Nach Sieg von Nico Rosberg: Formel 1: Wie überlegen ist Mercedes wirklich?
Nico Rosberg dominierte das Rennen in Bahrain. Offensichtlich, ohne jemals als Limit gehen zu müssen. Kann Ferrari im WM-Kampf wirklich mit den Mercedes mithalten?
„Wir haben uns heute ein bisschen Zeit gelassen“, scherzte Nico Rosberg nach seinem zweiten souveränen Saisonsieg. Und wenn die Aussage sich auch eigentlich auf zwei für Mercedes-Verhältnisse relativ langsame Boxenstopps bezog – sie passte auch bestens auf das Gesamtbild des Rennens. So überlegen war der deutsche Formel-1-Pilot mit seinem Silberpfeil in Bahrain, dass er nie wirklich attackieren musste. Selbst optisch war das zu erkennen: „Das sah so locker aus, überhaupt nicht im Grenzbereich“, formulierte es ein Fotograf, der an der Strecke stand. „Der rollt da rum wie ein Omnibus.“
Eines ist sicher: Rosberg selbst fährt mit dem wieder dominanten Mercedes zu Saisonbeginn 2016 auf konstant sehr hohem Niveau. Er ist gegenüber 2015 noch einmal stabiler geworden. Sein Teamkollege Lewis Hamilton ist dabei nicht unbedingt schwächer. Aber die Kleinigkeiten, die in der Vergangenheit gern bei dem Deutschen schiefgingen, und die sich dann zur Chancenlosigkeit gegenüber Hamilton addierten, treffen im Moment eher den Weltmeister. Dass der Brite in Bahrain schlecht vom Start weg kam, lag nicht an der Technik, obwohl die Starts nicht unbedingt die große Stärke von Mercedes sind. Der Hintergrund war wohl eher banal: Der Brite hatte genau in dem Moment, in dem die roten Lichter der Startampel ausgingen, nicht nach oben, sondern auf sein Lenkrad-Display geschaut. Und dass ihm dann der Williams-Pilot Valtteri Bottas mit einer etwas über optimistischen Aktion ins Auto fuhr und dabei den Unterboden des Mercedes beschädigte, fiel schlicht in die Kategorie Pech. Lewis war dem Finnen nicht einmal sonderlich böse: „Ein Rennunfall, so was kommt vor. Kein großes Thema.“
Aber so war der einzige ernsthafte Gegner für Rosberg auch schon nach der ersten Kurve weg. „Der Schaden hat viel Abtrieb und damit 0,8 bis 1,5 Sekunden pro Runde gekostet“, analysierte Hamilton, der Rosberg nach dem Rennen fair gratulierte. „Ich mache mir aber über Nicos Vorsprung keine Sorgen. Ich weiß, was ich mit diesem Auto kann, ich stand zweimal auf der Poleposition, ich hatte nur bisher in diesem Jahr kein einziges normales Rennen. Aber das wird sich auch wieder ändern.“ Drei WM-Titel, davon zwei in den letzten beiden Jahren im direkten Duell mit Rosberg errungen, geben Hamilton offenbar eine Menge Sicherheit. Darauf, dass er wie früher in schwierigen Momenten nervös wird und dann auch Fehler macht, darf sich Rosberg im WM-Kampf sicher nicht verlassen.
Muss er aber auch gar nicht, wenn er so konsequent jeden kleinen Vorteil nutzt, wie er es im Moment tut. Saisonübergreifend hat er jetzt fünf Rennen in Serie gewonnen – auch wenn er das selbst gar nicht so sieht. „Nein, so zähle ich nicht. Es sind nur zwei, die in dieser Saison. Was letztes Jahr war, das ist völlig egal.“ Er lebe nur in der Gegenwart, „und deshalb denke ich auch immer nur bis zum nächsten Rennen, Schritt für Schritt“. Der WM-Kampf? „Überhaupt noch kein Thema – wie gesagt: den Moment genießen!“
Schon jetzt deutet aber vieles darauf hin, dass die WM 2016 wieder ein Kampf zwischen den Mercedes-Piloten werden wird. Die Zeichen für Ferrari stehen nicht gut. Nicht nur, weil das Auto von Sebastian Vettel schon in der Aufwärmrunde ein äußerst unerwünschtes Rauchzeichen gab. Der viermalige Weltmeister strandete schon vor dem Start mit einem Motorschaden. Das ganze Wochenende hatte man im Fahrerlager gemunkelt, dass die Roten wohl Probleme mit der Zuverlässigkeit bei Motoren und Turboladern hätten, wenn sie versuchten, die volle Leistung abzurufen. Ferrari hatte das stets in die Ecke böswilliger Unterstellungen verwiesen.
Um näher an Mercedes heran zu kommen, musste Ferrari den Winter über in der Entwicklung mit hohem Risiko arbeiten. Etwa beim Chassis, das im Heckbereich sehr eng konzipiert ist, was die Überhitzungsgefahr erhöht. Und auch beim Motor selbst. Wenn alles funktioniert, soll das Triebwerk gegenüber dem des Vorjahres 0,8 Sekunden pro Runde bringen. Aber die Gefahr, dass etwas nicht funktioniert, ist eben auch sehr hoch. Im Qualifying von Bahrain hatte man wohl erstmals das Maximum ausgereizt – war es ein Zufall, dass der Schaden dann schon nach wenige Kilometern mehr Laufleistung auftrat?
Aber selbst wenn der Ferrari perfekt laufen würde, ist immer noch die Frage, ob das reichen würde, Mercedes wirklich ernsthaft zu gefährden. Ferrari-Teamchef Maurizio Arrivabene wollte zwar seinen Zuhörern und sich selbst glaubhaft machen, dass Kimi Räikkönen mit einem besseren Start – er war mit dem Finger vom Kupplungshebel abgerutscht – das Rennen gewonnen statt auf dem zweiten Platz beendet hätte. Aber Nico Rosberg grinste nur, als er davon hörte. „Ich hatte das Rennen immer Kontrolle – und bin dabei nicht eine einzige Runde voll gefahren.“ Das ist keine gute Nachricht für die Konkurrenz.