Rückrundenstart in Freiburg: Mentalitätstest für Hertha BSC
Das erste Rückrundenspiel beim SC Freiburg könnte für Hertha richtungsweisend sein. Trainer Pal Dardai fordert mehr Aggressivität.
John Anthony Brooks hat sich in dieser Woche als gelehriger Schüler erwiesen. Er hat das große Thema, das sein Chef vorgegeben hatte, offensichtlich instinktiv erfasst. Es war zu Beginn der Trainingswoche, als Maximilian Mittelstädt seinen Gegenspieler Florian Kohls vorsätzlich zu Boden grätschte. Ein böses Foul, wenn auch ohne schlimmere Folgen. „Gut, Maxi!“, rief Brooks über den Schenckendorffplatz, „gut so!“ Nett war früher, jetzt macht Hertha BSC auf böse – so wie sich Trainer Pal Dardai das nach der Niederlage gegen Bayer Leverkusen vor einer Woche gewünscht hat.
Frisch gestählt also will Berlins Bundesligist am Sonntag im Auswärtsspiel beim SC Freiburg (15.30/live bei Sky) auftreten. Mit der festen Absicht, beim Tabellenneunten „etwas mitzunehmen, wenn’s geht drei Punkte“, wie es Dardai sagt. Denn mit diesem Spiel startet nun auch offiziell die Rückrunde, und die soll doch bitteschön anders, und damit besser verlaufen als die der vorigen Saison (18 Punkte). Bereits zu Weihnachten hatte Dardai das Ziel ausgegeben, auch in der Rückrunde 30 Punkte holen zu wollen. So wird gleich das erste Rückrundenspiel auch ein Mentalitätstest für die Berliner.
Trainer haben verschiedene Mittel und Wege, ihre Mannschaften in eine bestimmte Richtung zu schieben. Sie können flammende Reden halten; sie können aber auch durch geschickte Trainingsgestaltung eine gewisse Wirkung erzielen, ihre Dosis gewissermaßen subkutan verabreichen. So war es in dieser Woche bei Hertha BSC. Pal Dardai hatte schon unmittelbar nach dem Schlusspfiff in Leverkusen gesagt, er wisse jetzt, woran er in der kommenden Woche zu arbeiten habe.
Tatsächlich war zu erkennen, was er vorhatte. Seine Mannschaft sollte möglichst perfekt auf das vorbereitet sein, was sie an diesem Sonntag in Freiburg erwartet. Dardai verknappte also den Platz und erhöhte damit die Wahrscheinlichkeit von Zweikämpfen, ließ Ball und Gegner jagen, die Abwehrspieler nach vorne verteidigen.
„Freiburg ist eine sehr fleißige Mannschaft, die gut organisiert ist“, sagte Dardai. Der Ungar erkennt hierin durchaus Parallelen zum Spiel seiner Mannschaft. Vielleicht sei die Mannschaft von Trainer Christian Streich im Konterspiel noch etwas schneller und griffiger als die eigene. Zudem löse der SC Freiburg die Aufgaben meist im Kollektiv – defensiv wie offensiv. Auch deshalb verlangt Dardai von seinen Spielern am Sonntag ein hohe körperliche Bereitschaft, Willen und Wachheit. „Wir werden diesen Gegner nicht unterschätzen, aber wir sind auch gut vorbereitet“, sagte Dardai.
Das Hinspiel hatte den Weg vorgegeben
Der Freiburger Trainer Streich hat seine Spieler derweil noch einmal eindringlich auf die Spielweise der Berliner hingewiesen. Hertha sei eine rationale, abgezockte und kompakte Mannschaft. „Sie interessieren sich für nichts so sehr, wie für das Ergebnis und wollen hier 1:0 gewinnen, egal wie“, sagte der 51-Jährige und wagte dann noch einen kleinen Ausflug in die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Die Freiburger haben im eigenen Stadion zuletzt im Mai 2001 gegen Hertha gewonnen. Gerade das mache ihn, Streich, optimistisch, denn die Wahrscheinlichkeit sei „relativ hoch, dass wir jetzt wieder gewinnen“.
Genau das aber wollen die Berliner verhindern. Zu gut können die Herthaner sich noch an das Hinspiel gegen Freiburg zum Saisonauftakt in Berlin erinnern. Julian Schieber erzielte in der sechsten Minute der Nachspielzeit den Siegtreffer, nachdem Sportclub kurz zuvor der Ausgleich gelungen war. Dieser Auftaktsieg gilt als Initialzündung einer starken Hinserie, in der Hertha mit 30 Punkten auf Platz drei in die Winterpause ging.
Die Niederlage zum Jahresauftakt vor einer Woche in Leverkusen sei gut verarbeitet, sagt Dardai. Die Schlüsse seien gezogen und das Training darauf ausgerichtet worden. Es sei nicht leicht, aus dem Stand sofort wieder seinen Rhythmus zu finden, sagt Michael Preetz. Herthas Manager habe in Leverkusen gute Ansätze gesehen, aber eben auch noch „Luft nach oben“ ausfindig gemacht.
Von der Mannschaft erwarte er vor allem in der Offensive eine Steigerung. „Defensiv war das über weite Strecken okay. Wir müssen die eine oder andere Chance mehr kreieren und zum Torabschluss kommen“, sagt Preetz. Auch dabei kann es nicht schaden, weniger freundlich zu sein, als zuletzt.