Europa League: Hertha zeigt sich eingespielt
Hertha BSC erscheint beim 1:0 gegen Bröndby in guter Frühform und reist nun selbstbewusst zum Rückspiel. Nach der doch sehr wackeligen Anfangsviertelstunde fand Hertha ins Spiel.
Besondere Ereignisse erfordern besondere Maßnahmen. Das hat sich am Donnerstag auch ein findiger Geschäftsmann gedacht, der sein Konzept kurzerhand den Gegebenheiten anpasste. Normalerweise dröhnt in seinem Burger-Restaurant an der Bernauer Straße szenetypische Techno-Musik aus den Boxen, aber damit konnte man an diesem Europapokalabend im nahe gelegenen Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark natürlich niemanden hinter dem Sofa hervorlocken. Also lief, angemessen zur Rückkehr von Hertha BSC ins internationale Fußball-Geschäft, der Klassiker von Frank Zander: „Nur nach Hause... gehn wir nicht.“ Die Maßnahme hat sich dann auch ausgezahlt, und zwar im Wortsinn. Nachdem der Berliner Anhang zunächst größtenteils einen Bogen um den Laden gemacht hatte, lockte die musikalische Fährte später doch einige im blau-weißen Trikot an. Ach, ihr auch hier? Prösterchen!
Hertha brauchte ein bisschen, aber dann ging`s
Den Profis von Hertha BSC ist es im Hinspiel der dritten Qualifikationsrunde zur Europa League gegen Bröndby Kopenhagen (1:0) ähnlich ergangen wie ihren Fans. Auch sie brauchten im ersten Pflichtspiel der Saison ein Weilchen, um mit den Gepflogenheiten – früher Saisonstart, ungewohntes Stadion, gestiegene Erwartungshaltung – zurechtzukommen. „Aber das ist auch normal. Solch einen Wettkampf wie heute kann man nicht einfach simulieren“, sagte Trainer Pal Dardai, „dazu braucht man auch Atmosphäre und einen guten Gegner, und das hatten wir beides“.
Nach dem Testspiel bei AZ Alkmaar am vergangenen Samstag, das krachend mit 0:3 und einem Platzverweis gegen Niklas Stark verloren ging, waren Zweifel an der Frühform des Bundesligisten ja durchaus angebracht. „Ich wusste auch nicht so genau, wo die Mannschaft tatsächlich steht“, sagte Dardai. „Dann kommt noch das Adrenalin dazu und der Leistungsdruck, ein gutes Ergebnis erzielen zu müssen“, ergänzte der Trainer, ehe er bilanzierend wurde: „Dafür haben wir eine sehr ordentliche Partie abgeliefert. Wichtig ist in diesem Wettbewerb, dass die Null steht.“
Lustenberger: "60 Minuten war das sehr gut von uns"
Sogar wesentlich wichtiger, als dass vorn die Zwei steht. Gelegenheiten für einen höheren Sieg besaß Hertha jedenfalls reichlich, vor allem nach der Pause. Der fahrlässige Umgang mit den Chancen war dann auch so ziemlich der einzige Kritikpunkt an einem aus Berliner Sicht erfolgreichen Abend. „60 Minuten war das sehr gut von uns", befand auch Fabian Lustenberger. „Danach wurde es vom Körperlichen her schwierig. Da haben die Beine angefangen zu brennen“, ergänzte der Kapitän. Grundsätzlich war allerdings genau das zu beobachten, was sich Dardai mit Blick auf die vergangene Saison erhofft hatte: die Automatismen sitzen bei den Berlinern, die Saison 2015/16 hat nachhaltig Spuren hinterlassen.
Ibisevic war der Mann des Abends
Vor allem nach der doch sehr wackeligen Anfangsviertelstunde fand Hertha immer besser ins Spiel, die Berliner agierten druckvoll und wirkten eingespielt – und dann hatten sie ja noch ihren besten Angreifer der letzten Saison: Vedad Ibisevic war nach seinem spektakulären Seitfallzieher zum 1:0 der gefeierte Mann des Abends. „Als der Ball auf mich zugekommen ist, wollte ich ihn einfach nur gut treffen. Ich habe mich natürlich riesig gefreut“, sagte Ibisevic später. Pal Dardai klang da noch wesentlich euphorischer. Ob er sich an einen ähnlich schönen Treffer in seiner aktiven Karriere erinnern kann, wurde der Trainer gefragt. „Solche Tore habe ich höchsten Mal am Strand gemacht“, antwortete er lachend, „und dann habe ich vor Freude gleich ein Bier getrunken.“
Ganz so weit sind sie bei Hertha BSC jetzt noch nicht, zumal nach dem Rückspiel im Kopenhagener Vorort am Donnerstag nächster Woche noch eine weitere Quali-Runde bis zur Gruppenphase auf die Berliner wartet. „Jetzt geht es darum, das nächste Ergebnis aus dem Hinspiel zu vergolden und eine Runde weiterzukommen“, sagte Kapitän Lustenberger. Und Dardai dachte schon ein bisschen weiter, zumindest im Ansatz. „Vielleicht ist es irgendwann, wenn die Bundesliga wieder läuft, sogar ein Vorteil für uns, dass wir wegen der Europa League so früh mit der Vorbereitung beginnen mussten.“