Fußball: "Mehr als doppelt so hoher Etat"
Mit dem Hamburger SV und dem 1. FC Köln wird die 2. Bundesliga an Attraktivität gewinnen. Doch die Trainer sehen wenig Spannung im Aufstiegskampf.
So attraktiv war die 2. Bundesliga selten. Mit Traditionsclubs wie dem Hamburger SV und dem 1. FC Köln dürfte das öffentliche Interesse steigen. Allerdings könnte es im Aufstiegsrennen weniger spannend als im Vorjahr zugehen. Das glauben zumindest die meisten Trainer.
Gemeinsam bestritten sie 102 Erstliga-Jahre, müssen aber in dieser Saison ihr Glück eine Klasse tiefer versuchen. Die Traditionsclubs Hamburger SV und der 1. FC Köln verleihen dem Fußball-Unterhaus mehr Glanz. Wenn die neue Saison der 2. Bundesliga am Freitag (20.30 Uhr) mit der Partie der Hamburger gegen Holstein Kiel eröffnet wird, sind die Rollen klar verteilt. „Der Hamburger SV und der 1. FC Köln kommen um die Bürde des Aufstiegsfavoriten nicht herum“, kommentierte Robin Dutt. Der Trainer des VfL Bochum verwies auf die höhere Finanzkraft der Konkurrenten und spekuliert: „Beide Vereine haben einen mehr als doppelt so hohen Etat wie der dritthöchste der Liga.“
Dutt steht mit seiner Einschätzung nicht allein da. Wie eine Umfrage der Deutschen Presse-Agentur bei Trainern und Managern der Spielklasse ergab, haben die beiden Absteiger gute Chancen auf den direkten Wiederaufstieg. „Wenn beide Mannschaften ins Rollen kommen, werden sie sich um Platz eins streiten und sehr wahrscheinlich eine höhere Punktzahl erreichen als die Aufsteiger in der vergangenen Saison“, orakelte Stefan Leitl, Trainer des ebenfalls als Aufstiegsaspirant gehandelten FC Ingolstadt. Der Etat der Kölner wird auf 31 Millionen Euro geschätzt. Ähnlich hoch dürfte der des HSV sein. „Diese 2. Liga ist finanziell eine Zwei-Klassen-Gesellschaft“, kommentierte der einstige Coach Peter Neururer in der „Sport Bild“ angesichts der großen Kluft zwischen den beiden Dinos und dem Rest der Spielklasse.
Nicht nur ihre Historie, sondern auch ihre große Popularität prädestiniert beide Clubs für ihre Rolle als Liga-Lokomotiven. Rund 50 000 Anhänger besuchten am vergangenen Sonntag die offizielle Saisoneröffnung in Köln. Der HSV verkaufte für das Nordderby gegen Kiel nahezu alle der 57 000 Karten in den Wochen zuvor und verzeichnete einen Zuwachs von 7 000 Mitgliedern seit Mai. Aus rein sportlicher Sicht sieht der Duisburger Coach Ilja Gruew den sechsmaligen Bundesliga-Absteiger aus Köln in der Pole Position: „Die Kölner haben den Vorteil, dass sie die 2. Liga im Gegensatz zum HSV kennen.“ Den Zusammenhalt in schwierigen Zeiten lebten Profis wie Timo Horn, der neue FC-Kapitän Jonas Hector oder Marcel Risse bereits vor. Trotz des Abstiegs machten sie von ihren Ausstiegsklauseln keinen Gebrauch und schworen dem FC die Treue.
Dagegen betritt der Bundesliga-Dino aus Hamburg nach 55 Jahren in der Beletage des deutschen Fußballs Neuland. Die langfristigen Knieverletzungen von Gideon Jung und Kyriakos Papadopoulos, die sich die Abwehrspieler in der Vorbereitung zuzogen, stimmten Trainer Christian Titz nachdenklich. Schließlich benötigt der HSV in den kommenden Monaten nach seiner Einschätzung vor allem solch kampfstarke Profis: „Jedes unserer Spiele in der 2. Liga wird einen Pokalcharakter haben, weil jeder den Verein schlagen will, der so lange in der Bundesliga gewesen ist.“
Doch auch die prominente Konkurrenz im Kampf um den Aufstieg verleitete die Mitbewerber nicht zu einer riskanten Einkaufspolitik. Insgesamt gaben die Zweitligisten bisher nur rund 25 Millionen Euro für über 140 neue Spieler aus und nahmen im Gegenzug etwa 65 Millionen Euro durch Verkäufe und Leihgeschäfte mit über 160 Abgängen ein.
Die größten Investitionen tätigten die Kölner, die geschätzt rund zwölf Millionen Euro für neues Personal ausgaben. Allerdings nahm der FC durch Verkäufe aber auch das meiste Geld aller Clubs (etwa 17,0 Millionen Euro) ein. Teuerster Zweitliga-Abgang war der Franzose Marcel Tisserand, den der FC Ingolstadt bereits an den VfL Wolfsburg verliehen hatte und nun für geschätzte rund sieben Millionen Euro an die Niedersachsen verkaufte. Die Bayern reinvestierten das Geld und rüsteten ihren Kader für etwa 6,5 Millionen Euro auf.
In Köln (Markus Anfang), Kiel (Tim Walter), Berlin (Urs Fischer) und Aue (Daniel Meyer) starten vier Clubs mit neuen Trainern ins Rennen. Neben dem HSV ist auch der 1. FC Magdeburg zum ersten Mal in der 2. Bundesliga vertreten. Der Europapokalsieger von 1974 hat als Ziel den Klassenverbleib ausgerufen. (dpa)