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Händchen für Handball. Jaron Siewert trainiert in der nächsten Saison Essen.
© imago/Schulz

Jüngster Trainer im Profi-Handball: Ein Berliner und seine radikale Selbsteinschätzung

Jaron Siewert wechselt von den Füchse Berlin nach Essen und steigt dort mit 23 Jahren zum jüngsten Cheftrainer im deutschen Profi-Handball auf.

Am Dienstag ist Jaron Siewert zum ersten Mal offiziell an seinem künftigen Wohnort vorstellig geworden. Kurzer Austausch mit den neuen Kollegen, ein paar Hände schütteln, dazu ein Crash-Kurs in lokaler Geografie. Und dann war da natürlich noch die Sache mit der Wohnung. „Wenn man ein Gefühl für Essen kriegen will, ist es das Beste, sich in der Margaretenhöhe niederzulassen“, erzählt der 23-Jährige. „Das habe ich von ganz vielen Leuten gehört, die sich dort auskennen.“

Also ist Siewert dem Rat gefolgt und hat sich im südlichen Teil der 600.000-Einwohner-Stadt eingemietet. Dort, wo einst tausende Angestellte der Familie Krupp lebten, wird er sich seinen Lebensmittelpunkt einrichten, um idealerweise zum Wiederaufstieg des Handball-Sports in Essen beizutragen. Bei jenem Verein, der besagte Wohnsiedlung sogar im Namen trägt: dem Turn- und Sportverein Essen-Margaretenhöhe, kurz: Tusem.

Siewert, geboren und aufgewachsen im Berliner Stadtteil Reinickendorf, wird den traditionsreichen Zweitligisten ab der kommenden Saison als Trainer betreuen, das haben die Füchse Berlin kürzlich bekannt gegeben. Wenn am 10. Juli die Vorbereitungsphase beginnt, steigt Siewert damit auch zum mit Abstand jüngsten Cheftrainer im deutschen Profi-Handball auf, jüngster A-Lizenz-Inhaber ist er ohnehin schon. „Für mich ist das der nächste logische Schritt auf der Leiter“, sagt der Mann, der Ende Januar nächsten Jahres seinen 24. Geburtstag feiert. „Ich freue mich riesig auf die neue Herausforderung.“ Abgesehen von Urlaubsreisen und hunderten Auswärtsfahrten hat er Berlin in den vergangenen Jahren bislang eher selten verlassen, dauerhaft schon mal gar nicht.

Für Siewert ist das Alter nur eine Zahl auf dem Ausweis

Bei den Füchsen sind sie nicht weniger stolz darauf, ihre erfolgreiche Nachwuchsarbeit nun auch im Trainerbereich fortzusetzen: Seit der vergangenen Saison sitzt in dem erst 30 Jahre alten Max Rinderle bereits ein Assistent auf der Ersatzbank der Profis, der ebenfalls aus dem Verein kommt und fleißig bei Trainer-Routinier Velimir Petkovic hospitieren darf. „Wir verstehen es als unsere Pflicht, nicht nur Spieler für unseren Klub und den deutschen Handball zu entwickeln, sondern auch Trainer“, sagt Bob Hanning. Im Fall Jaron Siewert hat der Füchse-Manager dafür gern alte Kontakte in seine Heimatstadt Essen spielen lassen, um eine gute Lösung für alle Beteiligten zu finden. „Bob ist mein Mentor, er hat mir den Einstieg in den Profi-Handball erst ermöglicht“, sagt Siewert.

Er hat bei den Füchsen alle Jugendstationen durchlaufen, von den Minis bis zur A-Jugend, mit der er auch zwei Meistertitel gewann. Dass er die aktive Laufbahn mit Anfang 20 gegen eine Tätigkeit als Trainer eintauschte, hing allerdings nicht mit einer schweren Verletzung oder ähnlich unglücklicher Fügung zusammen, sondern vielmehr mit einer gesunden Selbsteinschätzung.

„Als Spieler hätte es für mich vielleicht für die Zweite Liga gereicht, höchstens“, sagt Siewert. Das Trainer-Dasein, merkte er schnell, ist genau sein Ding – auch wenn es im rauen Profi-Alltag zu schwierigen Situationen kommen kann. Stichwort: Alter. Er wisse natürlich, sagt er, dass die meisten Spieler im Kader ein paar Jahre älter seien als er. „Aber für mich ist das Alter nur eine Zahl im Ausweis, die ich auf legalem Wege nicht ändern kann.“

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