zum Hauptinhalt
Sportliche Erfahrung oder nordisches Temperament: Joel Pohjanpalo geht ziemlich nüchtern mit der Situation um.
© imago images/Matthias Koch

Joel Pohjanpalo beim 1. FC Union: Mit Schrauben und Toren zurück in die Startelf

Vor einer Woche gab der Finne nach zweimonatiger Verletzungspause sein Comeback. Besonders Trainer Urs Fischer freut sich über die neuen Alternativen im Sturm.

Fußball kann ganz schön kompliziert sein. Als Trainer muss man bei der Aufstellung viele Aspekte bedenken: In welchem System fühlt sich die Mannschaft wohl, wer ist in Form, wer braucht vielleicht mal eine Pause und wie wird der Gegner spielen? Oder man betrachtet die Sache so einleuchtend und simpel wie Joel Pohjanpalo vom 1. FC Union. „Als Stürmer ist es ganz einfach: Wer Tore schießt, der spielt“, sagt der 26 Jahre alte Finne.

Vor einer Woche hat Pohjanpalo nach zweieinhalb Monaten Verletzungspause sein Comeback gegeben. Inklusive Nachspielzeit stand er beim 1:1 gegen Borussia Mönchengladbach knapp 20 Minuten auf dem Platz, seinen Torriecher konnte er mangels brauchbarer Zuspiele nicht unter Beweis stellen. Und so wird für ihn im Auswärtsspiel am Samstag (15.30 Uhr, live bei Sky) bei Mainz 05 erst mal die Jokerrolle bleiben.

Dass er überhaupt schon wieder mitwirken konnte, ist bereits eine sehr gute Nachricht für ihn und seinen Verein. Denn im November zog er sich im Länderspiel gegen Bulgarien eine Sprunggelenksfraktur zu. In einer Medienrunde am Dienstag spricht er offen über seine Verletzung. Mit zwei Fingern zeigt er die Länge der zwei Schrauben an, die den Knöchel seit der Operation fixieren. „Sieben, siebeneinhalb Zentimeter“, sagt er. Probleme habe er nicht mehr und nach der Europameisterschaft im Sommer werde dann entschieden, ob die Schrauben wieder entfernt werden. Schon 2018 hatte er große Probleme mit dem Sprunggelenk, fehlte Bayer Leverkusen mehr als ein Jahr und stand sogar kurz vor der Sportinvalidität.

Vielleicht ist es diese Erfahrung, vielleicht auch sein nordisches Temperament, jedenfalls geht Pohjanpalo ziemlich nüchtern mit der Situation um. „Einfach Pech“, sagt er zur Anfälligkeit seines Knöchels – und seine Verletzungshistorie hat ihn sogar zu einer zukunftsfähigen Nebenbeschäftigung animiert. Zusammen mit dem finnischen Torwart Jesse Joronen von Brescia Calcio und seinem persönlichen Trainer hat er vor anderthalb Jahren ein Reha-Zentrum in Helsinki gegründet.

Neue Konkurrenzsituation bei Union

Momentan liegt der Fokus aber noch auf dem Profifußball und dem Konkurrenzkampf bei Union. In der Wintertransferperiode hat der Tabellenachte der Bundesliga mit Leon Dajaku und Petar Musa zwei Angreifer ausgeliehen. „Gerade im Sturm waren wir fast unterbesetzt“, sagt Trainer Urs Fischer zu den vergangenen Wochen, als Pohjanpalo, Anthony Ujah und Max Kruse verletzt fehlten und mit Taiwo Awoniyi nur noch ein echter Mittelstürmer zur Verfügung stand. „Taiwo hat es gut gemacht“, sagt Pohjanpalo. „Jetzt muss ich zeigen, dass ich Tore schießen und Spiele entscheiden kann.“

Fischer freut sich über die neue Konkurrenzsituation. Zwar braucht Kruse nach seiner schweren Muskelverletzung noch etwas Zeit, Ujah wurde am Mittwoch am Knie operiert und Sheraldo Becker fällt mit einer Entzündung aus – mit Awoniyi, Pohjanpalo und Musa hat der Schweizer Trainer dennoch drei nominelle Mittelstürmer zur Wahl. „Es ist wichtig, wenn du von der Bank reagieren kannst. Das macht uns variabler“, sagt Fischer. Zumal Dajaku und Cedric Teuchert in der Offensive flexibel einsetzbar sind und die Optionen weiter erhöhen.

[Mehr guten Sport aus lokaler Sicht finden Sie – wie auch Politik und Kultur – in unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken. Hier kostenlos zu bestellen: leute.tagesspiegel.de]

Gegen Mainz deutet vieles erneut auf die Aufstellung mit Teuchert und dem zuletzt überspielt wirkenden Awoniyi hin. Der 22 Jahre alte Kroate Musa hat nach seinem Wechsel von Slavia Prag erst wenige Trainingseinheiten mit der Mannschaft absolviert und befand sich anfangs in Arbeitsquarantäne. Seine Unterkunft durfte er nur für das Training verlassen, auf dem Rasen konnte er allerdings mit der Mannschaft trainieren. „Er benötigt noch Zeit, um sich an unsere Mechanismen und an seine Mitspieler zu gewöhnen“, sagt Fischer.

Auch für Pohjanpalo kommt ein Startelfeinsatz wohl noch zu früh. Nach so langer Pause müsse man sehr vorsichtig sein, bremst der Trainer. „Mit dieser Trainingswoche hat er einen Schritt gemacht, und ich denke, dass er für mehr Minuten zur Verfügung stehen wird.“ Auch wenn Pohjanpalo gerne bald wieder von Beginn an spielen würde, ist es statistisch vorteilhaft, wenn er von der Bank kommt. Für sein erstes Tor im Trikot des 1. FC Union brauchte der Finne im vergangenen Oktober nach seiner Einwechslung gerade einmal 35 Sekunden. Gegner damals: Mainz 05.

Zur Startseite