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Hertha, das Herrengedeck. Besonders im Westen der Stadt ist der Klub eine große Marke.
© Imago

Entlassung von Michael Preetz: Hertha BSC wedelt den Mief des Misserfolgs raus

Die Konstante des Misserfolges ist treuer Begleiter von Hertha BSC. Es wird jetzt nach dem Abgang von Michael Preetz Platz für neue Ideen geben. Ein Kommentar.

Mag die Krise im Lande noch so groß sein, auf Hertha BSC ist Verlass. Die Konstante des Misserfolges ist ein treuer Begleiter des Klubs, und das seit Jahrzehnten. Auch Michael Preetz war eine Konstante bei Hertha. Seit einem Vierteljahrhundert wirkte er im Verein, zunächst als Spieler, dann als Manager. Es ging auf und ab in dieser Zeit, nur nie voran, trotz großer Worte und zuletzt viel Geld, sogar sehr viel Geld.

Doch während das wiedervereinte Berlin zu einer der weltweit bedeutendsten Städte aufstieg, blieb Hertha unter Preetz das, was es schon immer war: ein uneingelöstes Versprechen.

Hertha BSC ist ein Traditionsverein: 1892 gegründet, 38.000 Mitglieder hat der Verein, das Stadion fasst 75.000 Zuschauer, zwei Mal wurde Hertha deutscher Fußballmeister. Das war allerdings in den Jahren 1930 und 1931. In der Moderne ist der Verein nie angekommen.

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Die größte Stadt des Landes ist immer noch eine kleine Nummer, wenn es um den größten Sport des Landes geht – seit 90 Jahren gibt es hier keinen großen Titel im Westen der Stadt zu feiern. Und so ist es wohl auch kein Zufall, dass der Verein aus dem Osten mit seinen bescheidenen Mitteln derzeit mehr Spaß macht als der aus dem Westend – Union hat sich dem neuen Bild von Berlin besser angepasst als Hertha.

Die Wurzeln von Hertha liegen tief im Westen: am Gesundbrunnen, in der Weddinger Eckkneipe, im Flair Westberlins der Nachkriegsjahre. Diesen Geruch von Mampe halb und halb und der Molle mit Korn hat Hertha auch nach dem Mauerfall nicht hinauswedeln können. Die wenigen Menschen, die den Klub durchlüften wollten, wurden vom Platz genommen. Zuletzt war das Jürgen Klinsmann, über den sich sicher auch viele negative Dinge sagen lassen. Aber mit seiner Kritik am Manager lag er nicht so sehr daneben, wie es zunächst den Anschein hatte.

Natürlich ist es einfach, Preetz und Langzeit-Präsident Werner Gegenbauer als Schuldige des Misserfolges der jüngsten Jahre auszumachen – aber es ist wohl auch richtig. Allerdings gehört der Mief, den Gegenbauer als gebürtiger Westberliner mit seiner hemdsärmelig dominanten Art verkörpert, nicht nur zu Hertha.

Welche Rolle passt zu Hertha?

Der Mief des Misserfolges hängt im großen ovalen Kessel des Olympiastadions, jenes gigantischen Bauwerks von Werner March und Albert Speer. Alle Versuche, dort Erstligafußball auf hohem Niveau zu etablieren, schlugen fehl. Angefangen hat das mit dem Club Tasmania in den Sechzigern. In den siebziger Jahren versuchte sich Tennis Borussia im Olympiastadion, Ende der Achtziger spielte Blau-Weiß 90 mit einer denkwürdig schwachen Bundesligasaison das Megastadion leer.

Der Westberliner an sich hatte es gelernt, das Überleben in der schweren Zeit des Eingemauertseins. Er musste sich behaupten gegen die Finanzkraft des weit entfernten Westdeutschlands. Zu sagen hatte dieses Westberlin wenig, die Bundestagsabgeordneten waren ohne Stimmrecht, die Inselregierung hing am Tropf der Alliierten und des Westens. Es war ein Überlebenskampf, in dem der Club Hertha ein Lichtblick war, der in der Bundesliga des Westens mitspielen durfte – und 31 Jahre nach dem Mauerfall immer noch froh sein muss, wenn er mitspielen darf.

Wenn die Mauer fällt, gibt es viel Platz für neue Ideen

Die ganz großen Plätze in der Bundesliga sind vergeben, daran lässt sich auch mit den Millionen des Investors Lars Windhorst nicht so schnell rütteln. Hertha passt nicht in den Anzug eines Neureichen wie RB Leipzig. Hertha könnte mit weniger Geld auch nicht den flippigen Gegenentwurf zum Bundesligakommerz verkörpern, die Rolle passt besser zum 1. FC Union. Welche Rolle passt zu Hertha?

Das herauszufinden ist die spannende Aufgabe im Verein, dessen Führung sich über Jahre immer wieder selbst eingemauert hat. Wo ist die Lücke, durch die Hertha den Steilpass zum Erfolg spielen kann? Das Gute ist, sie wissen jetzt, wie es nicht geht. Was Hertha von Berlin lernen kann: Wenn die Mauer fällt, gibt es viel Platz für neue Ideen.

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