Zu Gast bei Feyenoord Rotterdam: Im De Kuip wartet das nächste Highlight auf den 1. FC Union
Feyenoord Rotterdam hat drei Mal den Europapokal gewonnen, doch die besten Zeiten liegen lange zurück. Union ist Außenseiter, aber nicht chancenlos.
Die Einführung der Conference League im vergangenen Sommer wurde von den meisten deutschen Fußballfans nicht gerade mit Enthusiasmus erwartet. Noch ein Wettbewerb, noch eine Gelddruckmaschine des europäischen Dachverbands Uefa, noch mehr unnötige Spiele – und das gegen Mannschaften, von denen man hierzulande vermutlich noch nie etwas gehört hat. Der sportliche Wert des neuen Wettbewerbs ist auch nach den ersten zwei Spieltagen der Gruppenphase umstritten. Braucht es die Conference League? Vermutlich nicht. Doch dass sich hier nur dritt- oder viertklassige Vereine aus kleinen Ligen duellieren, lässt sich nicht behaupten.
Dafür ist der kommende Gegner des 1. FC Union das beste Beispiel. Die Berliner sind an diesem Donnerstag (18.45 Uhr, Livestream auf TV Now) bei Feyenoord Rotterdam zu Gast. Der niederländische Traditionsverein hat drei Mal den Europapokal gewonnen, große Spieler wie Johan Cruyff, Ruud Gullit, Robin van Persie, Henrik Larsson und Pierre van Hooijdonk haben das rot-weiße Trikot getragen. Im legendären Stadion Feijenoord, besser bekannt als De Kuip (Die Wanne), fanden neun Europapokalendspiele sowie das Finale der EM 2000 statt. Da kann kein anderes Stadion auf diesem Kontinent mithalten.
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Aus Berliner Sicht kann man bei der erst zweiten Europapokalteilnahme also durchaus von einem Highlight sprechen, zumal Feyenoord in den kommenden Jahren ein neues Stadion bauen möchte und es so wohl nicht mehr viele Gelegenheiten für den Besuch des De Kuip geben wird. Vor einigen Jahren, als Unions Alltag noch Sandhausen oder Aalen hieß, hätte wohl niemand davon zu träumen gewagt, einmal ein Pflichtspiel bei Feyenoord zu bestreiten. Dementsprechend enthusiastisch sind jetzt zumindest die Berliner Fans, die ihre Mannschaft erneut zahlreich begleiten werden.
In den Play-offs gegen Kuopio waren bereits mehrere hundert Anhänger dabei und sorgten für eine tolle Stimmung. Bei der Niederlage in Prag am ersten Spieltag waren etwa 3000 Berliner mitgereist. Auch die deutlich weitere Anfahrt in die Niederlande hat die reisefreudigen Union-Fans nicht abgeschreckt. Die 2400 Tickets für den Gästeblock waren schnell vergriffen, auch für die anderen Bereiche des Stadions waren am Mittwoch nur noch einige wenige Restkarten verfügbar. Es dürfte also eine prächtige Kulisse mit knapp 50.000 Zuschauern werden. In den Niederlanden dürfen die Stadien seit September wieder voll ausgelastet werden. Die Besucher müssen geimpft, genesen oder getestet sein.
Für die Berliner Fans wird es Shuttle-Busse vom Alten Hafen zum Stadion geben und die Sicherheitskräfte stufen das Duell laut der Zeitung „Algemeen Dagblad“ als Risikospiel ein. Hooligans von Feyenoord haben in der Vergangenheit immer wieder für schlimme Ausschreitungen gesorgt, etwa 2015 in Rom, als sie im historischen Stadtzentrum Schäden in Millionenhöhe verursachten und 18 Menschen verletzt wurden. Im vergangenen Jahr randalierten Feyenoord-Anhänger bei einem Testturnier in Duisburg und auch in dieser Spielzeit hat die Uefa den Klub wegen Fehlverhaltens seiner Fans schon zu fast 125.000 Euro Geldstrafe verurteilt. Dass die Union-Ultras recht gute Verbindungen zu Feyenoords Erzrivalen Ajax Amsterdam unterhalten, dürfte der Sicherheitslage auch nicht unbedingt zuträglich sein.
Rein sportlich wirkt das Duell allerdings nicht ganz so spektakulär, wie es der große Name und die Kulisse erwarten lassen. Während es bei Union seit Jahren nur bergauf geht, zeigt die Tendenz bei Feyenoord in die entgegengesetzte Richtung. Der Kader ist qualitativ weit entfernt von europäischer Spitzenklasse. 2002 gewann der Klub mit dem Sturmduo van Hooijdonk und Jon Dahl Tomasson sowie dem jungen van Persie im Finale gegen Borussia Dortmund den Uefa Cup.
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Heute dürften wohl nur Kenner der niederländischen Eredivisie mehr Spieler kennen als Reiss Nelson, der 2018/19 auf Leihbasis in Hoffenheim unter Vertrag stand. Der Marktwert des Kaders liegt zwar noch deutlich über jenem von Union, würde mit 112 Millionen Euro in der Bundesliga aber auch nur für Platz zwölf reichen.
Die Berliner reisen also als Außenseiter, aber keineswegs chancenlos nach Rotterdam. Nach dem klaren Heimsieg gegen Maccabi Haifa hat Union in der Gruppe alle Chancen und ein Punktgewinn bei Feyenoord wäre ein weiterer großer Schritt in Richtung nächster Runde.