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Andere Zeiten. Als Herthas Trainer Pal Dardai noch selbst spielte (hier 2008), war der Europapokal oft ein Zuschussgeschäft.
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Vor dem Spiel gegen Bröndby: Was die Europa League für Hertha bringt

Lange war die Europa League nur der klitzekleine Bruder der strahlenden Champions League. Doch mittlerweile herrscht bei Hertha die Erkenntnis: Die Teilnahme lohnt sich - sportlich wie finanziell.

Sami Allagui hatte kein gutes Bauchgefühl, und der Offensivspieler von Hertha BSC sprach aus Erfahrung. Es war Anfang Juli, Berlins Fußball-Bundesligist hatte sich zum Zwecke der Vorbereitung für sieben Tage in Bad Saarow eingemietet, und Allagui kramte im Mannschaftshotel ein paar Anekdoten aus dem Gedächtnis hervor. Der 30-Jährige, einst in Diensten des FSV Mainz 05, erinnerte sich an einen Ausflug mit seinem alten Klub in der Europa-League-Qualifikation des Jahres 2011. „Damals sind wir nach Medias in Rumänien geflogen“, erzählte Allagui, eigentlich eine Pflichtaufgabe für den Klub, der sich jedoch blamierte und ausschied – auch wegen der widrigen Umstände vor Ort, wie Allagui berichtete. „In der Nacht vor dem Spiel konnte man einfach nicht schlafen, es hatte gefühlt 40 Grad“, sagte er, „und überall Mücken im Hotel.“

Ein vergleichsweise namhafter Gegner

Drei Wochen später ist nun klar: Gemessen an den zu erwartenden Unwägbarkeiten in der Qualifikationsphase hat es Hertha BSC ziemlich gut erwischt. Nichts mit Dienstreisen nach Qäbäla, Dnjepropetrowsk, Jerusalem oder eben Medias. Mit dem dänischen Erstligisten Bröndby IF haben die Berliner einen vergleichsweise namhaften und attraktiven Gegner zugelost bekommen, und von einer Mückenplage ist vor dem Hinspiel an diesem Donnerstag im Jahnsportpark (20.15 Uhr/live bei Sport1) auch nicht auszugehen. Auch wenn das Abschlusstraining beider Teams gestern wegen Starkregens ausfiel.

Allaguis Geschichte passt zum Ruf, der dem weniger renommierten der beiden Europapokalwettbewerbe lange vorauseilte: nur der klitzekleine Bruder der alles überstrahlenden Champions League zu sein, in der die dicken Millionenbeträge warten. Mittlerweile herrscht aber auch bei Hertha BSC die Erkenntnis: Ganz so übel wie befürchtet ist die Teilnahme an der Europa League, übrigens die erste seit sieben Jahren, nun auch wieder nicht – selbst unter finanziellen Aspekten.

„Wir können in diesem Wettbewerb gutes Geld verdienen“

„Die Europa League steht natürlich noch im Schatten der Champions League“, sagt Ingo Schiller, Herthas für die Finanzen zuständiger Geschäftsführer. „Die Zeiten, in denen es sich um ein Zuschussgeschäft handelt, sind allerdings zum Glück vorbei“, ergänzt Schiller. Zu Beginn des Jahrtausends, als die Berliner ein verlässlicher Anwärter für das internationale Geschäft waren, sah das noch anders aus. „Damals gab es zum Beispiel noch keine Zentralvermarktung des Wettbewerbs“, sagt Schiller, der seit 1998 die Bücher bei Hertha BSC führt. Und für den Einzug in die Gruppenphase verteilte der europäische Fußball-Verband Uefa teilweise so wenig Geld an die Klubs, dass es nicht einmal die anfallenden Reisekosten deckte. Auch in diesem Punkt hat sich im Jahr 2016 einiges getan.

„Wir können in diesem Wettbewerb gutes Geld verdienen“, sagt Schiller. Wie in einem netten Nebenjob, in dem Aufwand und Ertrag in vernünftigem Verhältnis zueinander stehen. Für besagten Einzug in die Gruppenphase gibt es eine Prämie von 2,4 Millionen Euro – und für jeden Punkt, den die Berliner in dieser Phase des Wettbewerbs holen, erhalten sie am Ende noch einmal zusätzlich 100 000 Euro. „Es wäre natürlich super für den Verein, wenn wir das schaffen“, sagt Schiller, „trotzdem haben wir finanziell nicht den ganz großen Druck, sondern betrachten die Europa League als ungeplante Zusatzeinnahme.“ In seiner alljährlichen Vorstellung des Etats hat Schiller nämlich zwei Szenarien berücksichtigt: eine Saison mit Europapokalteilnahme und eine ohne.

Gegen Bröndby wird das Stadion nun ausverkauft sein

Bei Hertha hoffen sie darauf, dass mit dem Einzug in die Gruppenphase auch das Interesse an der Europa League wächst, dass möglichst viele Zuschauer ein paar Extra-Euros in die Vereinskasse spülen – und der Anfang kann sich sehen lassen. Bislang hatte es der Verein noch nie geschafft, für Gastspiele im Jahnsportpark alle Tickets zu verkaufen, gegen Bröndby wird das Stadion nun ausverkauft sein.

Entsprechend ernst gehen die Berliner ihr erstes Pflichtspiel 2016/17 an. Trotz des frühen Termins mitten in der Vorbereitung kündigte Trainer Pal Dardai, von Beginn an seine beste Elf aufzubieten. Die verspäteten Nationalmannschafts-Urlauber John Anthony Brooks und Peter Pekarik dürften also gegen Bröndby beginnen. „Von körperlichen Defiziten kann ich nicht reden. Warum soll ich da international erfahrene Spieler nicht spielen lassen?“, fragte Dardai. Kapitän Fabian Lustenberger hat sich nach überstandener Bauchmuskelzerrung fit gemeldet. Auch Niklas Stark, der im Testspiel bei AZ Alkmaar am Samstag (0:3) mit Rot vom Platz geflogen war, darf am Donnerstag gegen die Dänen mitwirken. Neuzugang Ondrej Duda ist dagegen nicht spielberechtigt.

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