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Alle gegen einen. Hertha BSC wird in München ähnlich agieren wie beim BVB – also mit einer Fünfer-Abwehrkette.
© dpa

Spitzenspiel beim FC Bayern München: Hertha BSC weicht vom eigenen Spielstil ab

Mit welcher Taktik Hertha BSC am Samstag im Spitzenspiel beim übermächtigen FC Bayern München bestehen will.

Wer die Bayern schlagen will, muss früh aufstehen. Für Pal Dardai, der in der Regel schon vor Beginn der Tagesthemen zu Bett geht, ist das grundsätzlich kein Problem. Am ersten Tag dieser Woche, nur ein paar Stunden nach dem Heimsieg gegen Hoffenheim, war der Trainer von Hertha BSC schon morgens um halb acht auf dem Vereinsgelände, um mit seinem Assistenten Rainer Widmayer einen Plan für das Auswärtsspiel beim Tabellenführer der Fußball-Bundesliga auszubaldowern. Dardai hatte schon ein paar Ideen entwickelt, Widmayer sollte seine Gedanken hinzufügen, „damit wir bei der besten Mannschaft der Welt gut aussehen“.

Im Grunde gibt es zwei Herangehensweisen, um gegen Bayern München zu verlieren. Entweder man verrammelt das eigene Tor mit Mann und Maus – und wird von den Münchnern irgendwann mürbe gespielt. Oder man versucht, die Bayern durch einen eher offensiven Ansatz zu beschäftigen und damit vom eigenen Tor fernzuhalten. Diese Variante aber besteht in der Bundesliga nur in der Theorie. Die Bayern sind zu gut, als dass sich einer der nationalen Konkurrenten auf einen offenen Wettstreit mit ihnen einlassen würde.

Dardai: "Der Spielplan ist defensiv"

Auch die Berliner werden heute in München (15.30 Uhr, Sky) von ihrem gewohnten Spielsystem abweichen. „Der Spielplan ist defensiv“, sagt Dardai. „Es wäre ja auch ein großer Witz, wenn ich hier erzähle: Wir spielen Hurrafußball.“ Eigentlich beinhaltet Herthas Spiel seit dieser Saison viel Ballbesitz und Eigeninitiative. „Wir haben diese Spielphilosophie verinnerlicht“, sagt Verteidiger Sebastian Langkamp. Allerdings sei es gerade gegen die Top-Teams der Liga (Dortmund, Wolfsburg, Mönchengladbach) noch nicht gelungen, dieses Spiel durchzusetzen. Langkamp hält das nicht für ehrenrührig, sondern angesichts der Qualität der Gegner für ganz normal. „Unsere Stärke muss sein, unser Spiel gegen Top-Mannschaften auch entsprechend umzustellen.“

Am besten ist das den Berlinern – trotz Niederlage – gegen Borussia Dortmund gelungen. Hertha spielte damals mit einer Fünferkette und versuchte nach Ballgewinnen, die Dortmunder mit schnellen Gegenstößen zu überrumpeln. Gegen den BVB hatte Hertha die mit Abstand schwächste Ballbesitzquote der Saison; es war das einzige Spiel, in dem sie unter 40 Prozent lag. Trotzdem, oder gerade deswegen, hinterließen die Berliner einen starken Eindruck. Der Matchplan gegen den BVB könnte daher auch als Blaupause für das Spiel gegen die Bayern dienen.

„Irgendwie werden wir es hinkriegen, dass wir da gut aussehen“, sagt Dardai. Sie hätten im Training versucht, mit elf Spielern das Tor zuzumauern, das habe aber nicht funktioniert, scherzt Herthas Trainer. Trotzdem: „Das Spiel gegen den Ball wird extrem defensiv.“ Der Ungar spricht sogar von „Bunkerfußball“. Schon unter der Woche hat er zugegeben, dass er in München eine Fünferkette aufbieten werde, aber „eine bewegliche“, wie er sagt. Fabian Lustenberger wird sich bei Ballbesitz der Bayern aus dem Mittelfeld zwischen die Innenverteidiger Sebastian Langkamp und John Anthony Brooks fallen lassen. Wenn Hertha mal den Ball haben sollte, rückt Lustenberger eine Position vor: Aus dem 5-4-1 wird ein 4-1-4-1.

Das Spiel in Dortmund könnte das Vorbild sein

„In Dortmund hat die Mannschaft das ordentlich gemacht“, sagt Co-Trainer Widmayer. „Gegen Bayern könnte das auch funktionieren.“ Die Frage ist: Wie kann die Mannschaft in der Defensive ihre Kompaktheit bewahren, ohne allzu sehr zu ermüden? Hertha wird sich tiefer aufstellen als gewohnt, nicht wie sonst 28 Meter vor dem eigenen Tor. „Hellwach als Gruppe“ müsse man sein, sagt Widmayer. Die Defensive soll sich nicht locken lassen, immer in der Ordnung bleiben – und nicht stur den Gegenspielern hinterherrennen, sondern sie positionsgetreu übergeben und übernehmen. Neun Berliner werden sich vor dem Strafraum tummeln, allein Salomon Kalou als einziger Stürmer soll sich weiter vorne positionieren.

Pal Dardai hat das in dieser Woche genauso im Training üben lassen, im Elf gegen Elf auf verkleinertem Feld, um den Mangel an Raum und Zeit zu simulieren, auf den sich Hertha einstellen muss. Die Berliner sollen sich auch nicht lange sortieren, wenn sie mal den Ball haben, sondern möglichst schnell den Weg nach vorne und den Torabschluss suchen. Auch das – Konter in Überzahlsituation – haben sie trainiert. Genki Haraguchi wurde am Mittwoch zu 20 Liegestützen verdonnert, weil er sich für ein Abspiel entschieden hatte, anstatt selbst aufs Tor zu schießen. „Wenn du eins gegen eins spielst, mach’ es alleine – auch am Wochenende!“, rief Dardai.

Defensive alleine wird heute nicht reichen. „Nur zu mauern ist auch schwierig“, sagt Dardai. Die Mannschaft wird immer weiter nach hinten gedrängt, bis das Gegentor irgendwann zwangsläufig fällt. Hertha muss zumindest punktuell Entlastung schaffen und wenigstens ein latentes Bedrohungspotenzial ausstrahlen. Ob das am Ende zu einem Punkt reicht oder gar zu dreien, das ist wieder eine ganz andere Frage. Dardai sagt: „Es haben schon 120 Mannschaften versucht, gegen Bayern München clever zu sein. Ist schwierig.“

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