zum Hauptinhalt
Kann wieder losgehen. Rune Jarstein hat drei Wochen wegen einer Meniskusverletzung gefehlt, nun ist er zurück – und sein Trainer fordert Leistung.
© picture alliance / Peter Steffen

Vor dem Auswärtsspiel in Leverkusen: Herthas Torhüter sind ein Fall für zwei

Der Konkurrenzkampf unter Herthas Torhütern hat Rune Jarstein und Thomas Kraft besser gemacht. Am Samstag in Leverkusen wird der Norweger besonders gefragt sein.

Als fast alles gesagt war, ließ Julian Nagelsmann noch ein paar freundschaftliche Grußworte zurück. „Thomas Kraft hat zum Schluss richtig einen rausgehauen“, befand der Trainer der TSG Hoffenheim nach dem 1:1 bei Hertha BSC am letzten Samstag – und spielte auf eine Parade in der Nachspielzeit an, mit der Kraft eben jenes Resultat rettete. Nagelsmann schüttelte kurz den Kopf, als wollte er fragen: Wie in aller Welt kann man diesen Ball überhaupt halten? Dann lieferte er die Antwort gleich mit: „Muss am Zsolt liegen, den wir ja bei uns auch gut kennen“, ergänzte er, „Zsolt, der war jetzt für dich.“

Ach ja, der Zsolt, Nachname Petry, von 2009 bis 2015 Torwarttrainer in Hoffenheim und seitdem in selbiger Position beim Berliner Fußball-Bundesligisten angestellt. Auch außerhalb dieser beiden Standorte scheint sich mittlerweile herumgesprochen zu haben, dass da jemand einen guten Job macht bei der Hertha und seine Keeper zu neuen, ja, ungeahnten Höchstleistungen treibt. Es wäre vielleicht übertrieben zu behaupten, dass Trainer Pal Dardai vor dem heutigen Auswärtsspiel beim Tabellenzweiten Bayer Leverkusen (15.30 Uhr, live bei Sky) eine Torhüterdebatte moderieren musste; auffällig oft ist er trotzdem auf die Planstelle zwischen den Pfosten angesprochen worden, nun, da Rune Jarstein seinen Muskelfaserriss auskuriert hat und Thomas Kraft wohl wieder zurück auf die Bank rotieren muss.

„Wir sind sehr zufrieden mit Thomas, aber wir wollen keine Unsicherheit haben“, sagt Dardai, „deshalb bleiben wir bei unserer klaren Linie: Rune ist die Nummer eins, wenn Zsolt sagt, dass er gesund ist und wieder spielen kann.“ Viel scheint im Moment nicht dagegen zu sprechen. Jarsteins Fitness-Werte jedenfalls stellten seine Vorgesetzten zufrieden.

Der Konkurrenzkampf hat eine erstaunliche Dynamik angenommen

Allemal erstaunlich ist, welche Dynamik der Konkurrenzkampf zwischen dem norwegischen Nationalkeeper und seinem deutschen Kollegen aufgenommen hat: Bis vor kurzem galt Jarstein als einer von drei, vier Spielern, die im Grunde gesetzt sind. Dann passierte ihm das, was der einstigen Nummer eins, was Thomas Kraft vor eineinhalb Jahren zum Verhängnis wurde: Jarstein verletzte sich – und in seiner Abwesenheit hielt Kraft nicht nur zufriedenstellend, sondern teilweise herausragend. „Wenn Rune zurückkehrt, muss er Leistung bringen“, sagt Dardai.

So gesehen ist das Spiel am Samstag in Leverkusen ein erster richtiger Stresstest für den 33-Jährigen: Bayer spielt im Moment den aufregendsten Fußball aller Bundesligisten, nur der FC Bayern (51) und Borussia Dortmund (45) haben in dieser Saison mehr Tore erzielt als die Leverkusener (41). Überhaupt hat das Team von Trainer Heiko Herrlich erst zwei Spiele verloren: gegen den FC Bayern und, genau, am fünften Spieltag bei Hertha BSC.

Damals war Jarstein die unumstrittene Eins bei Hertha, jedenfalls in der Bundesliga und im Pokal. In der Europa League durfte stets Thomas Kraft ran. Das war einerseits als schonende Maßnahme für Jarstein gedacht, zum anderen aber auch als Dankeschön an Kraft zu verstehen, der sich in den eineinhalb Jahren als Reservist nie öffentlich über seine Degradierung beschwert und stets weiter an sich gearbeitet hat – keine Selbstverständlichkeit bei seiner Vorgeschichte. In jungen Jahren wurde Kraft beim FC Bayern als legitimer Nachfolger von Oliver Kahn gehandelt.

In Berlin begegnen sich Herthas Torhüter nun gewissermaßen auf Augenhöhe, obwohl Jarstein ein paar Zentimeter größer ist. Kraft hat sich fußballerisch gesteigert, auch und gerade in der Spieleröffnung. Und der sonst so ruhige Jarstein hat sich ebenfalls Sachen von seinem Mitstreiter abgeschaut, etwa in der Kommunikation mit seinen Vorderleuten. Im Gegensatz zu früheren Tagen wird Jarstein sogar hin und wieder lauter – wohl wissend, dass er sich angesichts der neuen Konkurrenz zeigen muss, emotional wie verbal.

Zur Startseite