1. FC Union: Jens Keller fordert mehr Herz und weniger Kopf
Der Berliner Zweitligist ist seit drei Spielen sieglos und zeigte in Düsseldorf erneut mentale Schwächen. Am Freitag gegen Eintracht Braunschweig will Union endlich wieder gewinnen.
Die menschliche Psyche ist für Fußballtrainer ein schwieriges Feld. Gegen spielerische Defizite gibt es unzählige Übungen und Trainingsformen. Doch was tun, wenn die Probleme mental sind, wenn die Leichtigkeit fehlt? Diese Frage beschäftigt Jens Keller vor dem Heimspiel am Freitag gegen Eintracht Braunschweig (18.30 Uhr/Sky) sehr intensiv. Denn die 2:3-Niederlage bei Fortuna Düsseldorf am vergangenen Sonntag war nicht das erste Spiel, in dem der 1. FC Union Berlin streckenweise verunsichert und nicht bei der Sache wirkte. „Sobald wir zu viel denken, ist das nicht unser Spiel“, sagt Unions Trainer.
Das galt am Sonntag gleich in zwei Phasen: In der ersten Hälfte und in den letzten zehn Minuten. Eine passende Erklärung hat Keller dafür noch nicht. „Ich dachte, da sind wir mental schon ein Stück weiter“, sagt er. Denn in Düsseldorf erlebten die Köpenicker ein unerfreuliches Déjà-vu. Wie in der vergangenen Rückrunde im April kassierte Union in der Schlussphase zwei Tore. Auch vor vier Wochen in Nürnberg ließen die Berliner durch ein spätes Gegentor zwei Punkte liegen. Gelernt hat das Team aus den Fehlern anscheinend nicht – und das ärgert Keller am meisten. „Wir haben Düsseldorf in der zweiten Halbzeit beherrscht und dann fangen wir wieder an zu denken“, kritisiert Keller.
Nach fünf Spieltagen mit – wie im Vorjahr – acht Punkten ist es für grundlegende Zweifel am Team zu früh. Während die fußballerische Klasse aber immer wieder phasenweise aufblitzt, fehlt ein Nachweis der mentalen Stabilität bisher. Wie in der Rückrunde der vergangenen Saison, als Union beste Chancen auf den erstmaligen Aufstieg in die Bundesliga verspielte, wackelt das Team noch zu oft. Über 90 Minuten haben die Köpenicker in dieser Spielzeit noch nicht überzeugt. „Wir haben jetzt dreimal nicht gewonnen“, sagt Keller. „Deshalb wäre ein Sieg am Freitag sehr wichtig.“ Das gilt für die Tabelle, aber vor allem für den Kopf.
Steven Skrzybski ist wieder fit
Um den ging es zuletzt auch bei den Trainingseinheiten. Keller und seine Assistenten haben zuletzt viel mit den Spielern geredet. Zudem lag der Fokus auf der Aggressivität in den Zweikämpfen, die auch in Düsseldorf anfangs gefehlt hat. „Wir müssen wach sein und den letzten Schritt machen“, sagt Keller. „In Düsseldorf waren wir in der ersten Hälfte nicht geil genug auf den Ballgewinn.“
Die Reaktionen der Mannschaft waren gut – auch wenn Keller weiß, dass sich die Anforderungen eines Pflichtspiels nur unzureichend simulieren lassen. „Wenn man die Mannschaft trainieren sieht, denkt man nicht, dass wir so eine erste Halbzeit spielen“, sagt Keller. An der fußballerischen Qualität seiner Mannschaft hat der 46-Jährige keine Zweifel. Zumal mit Steven Skrzybski ein wichtiger Spieler nach seiner Achillessehnenreizung wieder zur Verfügung steht.
Am Freitag fordert Keller von seinem Team aber mehr Herz und weniger Kopf. „Wenn wir nicht bereit sind, von Beginn an Vollgas zu geben, wird es gegen jede Mannschaft schwer“, sagt er. Gegen Braunschweig soll sein Team vor ausverkauftem Haus von Anfang an wach sein. Denn 35 gute Minuten reichen im Fußball nur in den seltensten Fällen, um erfolgreich zu sein. Und ein viertes Spiel in Folge ohne Sieg zum Beginn der englischen Woche können die Berliner nun wirklich nicht gebrauchen – weder mental noch tabellarisch.