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Voll drauf: Auf Georg Grozer wird es für das deutsche Volleyball-Nationalteam bei der Olympia-Qualifikation besonders ankommen.
© Sebastian Wells/Imago

Deutschlands bester Spieler Georg Grozer: „Mit Volleyball ist eine Karriere hier nicht möglich“

Vor dem Olympia-Qualiturnier in Berlin spricht Nationalspieler Georg Grozer über die Wertschätzung für Volleyball und sein letztes Ziel mit dem deutschen Team.

Georg Grozer, 35, ist der Leistungsträger des deutschen Volleyball-Nationalteams. Der Diagonalangreifer von Zenit St. Petersburg, Spitzname „Hammerschorsch“, und seine Teamkollegen spielen von Sonntag an in Berlin um ein Olympia-Ticket.

Herr Grozer, wann konnten Sie Ihren Chevrolet Chevelle 1970 zuletzt so richtig ausfahren?
Ich bin zuletzt im Sommer damit gefahren. Wenn in Ungarn schönes Wetter ist, fahre ich damit die ganze Zeit, auch zum Einkaufen in der Stadt. Und ich habe sogar noch einen zweiten Oldtimer, der steht aber in Moers.

Wäre dann nicht der 10. Januar, der letzte Tag des Qualifikationsturniers für Olympia, wieder eine gute Gelegenheit dafür, wenn Sie eine spontane Siegerparade rund um die Max-Schmeling-Halle anführen?
Hätte ich gerne gemacht, aber das Auto ist nicht in Berlin. Das kann ich dann am 11. Januar machen, wenn ich in Moers bin und meine Kinder zurückbringe.

Sollten Sie tatsächlich eine Siegertour fahren können, hieße das, Sie wären nach 2012 zum zweiten Mal bei Olympischen Spielen dabei. Was würde Ihnen das bedeuten?
Das würde mir derzeit alles bedeuten, weil es mein letztes Jahr in der Nationalmannschaft ist. Und es ist mein großer Traum, dass ich meine Karriere beim Nationalteam bei den Olympischen Spielen in Tokio beende.

Also könnte es für die deutschen Volleyballfans die letzte Chance sein, Sie hierzulande noch einmal im Nationaltrikot zu sehen.
Ja, wenn es in Berlin schieflaufen sollte, ist das definitiv so. Da kann dann niemand mehr kommen, um mich zurückzuholen – wie es Bundestrainer Andrea Giani 2017 geschafft hat. Eigentlich wollte ich da schon aufhören.

Highflyer: Auch bei der vergangenen EM war auf Georg Grozer Verlass.
Highflyer: Auch bei der vergangenen EM war auf Georg Grozer Verlass.
© Ronald Hoogendoorn/dpa

Spätestens nach Tokio wäre für Sie aber sicher Schluss?
Ja, hundertprozentig. Ich fühle mich nicht alt, ich bin immer noch kraftvoll und mache jedes Training mit. Aber irgendwann kann man nicht mehr Nationalmannschaft und Verein mit Maximalvolumen machen. Dann muss man sich entscheiden. Und der Verein ist natürlich der Arbeitgeber. Außerdem ist es auch mal Zeit, den Staffelstab an die nächste Generation weiterzugeben.

Wie wahrscheinlich ist die Olympia-Teilnahme für das deutsche Team?
Ich muss zugeben: Das ist sehr schwer zu sagen. Von den acht Mannschaften, die dabei sind, müssten eigentlich sechs von ihrer Qualität her bei den Olympischen Spielen dabei sein. Es ist schade, dass wir um nur ein Ticket kämpfen müssen. Es ist die dritte Olympia-Qualifikation, die ich mitmache. Und es ist definitiv die schwierigste. Es wird auch von unserer mentalen Stärke abhängen. Zum Glück spielen wir in Berlin.

Also ist der Heimfaktor mitentscheidend?
Definitiv, es ist sowieso immer schön, in Berlin zu spielen. Da ist die Riesenhalle mit tollen Zuschauern, großer Show und großer Stimmung. Das pusht uns schon.

Wer sind denn die größten Konkurrenten?
Belgien, Tschechien und Frankreich sind starke Mannschaften. Serbien hat die EM gewonnen. Natürlich wird es eine wichtige Rolle spielen, dass wir gut ins Turnier starten und unser erstes Spiel gegen Tschechien gewinnen.

Sie haben gerade die gute Stimmung in Berlin angesprochen: Mit Ihrer Vereinskarriere wird es ja auf jeden Fall weitergehen. Wären die BR Volleys zum Karriereausklang in ein paar Jahren noch einmal eine mögliche Station?
Definitiv, darüber würde ich mich sehr freuen, irgendwann mal in Berlin zu spielen. Aber das braucht noch seine Zeit. Ich fühle mich noch fit und glaube, dass ich für das Niveau in Russland und Italien noch immer gut genug bin. Berlin hat eine sehr gute Mannschaft, aber natürlich nicht die finanziellen Mittel wie die russischen oder italienischen Teams.

Alle zusammen: Im Nationalteam trifft Georg Grozer auch auf die Berliner Julian Zenger (helles Trikot) und Moritz Reichert (Zweiter von rechts).
Alle zusammen: Im Nationalteam trifft Georg Grozer auch auf die Berliner Julian Zenger (helles Trikot) und Moritz Reichert (Zweiter von rechts).
© Andreas Gora/dpa

Mit Julian Zenger und Moritz Reichert spielen zwei junge Berliner Spieler im Nationalteam. Wie wichtig sind die beiden für die Mannschaft?
Sie spielen eine sehr, sehr wichtige Rolle. Wir haben ja bei der EM gesehen, was für ein Klasseniveau Julian auf der Libero-Position gezeigt hat in so jungen Jahren. Natürlich ist er noch in der Entwicklungsphase. Moritz ist schon jetzt ein schlauer und unglaublich reifer Spieler. Er wird eine Riesenrolle spielen, auch als Führungsspieler.

Achten Sie nun, da das Ende in der Nationalmannschaft naht, noch mehr darauf, vieles von ihrer Erfahrung weiterzugeben?
Ja, das versuche ich, seitdem diese junge Mannschaft vor ein paar Jahren zusammengekommen ist. Ich versuche den jungen Spielern Professionalität und Ehrgeiz näherzubringen. Dass es nicht nur wichtig ist, auf dem Spielfeld präsent zu sein, sondern auch außerhalb. Nicht nur als Mensch, sondern auch als Mannschaftskollege. Ich versuche im Team, so ein bisschen der Papa zu sein.

Um die Erfahrungen selbst zu sammeln, müssen deutsche Spieler ins Ausland gehen. Ist es ein Problem, dass die Bundesliga nicht so einen hohen Standard hat?
Sicherlich ist die Bundesliga noch nicht auf dem russischen oder italienischen Niveau. Es wäre natürlich mega, zu Hause in einer Liga zu spielen, die so stark ist. Andererseits hat es mich verdammt vorangebracht, diese Erfahrungen zu sammeln.

Inwiefern?
Das hat mich im Leben und im Sport stärker gemacht und weitergebracht. Ich habe jahrelang auf ganz hohem Niveau gespielt, aber auch schon unter nicht so schönen Umständen. Und ich habe trotzdem das Level gehalten und alleine in der Halle trainiert. Natürlich sind es die besten Erfahrungen, wenn man in Ligen spielt, wo die Herausforderung immer da ist. Die Bundesliga hat sich dahingehend aber in den letzten Jahren weiterentwickelt.

Und das kann sich bei Turnieren wie nun in Berlin als Vorteil erweisen?
Ja, weil du sonst zur Nationalmannschaft kommst und nicht vorbereitet bist. Und weil sich das Niveau in Deutschland noch nicht konstant auf diesem Top-Level bewegt, braucht es mehr Zeit, dies zu lernen.

Liegt es auch daran, dass die Wertschätzung für Volleyball in Deutschland nicht so hoch ist wie in anderen Ländern?
Das spielt auch eine Rolle. Die Förderung und die Chance, mit dem Sport Karriere zu machen, sind einfach nicht da. Man hat ja eigentlich von vornherein nicht das Gefühl, dass es möglich ist.

Sie sind deshalb ins Ausland gegangen? Sie waren als Profi in Südkorea, China, Katar und sind derzeit noch in Russland aktiv. Haben Sie dieses Nomadentum bereut?
Nein. Es ist aber auch abhängig davon, wie man über den Sport denkt. Ich habe von klein auf mein Leben dem Sport gewidmet. Ich komme ja aus Ungarn und habe schon immer sehr viel trainiert. Mein Leben bestand aus Volleyball. So bin ich nach Deutschland gekommen und habe diese Schritte gemacht – alles schön langsam. Man muss diesen Willen haben, eines Tages zu den Besten zu gehören. Ins Ausland zu gehen und von vielen Trainern zu lernen, ist ganz, ganz wichtig. Das musst du aber auch selbst wollen.

Ihr Vater Georg Grozer senior ist auch ein berühmter Volleyballer. War es schwierig, aus seinem Schatten zu treten?
Es war sehr, sehr schwierig. Es gab mit dem Namen natürlich auch Vorteile. Aber ich werde natürlich immer verglichen. Es wird Druck aufgebaut mit dem Namen. Man muss sehr gut damit umgehen können. Mittlerweile habe ich mir aber meinen eigenen Namen erarbeitet, mit meinem Stil des Volleyballs und meinen Erfolgen. Irgendwann kam der Zeitpunkt, dass der Name meines Vaters nicht mehr eine so große Last war.

Familienangelegenheit: Schon Georg Grozer senior (rechts) spielte für das deutsche Team.
Familienangelegenheit: Schon Georg Grozer senior (rechts) spielte für das deutsche Team.
© Stefan Kiefer/dpa

Diese Last haben nicht nur Sie. Ihre Schwester Dora ist Volleyball-Nationalspielerin, ihr Bruder Tim spielt in der Bundesliga bei Rottenburg. Wie läuft ein Tag ab, wenn Sie alle zusammenkommen?
Natürlich ist Volleyball ein Gesprächsthema. Wir reden darüber, wie es läuft. Aber wir sagen nicht: „Ey, du sollst den Aufschlag am besten so und so machen.“ Wir genießen dann eher, dass wir zusammen sind, weil wir uns nicht so oft sehen.

Wird Ihre Familie in Berlin dabei sein?
Meine zwei Kinder sind da, die sind meine größte Unterstützung. Meine große Tochter spielt auch Volleyball, meine kleine zumindest schon in der Schule.

Sind Sie denn vor dem Turnier noch aufgeregt – zumal es Ihr letztes sein könnte?
Ich bin ein sehr nervöser Mensch vor dem Spiel, das habe ich auch mit 35 Jahren noch nicht geschafft wegzukriegen (lacht). Aber vielleicht ist genau das die Kraft, die mich motiviert. Das muss man lernen: Diese Nervosität vor dem Spiel umzubauen in positive Energie.

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