Neuer Füchse-Trainer Jaron Siewert im Interview: „Ich bin als Mensch und Persönlichkeit gereift“
Der künftige Füchse-Trainer Jaron Siewert über Lehrjahre in Essen, die Rückkehr in seine Heimatstadt und die neue Aufgabe in Berlin.
Herr Siewert, am Dienstag haben die Füchse Berlin bekanntgegeben, dass Sie ab der kommenden Saison die Profi-Mannschaft des Vereins trainieren werden. Warum waren Sie eigentlich nicht anwesend?
Ich habe in der Sportschule Hennef einen Vortrag vor 40 Trainer-Kollegen gehalten. Das Timing war natürlich ideal: Der Vortrag begann um 12 Uhr, die Entscheidung der Füchse wurde um 11.30 Uhr bekanntgegeben.
Wie sind denn die Reaktionen der Kollegen ausgefallen?
Ich kannte die meisten von ihnen, mit einigen habe ich vor ein paar Jahren meine A-Lizenz gemacht. Es gab viele Gratulationen und Glückwünsche, alle haben mir gesagt, dass sie mir die Daumen für die Zukunft und die bevorstehenden Aufgaben drücken werden. Aber natürlich auch noch für die laufende Saison mit dem TuSEM Essen.
Das Gerücht, dass Sie eines Tages die Füchse übernehmen würden, hatte sich bereits eine ganze Weile gehalten.
Dass Geschäftsführer Bob Hanning diesen Plan verfolgt, war in der Tat länger bekannt. Deshalb bin ich vor zweieinhalb Jahren ja auch nach Essen zum TuSEM gegangen. Dass ich das Vertrauen jetzt mit guten Leistungen zurückgezahlt habe, freut mich einerseits und zeigt andererseits, dass es damals genau der richtige Weg war, nach Essen zu gehen. Wir waren über all die Zeit im Kontakt und im ständigen Austausch. Richtig konkret ist es mit der Rückkehr nach Berlin dann in den letzten Wochen geworden.
Waren Sie trotzdem überrascht, dass die Entscheidung nun so schnell gefallen ist?
Ein bisschen schon. Ich freue mich auf jeden Fall riesig darauf, zurück nach Hause und zu meinem Heimatverein zu kommen. Es ist eine besondere Konstellation für mich, aber auch für den Verein. Wann der Zeitpunkt kommt, war auch für mich schwer abzusehen. Umso mehr freut es mich, dass es in ein paar Monaten losgeht.
Wie wichtig waren die Lehrjahre beim Zweitligisten in Essen für Sie als junger Trainer? Was haben Sie mitgenommen?
Es ist egal, wo man tätig ist. Wenn man mit offenen Augen durch die Welt geht, lernt man immer dazu. Essen war und ist insofern eine wichtige Station für mich, als dass ich als Mensch und Persönlichkeit reifen konnte. Aber auch inhaltlich will ich die Zeit nicht missen: Sie war hilfreich, um mein theoretisches Wissen in die Praxis umzusetzen und neue Erfahrungen zu sammeln.
[In unseren Leute-Newslettern aus den zwölf Berliner Bezirken befassen wir uns auch mit dem Geschehen in den lokalen Sportvereinen. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Über junge Spieler heißt es, nichts sei so wertvoll wie Spielpraxis. Welche Rolle spielt dieser Umstand für Sie als Trainer?
Ich bin ja nun schon seit sieben Jahren Profitrainer und habe einiges an Spielpraxis gesammelt. Ich habe in Essen mit Spielern auf anderem Leistungsniveau gearbeitet als zu meinen Anfangszeiten. Ich will an dieser Stelle auch ein Kompliment an meine Spieler in Essen loswerden, die wirklich immer voll mitgezogen haben und ein tolles Team gebildet haben. Gleiches gilt für meinen Co-Trainer Michael Hegemann. Was er an Erfahrung aus der Bundesliga und aus internationalen Wettbewerben einfließen lassen konnte, hat mich enorm nach vorn gebracht.
Wie wird Ihr Trainerteam in Berlin künftig aussehen? Gibt es bereits einen Co-Trainer oder zumindest einen potenziellen Kandidaten?
Das wird sich in der nächsten Zeit ergeben. Ich werde natürlich mit den Verantwortlichen darüber sprechen. Meine Erfahrung ist: Zwischen Chef- und Assistenztrainer muss es neben dem rein fachlichen Bereich auch zwischenmenschlich passen. Darauf kommt es an und das wird sicher auch eine Rolle dabei spielen, wer künftig mein Co-Trainer sein wird.
Im September haben die Füchse in Stefan Kretzschmar einen neuen Sportvorstand vorgestellt. Wie kann und soll die tägliche Zusammenarbeit mit ihm aussehen?
Auch da ist die Vorfreude riesig. Die ersten Gespräche zwischen Kretzsche und mir waren richtig gut. Ich habe mich gut aufgehoben gefühlt und hatte das Gefühl, dass wir auf einer Wellenlänge sind. Ich glaube, dass ich von der Erfahrung und der Expertise eines Mannes wie Stefan Kretzschmar nur profitieren und lernen kann.
Wie geht es jetzt in den nächsten Wochen und Monaten für Sie weiter? Wann beginnt die Umzugsplanung?
Das steht im Moment alles hinten an, wir konzentrieren uns jetzt erstmal auf die laufende Saison. Die Füchse haben noch große Ziele, genau wie wir in Essen. Darum geht es bis nächsten Sommer. Ansonsten wird mir der Umzug beziehungsweise die Rückkehr nach Berlin nicht schwerfallen. Ich kenne mich in der Stadt aus, meine Familie lebt in Berlin. Ich erwarte also keine Komplikationen.
Sie hätten wahrscheinlich nichts dagegen, in der nächsten Saison mit den Füchsen auf den TuSEM Essen zu treffen.
Das setzt ja voraus, dass wir in Essen aufsteigen, insofern: natürlich nicht, das ist die Idealvorstellung. Es wäre eine coole Geschichte, die man gut erzählen könnte. Trotzdem sind wir hier beim TuSEM sehr bodenständig, die Saison ist noch lang. Im Moment läuft es richtig gut für uns, wir sind Tabellenführer in der Zweiten Liga. Damit das so bleibt, müssen wir aber auch in den nächsten Monaten noch viel investieren.