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Internationales Allstarteam. Die Bremerhavener Mike Moore (rechts), Jan Urbas und Miha Verlic (Mitte).
© Imago/Nordphoto

Satireserie: Die Welt ist ganz schön Scheibe, Teil 3: NHL-Scout sucht deutsche Spieler in Bremerhaven

Teil 3 unserer Eishockey-Satire: Warum die Fischtown Pinguins bald in der American Hockey-League spielen.

Es dämmert schon, als Willie Desjardins mit seinem Schiff im trüben Wetter von Bremerhaven anlegt. Die lange Fahrt aus den USA nach Europa hat an den Nerven des Trainers gezerrt. Aber der Marco Sturm hatte es so gewollt: „Das ist das Beste für Dich, Willie“, hatte er gesagt. „Da kannst Du Dir den Kopf freipusten lassen und kommst auf andere Gedanken.“ Eine Woche zuvor war Desjardins als Cheftrainer bei den Los Angeles Kings entlassen worden; Marco Sturm wurde sein Nachfolger. Der Deutsche hatte allerdings schnell einen neuen Job für seinen kanadischen Kollegen: „Willie, Du wirst unser Chefscout in good old Germany.“

Sturm hatte das neue Aufgabengebiet von Desjardins geschickt umrissen: Im olympischen Halbfinale von Pyeongchang hatte er mit dem deutschen Team schließlich Team Kanada samt Trainer Desjardins geschlagen. „Also Willie, seitdem weißt Du, dass es da gute Jungs gibt in der Deutschen Eishockey-Liga, hol sie nach L.A.!“ Dann hatte Sturm das Überseeticket hervorgezaubert. „Fang im Norden von Deutschland an, in Bremerhaven. Fahr, scoute deutsche Spieler für uns.“

Vielleicht keine so schlechte Idee, dachte sich Willie Desjardins. Wobei ihm die Sache mit Bremerhaven von Beginn an schräg vorkommt. Der Klub heißt „Fischtown Pinguins“. Heißt doch aber „Fishtown“ und „Penguins“ denkt er, das wird er denen mal sagen. Marco Sturm hat ein Treffen eingefädelt, mit Klubmanager Alfred und Trainer Thomas.

Das Schiff legt an, Desjardins wird empfangen von Alf und Thomas. „Welkomme“, rufen sie und rein geht es zur Eishalle. Smalltalk. Der Klubmanager sagt: „Es ist uns eine große Ehre, dass wir künftig mit den Kings kooperieren dürfen.“ Desjardins sagt: „Und aus als Kings-Organisation ist es eine große Ehre, dass bald deutsche Spieler aus Bremerhaven bei uns spielen werden.“ Klubmanager Alfred und Trainer Thomas schweigen. Desjardins will die Stimmung verbessern, sagt: „Thomas, wirst du nun neuer Bundestrainer? Du warst doch im Gespräch.“ Klubmanager Alfred und Trainer Thomas schweigen betreten.

Am nächsten Morgen macht sich Willie Desjardins auf in die Eishalle. Training. Auf Denglisch. Coach Thomas ruft: „Go, go, go“ und „Chip, chip, chip“ und „Chip, go, chip, go“. Nix mit Deutsch. Dabei hatte sich Willie doch vorbereitet, ein Video geschaut, in dem Frank-Walter Steinmeier der deutschen Mannschaft zum Olympia-Erfolg gratuliert. Am Ende hatte Deutschlands Kapitän Christian Ehrhoff gefragt: „Der Moritz Müller hat noch eine Frage wegen der Groko.“ Muss was Wichtiges sein, diese „Groko“. Er wird die Spieler der Bremerhavener mal fragen, denkt sich Desjardins.

"Warte mal ab, bald kommen hier zu uns auch die Zuschauer aus Nordamerika"

Nach dem Training geht er in die Kabine. Sagt: „Gute Dag.“ Und erntet Schweigen. Desjardins will das Eis brechen, sagt: „Jungs, what is mit de Groko?“ Stille, dann aber erhebt Kapitän Mike Moore das Wort, sagt: „Yes Grunge. Cool. Nirvana and that stuff. My parents told me. Are you from Seattle, grand dad?“

Willie Desjardins hat die Nase voll. Da spricht nicht einer Deutsch bei diesen Pinguinen, ein absoluter Schwindel. Er hätte es ahnen müssen, die können ja nicht mal ihren Klubnamen richtig schreiben. Im Kabinengang stellt er Trainer Thomas. Der bricht in Tränen aus: „Nein, wir haben doch keine deutschen Spieler, die letzten beiden Jungs haben wir in die zweite Liga geschickt. Und nein, ich kann doch gar nicht Bundestrainer werden. Ich habe doch seit Jahren keine deutsche Mannschaft mehr trainiert. Alles was ich hier mache, ist an der Bande zu stehen und meine Ansage-App anzustellen und da läuft dann ‚go, go, go‘ oder ‚chip, chip, chip‘.“ „Oder „Chip, go, chip, go“, ergänzt Desjardins.

Der Kanadier fragt sich, warum die dann überhaupt in der deutschen Liga spielen hier in Bremerhaven. Er stellt den Manager. „Ihr müsst doch deutsche Spieler einsetzen, so sind die Regeln in der DEL." Pause. „Wir haben gute Beziehungen zur Einbürgerungsbehörde. So umgehen wir seit Jahren die Ausländerbeschränkung in der Liga“, sagt Alfred. Und: „Warte mal ab, bald kommen hier zu uns auch die Zuschauer aus Nordamerika. Aber der Sturm hat dich echt verladen, deutsche Spieler in Bremerhaven. Dass ich nicht lache.“

Der Sturm, dieser Hund, denkt sich Desjardins. Dem werde ich es zeigen. Ich caste hier nicht einen Spieler, ich hole das ganze Team. Englisch können sie ja alle. Ein Jahr später ist es dann so weit: In der Saison 2019/2020 spielen die Fischtown Pinguins dann in der American Hockey League – als Fishtown Penguins. Und, das ist die Sensation: Im Kader steht mit Dominik Bokk sogar ein deutscher Spieler.

Weitere Teile unserer Satireserie: Teil 1: Die Wahrheit über Torsten Ankert und den Wechsel nach Wolfsburg; Teil 2: Weg mit dem Heimnachteil. Eisbären spielen nur noch auswärts! 

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