Formel 1: Max Verstappen: Zickzack bei Tempo 300
Max Verstappen gilt als Jahrhunderttalent - in Spa aber bringt der Holländer mit seinem aggressiven Fahrstil die Formel-1-Kollegen gegen sich auf.
Nico Rosberg stand zwar oben auf dem Podest, der heimliche Sieger des Formel-1-Rennens von Spa hieß aber Lewis Hamilton. Von ganz hinten fuhr er auf Platz drei, nur zehn Punkte verlor er auf seinen Rivalen und führt weiter mit neun Punkten Vorsprung in der WM-Wertung. Da scheint der Weg zum vierten WM-Titel geebnet.
Einen großen Verlierer hatte der Große Preis von Belgien auch: Max Verstappen. Nachdem er es mit einer starken Vorstellung in der Qualifikation erstmals in seiner Karriere in die erste Startreihe geschafft hatte, hatte der gern als Jahrhunderttalent gelobte Niederländer schon betont, wie sehr ihn die Unterstützung seiner Fans bei seinem Quasi-Heimrennen beflügle. Schließlich hat der Red-Bull-Fahrer in den Niederlanden einen Formel-1-Boom ausgelöst wie einst Michael Schumacher in Deutschland – mehr als 30 000 holländische Fans waren nach Spa gekommen. Möglich, dass er auch deshalb in der ersten Kurve zu viel wollte, als er am Start schlecht weggekommen war, sich aber mit Gewalt noch innen über die Randsteine an den beiden Ferrari von Kimi Räikkönen und Sebastian Vettel wieder vorbeiquetschen wollte. Mit dem Ergebnis, dass die drei Autos sich berührten, Schäden abbekamen und alle Chancen auf Spitzenplatzierungen verloren.
Doch während viele Experten das noch als normalen Rennunfall durchgehen ließen, erzürnten Verstappens Spurwechsel auf der Geraden danach im Duell mit Räikkönen viele seiner Konkurrenten. Der Finne , der sich mehrfach beinahe von der Strecke gedrängt fühlte, schimpfte über Funk: „Was der da aufführt, ist unglaublich, das habe ich noch nie erlebt. Sein einziges Ziel scheint es zu sein, mich von der Strecke zu schieben.“ Auch Sergio Perez im Force India wäre einmal beinahe Opfer einer wilden Verstappen-Attacke geworden. Was die anderen Rennfahrer Verstappen ankreiden, ist sein Zick-Zack-Fahren in Anbremszonen. „Da übertreibt er es einfach. Das ist kein Spaß mehr“, sagte Vettel.
Der Mercedes-Aufsichtsrat Niki Lauda hatte sich direkt nach dem Rennen zu dem Satz verstiegen, der 18-Jährige gehöre „in die Psychiatrie. Er hat überhaupt keine Einsicht, dass er da etwas falsch gemacht hat“. Er werde einmal mit Max’ Vater Jos reden: „Er ist zu aggressiv gegen die anderen und dumm, weil er so nicht nach vorn kommt. Das kann nicht sein, dass er kein Hirn mehr hat, weil so viele Holländer hier sind. Hirn muss ein Rennfahrer immer haben.“ Mercedes-Sportchef Toto Wolff war hin- und hergerissen in seinem Urteil: „Ich mag Max wirklich, er ist absolut erfrischend, aggressiv, fährt die Ellbogen aus, zeigt keinen Respekt. Das erinnert mich an andere ganz Große in ihrer Anfangszeit.“ Andererseits befürchte er aber, „dass das irgendwann einmal in einem großen Crash endet. Es ist schon manchmal gefährlich, was er da macht.“
Noch aufgeputscht von Emotionen und auch der Enttäuschung, vor seinen Fans nur Elfter geworden zu sein, hatte sich Verstappen nach dem Rennen völlig uneinsichtig gezeigt, Räikkönens Beschwerden als lächerlich abgetan, Kritiker an seiner Fahrweise der Lüge bezichtigt, Vettel die Schuld am Startunfall gegeben und gemeint, es sei doch alles kein Problem, „schließlich ist ja nichts passiert“. Sein Rennstall übt sich seither vor allem im Beschwichtigen. Es werde sich alles wieder beruhigen, sagt Red Bulls Motorsportberater Helmut Marko.
Von harten Sanktionen seitens des Weltverbands Fia hält auch Sebastian Vettel nichts. „Die beste Methode, jemanden zu erziehen, ist, mit ihm in Ruhe zu reden“, sagte er. „Wir sind erwachsene Männer, nicht im Kindergarten.“