Debüt von Mick Schumacher in der Formel 1: „Mein Papa ist mein Idol“ – ein großer Name als Motivation
Vor seinem ersten Formel-1-Start gibt sich Mick Schumacher souverän und reif. Sportlich dürfte es aber ein schwieriges Jahr werden für den prominenten Neuling.
Als Sohn einer Legende seine eigene Formel-1-Karriere zu starten, ist nicht leicht. Das Vorbild des siebenmaligen Weltmeisters Michael Schumacher kann schnell als Last empfunden werden, erst recht, wenn damit eine unrealistischen Erwartungshaltung der Öffentlichkeit einhergeht.
Auch wenn Mick Schumacher gerne betont den Namen „nicht als Belastung, sondern als etwas, auf das ich stolz bin und als zusätzliche Motivation“ zu sehen. Dazu gehöre auch, dass bei seiner Premiere in Bahrain das berühmte Kürzel „MSC“ wieder auf den Zeitenmonitoren auftauchen werde – und er sehr stolz darauf sei. Er habe gar nicht erst versucht, ein anderes, eigenes zu bekommen.
Überhaupt geht der Youngster, der am 22. März 22 Jahre alt wurde, mit all dem, was jetzt auf ihn einstürmt, gelassen und souverän um. Im Vermeiden von Medien-Fallen hat er allmählich Routine, in Sachen Privates wird er damit ja schon seit Jahren regelmäßig konfrontiert, jetzt kommt das Minenfeld Politik dazu.
Nachdem ein „kein Kommentar“ zu Lewis Hamiltons Anti-Rassismus-Engagement in den sozialen Medien falsch interpretiert wurde, zog er sich kürzlich zu Fragen nach den „russischen“ Farben seines Autos clever aus der Affäre. „Solange das Auto schnell ist, bin ich happy. Ich sehe darin lediglich die Farben des Teams. Es ist ein sehr schönes Auto, es ist schön, meine Startnummer 47 drauf zu sehen.“
Die Souveränität neben der Strecke ändert nichts daran, dass die Herausforderung Formel 1 für Mick Schumacher groß werden wird. Denn die technischen Voraussetzungen, in seiner Debütsaison bereits Erfolge einfahren zu können, sind nicht wirklich gegeben.
Das zeigte auch das erste Qualifying am Samstag in Bahrain. Mit mehr als drei Sekunden Rückstand auf Max Verstappen wurde Schumacher Vorletzter, ließ aber immerhin seinen Teamkollegen hinter sich. Schon die Vorbereitungsphase auf die Saison war ausgesprochen kompliziert. Direkte Kontakte zwischen Team, Fahrer und Teamchef wurden durch durch die Corona-Maßnahmen eingeschränkt, Kommunikation fand fast nur online statt.
„Ich musste auch erst einmal eine Woche in Quarantäne, um dann wenigstens einmal eine Sitzanpassung im neuen Auto machen zu können“, sagt Mick Schumacher. Der Ferrari-Motor im Heck des Haas konnte erst bei den Tests in Bahrain angelassen werden, weil die dafür benötigten Ferrari-Techniker nicht aus Italien nach England reisen durften.
Was Schumi jr., der sich trotzdem persönlich „gut vorbereitet und absolut bereit“ für seine Premiere fühlt, außerdem schon weiß und mental wegstecken muss: Große Weiterentwicklungen wird es während der Saison nicht geben.
Aus Kapazitäts- und Finanzgründen sieht das kleine Haas-Team 2021 als reines Übergangsjahr an. Bevor der große Wandel in der Formel 1 mit dem komplett neuen technischen Reglement für 2022 ansteht.
„Was aber nicht heißt, dass wir nicht trotzdem voll angreifen werden und versuchen, auf jeden Fall besser abzuschneiden als letztes Jahr“, versucht er, Optimismus zu verbreiten. Ganz professionell im Sinne des Teams, das im Jahr 2020 nur drei WM-Punkte holte. „Wir werden versuchen, im Mittelfeld mitzufahren und jede Chance zu nutzen, die wir kriegen können.“
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Realistisch gesehen muss er sich wohl vor allem auf einen Sieg im Duell gegen den anderen Neuling im Team, Nikita Mazepin, und auf seine persönliche Weiterentwicklung konzentrieren. Sein Wunsch: „Ich möchte Perfektion abliefern und in jeder Situation, die sich ergibt, pushen.“
Andererseits könnte diese Konstellation – 2021 nur als Lernjahr zu betrachten – ihm auch entgegen kommen. Dieses Erfolgsmuster hat bei Schumacher Junior schon Tradition – ob in der Formel 4, dann in der Formel 3 oder zuletzt in der Formel 2: Im ersten Jahr in einer neuen Rennkategorie tat er sich meistens noch etwas schwer – um dann im Laufe der zweiten Saison richtig durchzustarten.
Was ihm einerseits den Ruf einbrachte, eben doch kein solcher Überflieger wie sein Vater zu sein – dafür aber auf jeden Fall ein genauso harter Arbeiter. Andererseits ergab sich daraus vielleicht sogar ein Vorteil: Der langsamere, gut strukturierte Aufbau seiner Karriere, die ihn nicht schon im Teenager-Alter Medienrummel und Blitzlichtgewitter der Formel 1 aussetzte.
Dass Mick auf seinem Weg nach oben besonderen Belastungen ausgesetzt war und ist, darüber ist sich die Szene einig. „Es ist nicht leicht, den Namen Schumacher zu tragen“, sagt Formel-1-Sportchef Ross Brawn. „Gewiss, dieser Name öffnet bestimmte Türen, aber gleichzeitig stehst du mehr unter Beobachtung als andere Piloten. Ich finde, Mick geht damit sehr gut um. Er entwickelt sich toll, zeigte in den jüngsten Rennen eine erstaunliche Reife. Ich bin für seine Zukunft sehr optimistisch.“
Sebastian Vettel, bei dem sich Mick gerne mal einen Ratschlag holt, sieht es ähnlich: „Sicherlich ist die Situation sehr schwierig für ihn, aber ich glaube, er geht damit auf eine sehr reife Art und Weise um, die man von einem Mann, der etwas über 20 ist, nicht unbedingt erwarten würde.“
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Was ihm dabei vielleicht hilft: Schon als er sich als Kind für den Rennsport entschied, riet ihm sein berühmter Vater, sich nicht mit dem Thema der ewigen Vergleiche zu beschäftigen. Sondern einfach das zu tun, was ihm Spaß macht.
„Mein Papa ist mein Idol“, sagt er stolz und verrät: „Ich war elf Jahre alt und saß mit meinem Vater in einem Renntruck an der Kartbahn in Kerpen. Er hat mir in die Augen geguckt und mich gefragt: ‚Willst du das ernsthaft?’ Ich habe nur genickt. Seitdem ordnete ich dem Wunsch, in die Formel 1 zu kommen, alles unter.“ Mutter Corinna beurteilt das ähnlich: „Mick liebt seinen Vater, er bewundert ihn. Aber es ist keine Last für ihn. Er hat so viel Spaß an dem, was er tut, dass er sich nicht mit Michael vergleicht.“
Dass er es auch in der Formel 1 schaffen kann, davon sind inzwischen die meisten Experten überzeugt. Aber Geduld ist angesagt: „Er wird seine Lernphase brauchen“, warnt Alpha-Tauri-Teamchef Franz Tost. „Bis ein neuer Fahrer weiß, wo es in der Formel 1 langgeht, braucht er zwei, drei Jahre. Mick ist ein sehr gewissenhafter Fahrer, der alles intensiv studiert und sich mit den technischen Themen auseinandersetzt. Deshalb ist der Erfolg vorprogrammiert.“
Auf eines kann er dabei auf jeden Fall bauen: auf den Rückhalt seines Teamchefs. „Die Erwartungshaltung von den Medien wird extrem sein, weil er der Sohn des Rekordweltmeisters ist“, weiß Steiner. „Ich werde ihn schützen, wenn es darauf ankommt. Denn ich bin überzeugt, dass er Erfolg haben wird. Man muss ihm nur die entsprechende Zeit zugestehen. In der Formel 1 muss jeder eine Lernphase durchmachen, auch um entsprechend Selbstvertrauen aufzubauen. Dass er – und auch Nikita – Ende 2021 so weit sind, dass sie dann 2022 wirklich bereit sind für größere Aufgaben, das ist das Ziel.“