Abschied von Michael Preetz bei Hertha BSC: Ein Vierteljahrhundert Blau-Weiß
Eine Ära endet – Michael Preetz hat Hertha BSC geprägt wie kaum ein anderer. Von der Stelle gekommen ist der Klub mit ihm als Manager nie.
Bei Hertha ist am Sonntag eine Ära zu Ende gegangen. Erst als Profispieler, dann als rechte Hand von Dieter Hoeneß und zuletzt als Manager und Geschäftsführer Sport – Michael Preetz hat Berlins größten Fußballverein in jüngerer Vergangenheit geprägt wie kein anderer. Nun, nach einem Vierteljahrhundert, ist Schluss.
DIE JAHRE ALS SPIELER
In seiner Heimatstadt Düsseldorf hat Michael Preetz im September 1986 sein Bundesligadebüt gegeben. Nach Auf- und Abstiegen mit Vereinen wie der Fortuna und Stationen in Saarbrücken, Duisburg und Wattenscheid, landete Preetz im Sommer 1996 in Berlin. Gleich in seinem ersten Hertha-Jahr schaffte er unter Trainer Jürgen Röber seinen dritten Aufstieg in die Bundesliga und in den Folgejahren seinen Durchbruch als Erstligastürmer. Mit seinen Toren hatte er großen Anteil am Erreichen der Champions League. Insgesamt traf Preetz in fünf Spielzeiten in Folge zweistellig. In der Saison 1998/99 wurde er mit 23 Toren Torschützenkönig der Bundesliga und anschließend auch Nationalspieler (7 Einsätze). Mit 93 Toren ist Preetz bis heute Herthas Rekordtorjäger.
SCHREIBTISCH STATT STRAFRAUM
Nach seinem Karriereende als Spieler dribbelte er 2003 aus dem Strafraum ins Management. Zunächst als Assistent von Manager und Geschäftsführer Dieter Hoeneß, dann als Leiter der Lizenzspielerabteilung. Preetz galt früh als designierter Nachfolger von Hoeneß, der 2010 seine Tätigkeit aufgeben wollte. Im Zusammenspielt mit Vereinspräsident Werner Gegenbauer betrieb Preetz eine frühere Demission von Hoeneß. Im Juni 2009 übernahm Preetz dessen Aufgaben.
ZWEI ABSTIEGE IN DREI JAHREN
Gleich sein erstes Jahr als Manager endete mit dem Abstieg. Ende September hatte er nach sechs Niederlagen in Folge Trainer Lucien Favre entlassen, unter dem Hertha im Frühjahr noch um die Meisterschaft mitgespielt hatte. Mit dem neuen Trainer Friedhelm Funkel konnte der Abstieg nicht verhindert werden.
Der direkte Wiederaufstieg wurde damals auch Preetz zugeschrieben, der im Sommer 2010 Markus Babbel als Trainer verpflichtet hatte. Als Meister der Zweiten Liga gelang Hertha die direkte Rückkehr in die Bundesliga. Nachdem sich Hertha in der Spielzeit 2011/12 im Mittelfeld etabliert hatte, kam es kurz vor Weihnachten zum Bruch zwischen Preetz und Babbel. Beide bezichtigten sich gegenseitig der Lüge. Babbels Nachfolger wurde Michael Skibbe, der nach nur vier verlorenen Ligaspielen im Februar 2012 beurlaubt wurde. Für ihn holte Preetz den damals 73-jährigen Otto Rehhagel aus der Rente. Mit ihm landete der Klub in der Relegation gegen Fortuna Düsseldorf – und stieg erneut ab.
Im Sommer 2012 übernahm Jos Luhukay den Trainerposten und schaffte den Wiederaufstieg. Die folgende Bundesligasaison schloss Hertha auf dem 11. Platz ab. Nachdem Anfang 2014 der US-Finanzinvestor KKR mit rund 60 Millionen Euro bei Hertha eingestiegen war, wurde der Kader im Sommer verstärkt. Es kamen acht Neuzugänge, darunter Champions-League-Sieger Salomon Kalou, Valentin Stocker, Per Skjelbred und Marvin Plattenhardt. Doch sportlich ging es nicht voran. Nach dem zweiten verlorenen Rückrundenspiel wurde Luhukay freigestellt und durch Pal Dardai ersetzt, der den Klassenerhalt schaffte.
GLÜCKSFALL FÜR HERTHA UND PREETZ
Die interne Lösung, Dardai war als Trainer im Nachwuchs tätig, wurde zum Glücksfall für Hertha – und für Preetz. Unter Dardai, mit 286 Einsätzen Herthas Rekordspieler, folgten vier sorgenfreie Spielzeiten fernab jeglicher Abstiegsgefahr. Im Gegenteil. 2016 erreichte Hertha nach Jahrzehnten wieder mal das Pokal-Halbfinale und wurde Tabellensiebter. In der Folgesaison schaffte Hertha als Sechster zum ersten Mal seit acht Jahren die direkte Qualifikation für die Gruppenphase der Europa League. Die Saison 2017/18 schloss Hertha auf dem 10. Platz in der Tabelle ab. Es sollten für Preetz die erfolgreichsten Jahre als Manager bleiben.
DIE CHAOSJAHRE
Nachdem der Klub die Hinserie der neuen Saison mit ordentlichen 24 Punkten abgeschlossen hatte, verlief die Rückrunde schlechter. Bereits im April 2019 hatte Preetz entschieden, die Zusammenarbeit mit Dardai im Sommer (Platz 11) zu beenden. Preetz, der mit Dardai zunehmend im Clinch lag, hatte sich Ante Covic ausgeguckt. Eine weitere interne Lösung auf dem Cheftrainerposten. Unter dem Trainer der zweiten Mannschaft sollte die Profimannschaft jenen Entwicklungsschritt nehmen, den man Dardai nicht mehr zugetraut hatte. Das Experiment ging in die Hose und war nach wenigen Monaten beendet.
DER TRAUM VOM „BIG CITY CLUB“
Im Sommer 2019 stieg Lars Windhorst mit seiner Tennor-Holding mit 125 Millionen Euro als neuer Investor bei Hertha ein. Ein Investment, dass bis November 2019 auf 274 Millionen aufgestockt wurde. Windhorst wollte Hertha zu einem „Big City Club“ machen. Hertha hatte im Sommer 2019 den Stürmer Dodi Lukebakio für rund 20 Millionen Euro verpflichtet. Als Nachfolger von Covic kam im November Jürgen Klinsmann. Der frühere Bundestrainer war zuvor als Vertreter von Windhorst in den Aufsichtsrat der Hertha-KGaA berufen worden.
Unter Klinsmann konnte Hertha sich stabilisieren. In der Wintertransferperiode gab Hertha auch auf Klinsmanns Betreiben hin 77 Millionen Euro für neue Spieler aus – so viel wie kein anderer Verein weltweit. Die teuersten Zugänge waren Lucas Tousart (24 Millionen Euro), Krzysztof Piatek (23) und Matheus Cunha (17). Nach erheblichen Differenzen mit Gegenbauer und Preetz um mehr Macht floh Klinsmann Anfang Februar aus dem Amt. Dessen Co-Trainer Alexander Nouri übernahm die Mannschaft für vier Spiele. Ostermontag, inmitten der corona-bedingten Saisonunterbrechung, wurde Nouri von Bruno Labbadia ersetzt. Unter ihm konnte sich Hertha fangen (Platz 10).
Mit weiteren Millionen des Investors wurde der Kader im Sommer einem Radikalumbruch unterzogen. Spieler wie Vedad Ibisevic, Kalou und Skjelbred gingen, Spieler wie Jhon Cordoba, Alexander Schwolow und Mattéo Guendouzi kamen. Doch sportlich blieb die teuer zusammengestellte Mannschaft hinter den Erwartungen. Die Hinrunde schloss Hertha auf dem 14. Platz ab, nach einer weiteren Niederlage am Samstag gegen Bremen musste Labbadia gehen.
14 TRAINER IN ZWÖLF JAHREN
Seinen Job als Manager hatte Preetz bei Hertha mit der Erbschaft einer hohen Schuldenlast angetreten, die ihm Hoeneß hinterlassen hatte. Unter den wirtschaftlichen Kalamitäten ist ihm dabei manch guter Transfer geglückt. Im Einkauf wie im Verkauf. Doch mit dem vielen Geld des Investors wurde seine Quote nicht wesentlich besser. Vor allem aber bei seiner Trainerwahl hatte Preetz nur ganz selten ein glückliches Händchen. In seinen zwölf Jahren war Bruno Labbadia der 14. Trainer.