Hertha BSC: Bilanz für 2016/2017: Mehr Umsatz, mehr Schulden, mehr Zuversicht
Hertha BSC überspringt beim Umsatz erstmals die 100-Millionen-Euro-Grenze, aber auch die Verbindlichkeiten des Bundesligisten sind wieder gestiegen.
Zur Mitgliederversammlung an diesem Montag hat die Grafikabteilung von Hertha BSC ein bisschen mehr zu tun gehabt als sonst. Zu den üblichen Schaubildern hatte Finanzgeschäftsführer Ingo Schiller, 52, noch ein paar zusätzliche Grafiken in Auftrag gegeben, weil er erhöhten Erklärungsbedarf ausgemacht hatte und bei einem flüchtigen Blick leicht ein falscher Eindruck hätte entstehen können. Der Berliner Fußball-Bundesligist kann für das Geschäftsjahr 2016/17 zwar erstmal einen Umsatz von mehr als hundert Millionen Euro (exakt 112,3 Millionen) vermelden. Allerdings machte Hertha einen Verlust von 7,6 Millionen Euro, und die Verbindlichkeiten stiegen von 21,2 Millionen auf 37,5 Millionen Euro. „Man muss es aber einordnen“, sagte Schiller, dessen Einordnung deutlich positiver klang, als es die nackten Zahlen erst einmal vermuten ließen: „In der Kombination ist das ein sehr zufriedenstellendes Ergebnis. Wir sind auf einem sehr guten Weg.“
Dass Hertha kein ausgeglichenes Ergebnis präsentieren konnte, lag laut Schiller unter anderem daran, dass die Belastungen durch die Europa League, die Erfolgsprämien für Spieler und Trainer nämlich, bereits für das vergangene Geschäftsjahr wirksam geworden sind, die Einnahmen allerdings erst in dieser Spielzeit zu erwarten sind. Hertha plant allein aus der Gruppenphase mit sieben bis acht Millionen Euro – trotz des geringen Zuschauerzuspruchs bei den Heimspielen. „Da bleibt richtig was übrig“, sagte Schiller. Hoch einzuschätzen seien zudem die indirekten Effekte durch die Europapokalteilnahme. Aus den internationalen TV-Erlösen könne Hertha noch in den kommenden zehn Jahren mit einem insgesamt zweistelligen Millionenbetrag rechnen.
Auch sonst hat der Fußball-Bundesligist in einigen Bereichen zugelegt. Die nationalen Fernseheinnahmen sind um 3,7 Millionen auf 33,8 Millionen Euro gestiegen. In der laufenden Saison werden es dann sogar 54,4 Millionen Euro sein. Die Transfereinnahmen haben von knapp 5 auf 24 Millionen Euro zugenommen, was vor allem auf den Verkauf von John Anthony Brooks an den VfL Wolfsburg zurückzuführen ist. Rund die Hälfte der Ablöse ist bereits vor dem Stichtag (30. Juni 2017) geflossen. Der Spieleretat betrug knapp 44 Millionen Euro (Vorjahr: knapp 40). Laut Schiller habe sich Hertha damit ligaweit zwischen Platz 12 und 14 bewegt, als Tabellensechster sportlich also deutlich besser abgeschlossen, als es die finanziellen Mittel eigentlich hergegeben hätte.
Schiller plant mit einem Umsatz von 130 Millionen Euro
Für die laufende Saison rechnen die Berliner noch einmal mit einer deutlichen Steigerung in allen Bereichen. Schiller plant mit einem Umsatz von 130 Millionen Euro. „Wir erwarten ein absolutes Rekordjahr“, erklärte er. „Und wenn man das schon im November sagt, muss mal als Finanzmann schon sehr überzeugt sein.“ Der operative Gewinn vor Abschreibungen, Zinsen und Steuern werde auf 15 Millionen Euro ansteigen. Im Geschäftsjahr 2016/17 waren es 11 Millionen. Nach Abschreibungen, Zinsen und Steuern blieb allerdings ein Verlust von 7,6 Millionen Euro. Im Vorjahr waren es 7,8 Millionen Euro. „Mich ärgert das gar nicht“, sagte Schiller – weil man das Geld gar nicht besser ausgegeben könne als für sportlichen Erfolg.
Herthas Eigenkapital stieg um 2 Millionen auf 20,5 Millionen Euro. Die Verbindlichkeiten sind laut Schiller vor allem deshalb gewachsen, weil knapp zehn Millionen Euro Vorauszahlungen von Partnern zurückgeführt wurden und noch neun Millionen Euro Forderungen aus Transfers bestehen. Bei Brooks‘ Transfer wurde mit dem VfL Wolfsburg eine Ratenzahlung vereinbart. „Was die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit angeht, bewegen wir uns in einer ähnlichen Größenordnung wie im Vorjahr“, sagte Schiller mit Blick auf die Verbindlichkeiten. Außerdem habe der Klub bei den Spielerwerten „ein enormes Maß an stillen Reserven geschaffen“. Hertha profitiere ganz extrem von der Entwicklung auf dem Spielermarkt.
Trotzdem sucht der Verein weiterhin einen zweiten Investor neben KKR, um noch handlungsfähiger zu sein und schnellere Entscheidungen treffen zu können als andere Klub. „Wir hätten zusätzliche freie Mittel, die wir in die Mannschaft investieren könnten“, erklärte Schiller. Vor einem Jahr hatte er zu diesem Thema gesagt, dass es ein dickes Brett sei, das es zu bohren gelte. Auf die Frage, wie weit Hertha schon gekommen sei, antwortete er scherzhaft: „Wir müssen einen neuen Bohrer kaufen.“ Man sei weiterhin dabei und auch schon vorangekommen, „aber wie viel Brett noch unter dem Bohrer ist, das weiß ich nicht.“