zum Hauptinhalt
Oh, wie schön ist Monaco. Das Fürstentum an der Côte d’Azur lockt Gutverdiener aus aller Welt mit niedrigen Steuersätzen.
© Imago/Crash Media

"Panama Papers": Mit diesen Steuertricks sparen Sportstars Millionen

Im Zusammenhang mit den "Panama Papers" wird deutlich: Bei der Besteuerung von Spitzensportlern ist der Fiskus überfordert – Agenturen beraten Profis dabei, das zu ihrem Vorteil zu nutzen.

Von

Sie werden ständig bejubelt, verdienen Millionen und stehen immer im Rampenlicht – deshalb müssen sich die Superstars im Fußball, in der Formel 1 oder im Tennis oft einen gemeinen Vorwurf gefallen lassen. Abgehoben seien sie, vollkommen entfernt von ihren Fans. Doch durch die „Panama Papers“ wird dies nun in gewisser Weise widerlegt. Die Superstars des Sports sind mindestens in einem Punkt genauso normal wie ihre Fans: Wenn es um Steuern geht, wollen sie auch so wenig wie möglich zahlen.

Dass nun die Namen von Weltfußballer Lionel Messi und Formel-1-Vizeweltmeister Nico Rosberg in Verbindung mit Briefkastenfirmen auftauchen, überrascht Steuerexperten gar nicht. „Der Fiskus tut sich mit Spitzensportlern schwer. Denn da wird am großen Rad gedreht“, sagt Thomas Eigenthaler, der Bundesvorsitzende der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. Und Sebastian Schanz, Professor für Steuerlehre an der Universität Bayreuth, betont: „Bei Spitzensportlern, die weltweit Einnahmen haben, ist die Besteuerung hoch komplex. Für das Finanzamt ist es meist undurchschaubar.“ Das ermöglicht wohlhabenden Sportlern aus Eigenthalers Sicht vor allem eines: „Je unübersichtlicher die Einnahmestrukturen, desto einfacher ist es für sie, unehrlich zu sein.“

In Steuerfragen gibt es bei deutschen Spitzensportlern vor allem vier große Punkte. Einmal geht es darum, wie sie ihre Einnahmen generieren. Sind sie festangestellte Arbeitnehmer, wie zum Beispiel Fußballspieler in der Bundesliga? In diesem Fall müssen sie normal Lohnsteuer zahlen. Allerdings könnte bei Verträgen wie dem von Mercedes mit Rosberg nach Experteneinschätzung auch ein gut ausgetüfteltes Steuersparsystem dahinterstehen, wie es etwa Großkonzerne wie Google oder Starbucks mit Tochterfirmen in zahlreichen Ländern praktizieren.

Bei der zweiten Gruppe der Sportler handelt es sich um Selbstständige, wie etwa die Tennisspieler, die während des gesamten Jahres durch die Welt touren. In solchen Fällen versucht man, ausländische Gesellschaften zu gründen, um im Ausland erwirtschaftete Einkünfte so niedrig wie möglich zu versteuern. Zudem hat Deutschland mit ungefähr 90 Ländern ein Doppelbesteuerungsabkommen, damit etwa ein Golfspieler, der in den USA ein Turnier gewinnt, nicht dort und in Deutschland Steuern auf das Preisgeld bezahlen muss.

Für viele Topverdiener sind Länder wie Österreich, die Schweiz oder Monaco allein wegen der niedrigen Steuersätze interessant

Ebenfalls wichtig ist der Wohnort. Man muss dort versteuern, wo man seinen Lebensmittelpunkt hat. Für viele Topverdiener unter den Athleten sind Länder wie Österreich, die Schweiz oder Monaco allein wegen der niedrigen Steuersätze interessant. Rennfahrer Ralf Schumacher zog nach Österreich, weil er mit dem dortigen Finanzminister seinen Steuersatz persönlich verhandeln konnte. Michael Schumacher, Sebastian Vettel oder der ehemalige Radprofi Jan Ullrich zogen in die Schweiz, weil es dort eine Sondersteuer für Ausländer gibt. Nach dem deutschen Steuerrecht muss man dort aber mindestens 183 Tage im Jahr verbringen und zum Beispiel in keinen Vereinen in Deutschland mehr angemeldet sein.

Der vierte Punkt – und der ist für Fußballspieler besonders interessant – sind die Nebeneinnahmen. Da geht es um Bild- und Namensrechte, die meist über eigene Gesellschaften vermarktet werden. „Da können die Sportler gar nicht wissen, was bezüglich der Steuern alles im Hintergrund zu beachten ist“, sagt Schanz. „Das ist viel zu kompliziert.“ Darum gibt es einige Firmen, die speziell Vermögens- und Steuerberatung für Spitzenathleten anbieten. Etwa PricewaterhouseCoopers, die ihre Sportberatungssparte auf der eigenen Internetseite damit bewirbt, dass deren Experten dabei „helfen, die Steuerbelastung zu reduzieren, aber Steuerhinterziehung sicher zu vermeiden“.

Auch die Firma ETL-Profisport, deren Hauptsitze in Köln, Essen und Berlin sind, berät Athleten weltweit in Steuerfragen. Zu den Mandanten gehören unter anderem Fußball-Nationalspieler Lukas Podolski und zahlreiche Profis von Hertha BSC. Und so betont Dietrich Loll, Anwalt bei ETL-Profisport, zunächst: „Ich bin verpflichtet, auf Basis der Gesetze das Optimum für den Mandanten herauszuholen. Es muss aber legal sein.“

Ein Umweg über ausländische Firmen käme laut Loll nur für die absoluten Stars infrage. „Das lohnt sich nicht bei einem Verdienst von 500 000 Euro, da muss man schon mehrere Millionen Euro im Jahr verdienen“, sagt er. „Man muss umfangreiche Strukturen aufbauen, man braucht in vielen Ländern steuerliche Berater und Rechtsanwälte, auch die gegründeten Gesellschaften selbst sind mit einem hohen Kostenaufwand verbunden.“ Weit verzweigte Offshore-Firmenkonstrukte hätten für reiche Sportler aber einen Vorteil, betont Eigenthaler: „Man kann viel am Fiskus vorbeischieben.“

Loll bezeichnet auch die Handgelder im Fußball, die Spielern meist bei einer Vertragsunterschrift vom Klub gezahlt werden, als Graubereich. „Hier würden wir nicht zu einer Abwicklung über ausländische Gesellschaften raten, da es sich um verdeckte Gehaltszahlungen handeln könnte“, sagt der Anwalt.

Dass Profifußballer in Deutschland jedoch vor allem beim Handgeld und bei den Werbeeinnahmen dem Fiskus einiges vorenthalten, ergab etwa eine Stichprobe des Landesrechnungshofes Niedersachsen bei 60 fußballspielenden Großverdienern. Demnach war im Jahr 2013 fast jede dritte Steuerklärung von Bundesligaprofis unvollständig. Wer sich also unter den Spitzensportlern keine Panama-Connection wie Messi leisten kann, versucht mit weniger Aufwand Steuern zu sparen – genauso wie viele Fans.

Zur Startseite