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Nico Rosberg
© dpa

Panama Papers: Mercedes und Nico Rosberg: So (be-)steuert man in der Formel 1

In den brisanten Steuer-Unterlagen tauchen auch Mercedes und Nico Rosberg auf. Ein Fehlverhalten des Formel-1-Piloten liege allerdings nicht vor, erklärte sein Anwalt.

Inmitten der Panama-Papiere tauchen zwei in Deutschland wohlbekannte Namen auf: Mercedes und Nico Rosberg. Zwar ist derzeit nicht bekannt, ob damit tatsächlich in irgendeiner Weise illegale Handlungen verbunden sind. Dennoch ruft der Vorgang vor allem in Deutschland großes Interesse hervor. Vor allem, weil gerade hier mit dem Namen Mercedes ein sauberes Image, extrem korrektes Handeln und die Einhaltung aller Compliance-Regeln verbunden sind. Darauf legt der Daimler-Konzern auch öffentlich immer sehr großen Wert. Nun muss er sich fragen, ob er in Zukunft auch der Formel-1-Mannschaft deutlichere Vorgaben machen muss.

Am Abend meldete Rosbergs Anwalt Christian Schertz und dementierte Berichte über den Besitz einer Briefkastenfirma in Panama. Vielmehr sei eine Briefkastenfirma auf den Britischen Jungferninseln eingerichtet worden. "Der alleinige Grund hierfür waren haftungsrechtliche Fragen und die Möglichkeit, international zu agieren. Mit steuerrechtlichen Fragen hat diese Einrichtung nichts zu tun", heißt es in der Mitteilung. Rosberg habe sich „steuerrechtlich in jeder Hinsicht korrekt verhalten“. Sämtliche Vergütungen des Formel-1-Teams Mercedes seien "direkt nach Monaco bezahlt" worden. Daher gebe es für ein Fehlverhalten Rosbergs keinen Raum, versicherte sein Anwalt.

Dennoch die Formel 1 ist eine ganz eigene Welt. Sie ist mindestens so sehr großes Geschäft wie Sport. Wobei das Business aber nach ganz eigenen Regeln abläuft, die nicht immer unbedingt mit denen des ganz normalen Wirtschaftslebens identisch sind. Das ist auch eine Erkenntnis für große Automobilkonzerne, die sich in diesem Zirkus engagieren. Ein Formel-1-Team, das ganz normal vollständig in einen Konzern und dessen Strukturen und Abläufe eingebunden ist, wird in der schnelllebigen Formel 1 kaum erfolgreich sein können. Hier sind kurze, schnelle Entscheidungswege, eine gewisse Schlitzohrigkeit und das absolute  Ausreizen aller Grenzbereiche, ob technisch, sportlich oder wirtschaftlich erforderlich. Das beste Beispiel dafür ist Toyota: Von 2002 bis 2009 war der Konzern in der Formel 1 dabei, gab dafür fast eine Milliarde Euro aus und fuhr dennoch meist hinterher. Weil eben vieles zu schwerfällig und zu langsam funktionierte, dadurch, dass die komplette Kontrolle über alles stets nicht nur bei der Konzernspitze, sondern im Detail auch bei den dortigen Abteilungsleitern in Japan lag.

Kein Wunder also, dass Mercedes auf dem Weg zum Erfolg anders vorging. Man kaufte Ende 2009  dem Formel-1-Erfolgssmenschen Ross Brawn, der schon Michael Schumacher bei Ferrari zu fünf WM-Titeln geführt hatte, sein damaliges Weltmeisterteam ab. Das war zuvor schon durch einige Hände gegangen, unter anderem durch die von Honda.

Rosberg ist quasi ein echter Monegasse, er wuchs in Monaco auf

Im Laufe der Zeit bekam das Mercedes-Team immer mehr Unabhängigkeit vom Mutterkonzern, spätestens seit dem Einstieg von Sportchef Toto Wolff und Niki Lauda, die zusammen 40 Prozent der Anteile halten. Man kann dort in vielen Bereichen eigenständig entscheiden, ohne ständig in Stuttgart rückfragen zu müssen. Sowohl Motoren- als auch Chassis-Herstellung finden ja sowieso  komplett in  England statt, wo das Team seinen Sitz hat. Dass dann bei Siegen trotzdem die deutsche Hymne gespielt wird, liegt daran, dass man unter deutscher Bewerberlizenz antritt, der Teamsitz ist unerheblich. Kein Einzelfall übrigens: bei Red Bull läuft das genauso, der Teamsitz ist in England, aber durch Red Bull-Chef Dietrich Mateschitz fährt es unter österreichische Lizenz. Der Erfolg gibt dem Mercedes-System zunächst einmal Recht. Auch wenn es gerade zu Beginn schon bei einzelnen Vorfällen, wie etwa der Nutzung von Dienstwägen durch bei der Konkurrenz angestellte Ehegattinen, schon die Frage nach „Compliance“-Richtlinien aufkam.

Nicht nur für die Teams, auch für die Fahrer und ihre Verträge gelten eigene Regeln. So muss ein Pilot, um überhaupt einen Fahrerplatz zu bekommen, meist Sponsorengeld mitbringen. Dabei ist es gang und gäbe, dass das nicht schriftlich festgehalten wird, sondern nur per Handschlag vereinbart wird. Geht das schief, kann das Team freilich der Dumme sein – man frage nach bei Sauber, als dort im Herbst 2014 der Schwiegervater des Piloten Giedo van der Garde plötzlich nicht mehr zahlen wollte.

Grundsätzlich ist die Mehrzahl der Formel-1-Piloten seit Jahrzehnten in Steueroasen wie Monaco, der Schweiz (etwa Michael Schumacher und Sebastian Vettel) oder Dubai gemeldet. Dieses Modell stellt im internationalen Spitzensport keine Ausnahme dar. Fast alle gutverdienenden Individualsportler, auch Radstars oder Tennisspieler, machen das so - und versuchen wahrscheinlich alle, ihre Steuerlast auch dort noch zu optimieren. Es ist jedenfalls unwahrscheinlich, dass die Grundstruktur des Vertragswerkes zwischen Mercedes und Rosbergs Monaco-Nachbarn und Teamkollegen Lewis Hamilton wesentlich anders aussieht. Rosberg kann immerhin noch eine Art Heimvorteil für sich geltend machen. Im Gegensatz zu all den anderen Steuer-Monegassen ist der WM-Führende praktisch ein echter. Er wurde zwar in Wiesbaden geboren, wuchs aber seit seinem zweiten Lebensjahr in Monaco auf, weil sein Vater, der ehemalige Formel-1-Weltmeister Keke Rosberg, einst selbst aus Steuergründen dort hinzog. Für den deutschen Fiskus war Nico Rosberg damit  im Grunde schon als Kleinkind verloren.

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