang Niersbach, und weitere hochrangige Fußballfunktionäre. Der "Spiegel" (gedruckte Ausgabe) erscheint am Sonnabend mit einem Titelbild, auf dem Wolfgang Niersbach und Robert Louis-Dreyfus Franz Beckenbauer einrahmen. Titelzeile: "Das zerstörte Titelmärchen".
Der DFB wies die vom "Spiegel" erhobenen Vorwürfe am Freitagabend in einer Pressemitteilung als "völlig haltlos" zurück. Es habe im Zusammenhang mit der WM 2006 keine schwarze Kasse gegeben und es seien keine Stimmen gekauft worden. "Mit aller Konsequenz hält der DFB deshalb nochmal ausdrücklich fest, dass dementsprechend weder der DFB-Präsident noch die anderen Mitglieder des Organisationskomitees in derartige Vorgänge involviert sein oder davon Kenntnis haben konnten." Der Verband behält sich nach eigener Aussage rechtliche Schritte gegen das Magazin vor.
Niersbach selbst hatte als amtierender DFB-Präsident interne Untersuchungen über Zahlungen eines Komitees in Auftrag gegeben, dem er seinerzeit als geschäftsführender Vizepräsident und Medienchef angehörte. Nach Andeutungen von Fifa-Präsident Joseph Blatter, dass bei der Wahl nicht alles mit rechten Dingen zugegangen sei, hatte Niersbach 2012 bei "Sky Sport News" von „komischen Nebelkerzen“ gesprochen und sagte: „Wir haben da sauber gearbeitet“.
Und die selben Funktionäre regen sich über Spielmanipulation und unsportliches Verhalten auf dem Platz sowie vor und in den Stadien auf!
schreibt NutzerIn terrier
Von den drei noch lebenden asiatischen Funktionäre verweigerten zwei Vertreter auf „Spiegel“-Anfrage auf eine Stellungnahme. Der Südkoreaner Chung Mong-Joon sagte, die Fragen seien es nicht wert, beantwortet zu werden. Chung wurde jüngst von der Fifa-Ethikkommission für sechs Jahre gesperrt. Chung werden Verstöße im Zusammenhang mit Südkoreas gescheiterter Bewerbung für die WM 2022 vorgeworfen.
Beckenbauers langjähriger Vertrauter Niersbach war dieser Tage von verschiedenen Seiten als möglicher Platini-Nachfolger und sogar als künftiger FIFA-Präsident ins Gespräch gebracht worden. Der ehemalige DFB-Präsident Theo Zwanziger hat derweil den kompletten Rücktritt des Exekutivkomitees der FIFA gefordert. Der skandalumwitterte Weltverband befinde sich „in der Hand der Staatsanwaltschaften und in der Hand des FBI“, sagte Zwanziger dem „Spiegel“ und betonte: „Die verbliebenen, nicht suspendierten Mitglieder des Exekutivkomitees müssen geschlossen zurücktreten.“ Dazu zählt auch Zwanzigers Nachfolger als DFB-Chef und Exekutivmitglied, Niersbach.