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Eine Durchsetzungskraft wie ein Schafbock: Los Angeles Rams Inside Linebacker Mark Barron (26) signalisiert den Touchdown.
© Kelvin Kuo/ dpa

Big Four - die US-Sport-Kolumne: LA Rams: Auf den Spuren eines großen Teams

„The greatest Show on turf“ - unter diesem Namen kannte man einst die St. Louis Rams. Mittlerweile ist der Verein nach Los Angeles umgezogen.

An Normalität ist weiterhin nicht zu denken. Die verheerenden Waldbrände im US-Bundesstaat Kalifornien haben tausenden Menschen ihre Häuser geraubt, in der Region herrscht anhaltender Ausnahmezustand. Davon sind auch die Football-Profis der Los Angeles Rams betroffen, zehn Spieler mussten ihre Familien aus den heimischen vier Wänden evakuieren lassen. Trainer Sean McVay verfügte sogar eine Maßnahme, die im knallharten Alltagsgeschäft normalerweise undenkbar ist: er gab mitten in der Saison einen Tag trainingsfrei. „Im Moment“, sagte McVay, der mit 32 Jahren jüngste Coach der National Football League (NFL), „im Moment gibt es so viele wichtigere Dinge.“ Ihr Heimspiel gegen die Kansas City Chiefs nutzten die Spieler der Rams schließlich auch zur Danksagung und Ehrerbietung an alle Helfer. Die Profis trugen geschlossen Baseballkappen mit der Aufschrift: LAFD. Los Angeles Fire Department. „Was sie geleistet haben, kann man gar nicht in Worte fassen“, sagte Jared Goff, Quarterback des Teams aus LA und Sohn eines ranghohen „Fire Fighters“, wie es in den USA heißt. 

Ganz untätig waren die Football-Profis allerdings auch nicht. Sie gründeten Hilfsorganisationen, gingen Klinken putzen - und sorgten mit ihrer Hauptbeschäftigung, mit American Football, zumindest für ein bisschen Ablenkung. Und was für ein Spiel die 93000 Zuschauer in der Nacht zu Dienstag im altehrwürdigen LA Memorial Coliseum zu sehen bekamen! Der lang erwartete Showdown zwischen den statistisch besten Teams der Saison - LA und Kansas City standen vor dem Kickoff jeweils bei neun Siegen und einer Niederlage - hielt nicht nur, was er versprach. Er übertraf die Erwartungen bei weitem und erinnerte an einen WM-Kampf im Schwergewicht, an Ali gegen Frazier, an Boxen ohne Deckung. Nach 60 epischen Minuten hieß es: 54:51 für die Rams. In der langen Geschichte der NFL haben überhaupt nur zwei Spiele stattgefunden, in denen noch mehr Punkte erzielt wurden. Der Kommentator im US-Fernsehen ließ sich bereits nach drei Vierteln zu folgender Schlussfolgerung hinreißen: „Das ist das verrückteste Spiel, das ich je gesehen habe! Schon jetzt ein Klassiker, über den man noch lange reden wird.“ 

Am Montag siegten die Rams in einem verrückten Spiel 54:51 gegen Kansas City

Die Rams sind also wieder zurück. Nach entbehrungsreichen, sportlich durchwachsenen Jahren hat sich das schon in der Vorsaison angedeutet, die für das Team von Sean McVay in den Play-off gegen die Atlanta Falcons zu Ende ging. Nach dem verrückten 54:51-Sieg gegen Kansas City gilt LA den meisten Experten mittlerweile als Titelanwärter Nummer eins. Ein Fan im Coliseum präsentierte im letzten Heimspiel ein Schild, das diese Hoffnungen unterstreicht. „The greatest show on turf is back!“. So lautet der Spitzname der großen Rams-Mannschaft, die zu Beginn des Jahrtausends mit unerschöpflicher Offensiv-Power das Spiel revolutionierte den Super Bowl gewann. Im November 2018 müssen sich die neuen Rams gar nicht mal verstecken vor ihren ruhmreichen Vorgängern. Im Schnitt erzielt das Team in dieser Saison mehr als 35 Punkte pro Spiel - ein herausragender Wert. Kurt Warner, Quarterback des Meisterteams von 2000, sagt: „Es macht unfassbar viel Spaß, ihnen zuzusehen. Ein herausragendes Team.“

Auf dieses Lob darf sich vor allem Cheftrainer Sean McVay etwas einbilden. Als der heute 32-Jährige im Januar 2017 zum jüngsten Head Coach der NFL-Geschichte ernannt wurde, war es um die Rams nicht gut bestellt. Über Jahre hinweg hatte das Team stets mehr Spiele verloren als gewonnen, Hoffnungen auf die Play-off-Teilnahme waren meist theoretischer Natur. Allerdings verfügte McVay über ein paar hoffnungsvolle junge Spieler, Running Back Todd Gurley etwa oder Quarterback Jared Goff. Direkt in seiner ersten Saison führte McVay den Verein mit einer Bilanz von 11-5 in die Play-offs und wurde wenig später zum NFL-Trainer des Jahres gewählt. 

Vor der laufenden Saison hat McVay seinen talentierten Kader nun mit einigen Starspielern in der Defensive verstärkt: von den Miami Dolphins kam Defensive Tackle Ndamukong Suh, aus Kansas City gesellte sich Marcus Peters dazu, einer der besten Cornerbacks der NFL. In Aaron Donald verfügen die Rams zudem über einen weiteren extrem dominanten Verteidiger, der sogar als Kandidat auf den Titel als wertvollster NFL-Spieler gehandelt wird. Cheftrainer Sean McVay ist zwar erst 32 Jahre jung, aber eine alte Football-Binse hat er spätestens in seinem ersten und bisher auch letzten Play-off-Spiel gelernt. Dass nämlich eine gute Offensive Spiele gewinnt - und eine gute Defensive Meisterschaften. 

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