Protest gegen neue Tagebaue: Menschenkette von Brandenburg nach Polen
Grenzüberschreitender Protest gegen den Abbau von Braunkohle: Eine Menschenkette von der Lausitz bis nach Polen machte am Sonnabend auf zwei Orte aufmerksam, die von der Abbaggerung bedroht sind.
Es wurde ein spektakuläres Zeichen: eine Menschenkette von Brandenburg bis nach Polen. Am Sonnabend verband sie zwei Orte, die von Abbaggerung bedroht sind - falls die Pläne von Energiekonzernen für neue Braunkohle-Gruben in der Grenzregion Realität werden. Die Botschaft der von Umweltgruppen organisierten Protestaktion ist klar: Die Braunkohle soll unter der Erde bleiben. Und: Die Folgen des schmutzigen Energieträgers gehen alle etwas an - grenzüberschreitend.
Es kamen etwa 7500 Teilnehmer, wie Mitorganisator Thomas Burchardt mitteilte. Auch Anton Hofreiter, Fraktionschef der Grünen im Bundestag, und Parteichefin Simone Peter demonstrierten mit. Die Kette erstreckte sich über acht Kilometer und verband den brandenburgischen Ort Kerkwitz und das polnische Grabice.
Am Energieträger Braunkohle wird in der Lausitz als zweitgrößtem Braunkohlerevier Deutschlands indes weiter festgehalten - trotz Energiewende. Die Chancen stehen gut, dass in einigen Jahren neue Felder erschlossen werden, unter denen noch viele Millionen Tonnen des Rohstoffs liegen. Erst im Juni hatte die rot-rote Landesregierung in Brandenburg unter großen Protesten beschlossen, dass es energiepolitisch notwendig ist, den Tagebau Welzow-Süd südlich von Cottbus zu erweitern. 200 Millionen Tonnen Braunkohle will der schwedische Energiekonzern Vattenfall dort ab etwa 2026 zusätzlich fördern.
Dritter Ausbau nördlich von Cottbus möglich
Eine Argumentation der politischen Entscheider lautete: Braunkohle ist eine wichtige Brückentechnologie hin zu erneuerbaren Energien - und sie sichert viele Arbeitsplätze. Ähnlich sieht es im sächsischen Teil der Lausitz aus: Das Innenministerium in Dresden genehmigte vor Monaten den Ausbau der Grube Nochten.
Für hunderte Bewohner an den beiden Standorten bedeutet das in letzter Konsequenz die Umsiedlung. Und ein dritter Ausbau könnte in vielen Jahren nördlich von Cottbus kommen: Im Tagebau Jänschwalde. Dazu läuft noch ein Planverfahren bei der Gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg. Vattenfall arbeitet nach eigenen Angaben derzeit an Gutachten für das Verfahren, die schrittweise eingereicht werden sollen. Letztlich muss die Landesregierung entscheiden. Sollte der Ausbau kommen, müssten die Orte Grabko, Atterwasch und Kerkwitz abgebaggert werden. Damit würden von insgesamt fünf Tagebauen, die Vattenfall in der Lausitz derzeit betreibt, drei erweitert werden.
Wie ist die Lage in Polen? Der Ausbau der Braunkohleförderung im Raum Gubin/Brody im Grenzgebiet zu Deutschland ist Teil der polnischen Energiestrategie bis 2030. „Wir wissen, dass bis zu 3000 Hektar Waldgebiet zerstört werden“, kritisierte Katarzyna Guzek von Greenpeace Polen die Pläne des Konzerns PGE. Nach Befürchtungen der Umweltschützer könnten bis zu 15 Dörfer dem Tagebau zum Opfer fallen. Bei PGE ist von 2000 neuen Arbeitsplätzen im Tagebau die Rede.
Greenpeace-Anhänger besetzen Parteizentrale der Linken
Die Menschenkette reiht sich ein in eine Serie spektakulärer Aktionen von Braunkohlegegnern. Als es um Welzow-Süd ging, besetzten Anhänger der Umweltorganisation Greenpeace die Parteizentrale der Linken in Berlin. Sie wollten Druck aufbauen, damit die Linken-Minister in Brandenburg gegen den Ausbau stimmen - vergeblich. Am Dienstag kletterten Greenpeace-Aktivisten auf das Berliner Rathaus, um gegen die Erweiterung von Welzow-Süd zu protestieren. Sie kippten Kohleschlamm auf die Rathaustreppe.
Eine Woche vor der Menschenkette startete bereits in Kerkwitz bei Guben ein Klimacamp, das noch bis Sonntag dauert. Ziel ist es, über Folgen des Braunkohle-Abbaus zu informieren und Alternativen für die Lausitz aufzuzeigen. Die Menschenkette wurde unter anderem von Bürgerinitiativen und Umweltgruppen organisiert. Mitinitiator Thomas Burchardt will mit der Aktion vor allem eines deutlich machen: „Wir müssen als Industrieland zeigen, dass Stromerzeugung auch ohne Rohstoffverbrauch geht.“ (dpa)